Keine fröhliche Weihnachten 2009

Düstere Aussichten und Angst vor Arbeitslosigkeit trüben für viele das Weihnachtsfest ein

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Die Prognosen für das kommende Jahr werden immer pessimistischer. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft rechnet 2009 damit, dass die Wirtschaftsleistung in Deutschland dreimal so stark schrumpft wie im schlechtesten Wirtschaftsjahr in der Geschichte der Bundesrepublik. Auch in Japan wird die Lage finsterer. Statt Rekordgewinnen, wie vor einem Jahr, macht der Autoriese Toyota erstmals in seiner Geschichte Verluste. Die Link auf /tp/blogs/8/120853 an und immer mehr Banken lassen sich ins rettende Netz der staatlichen Rettungspakete fallen. In Irland hat die Regierung nun die drei großen Banken verstaatlicht.

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat eine pessimistische Prognose für das kommende Jahr abgegeben. Die Forscher rechnen damit, dass die Wirtschaftsleistung in Deutschland 2009 sogar um 2,7 % zurückgeht. Das Institut erklärte, dass sich die deutsche Wirtschaft in einer tiefen Rezession befinde und sich nahezu alle Konjunkturindikatoren in den vergangenen Monaten weiter drastisch verschlechtert hätten. Als Resümee aus dem starken Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Produktion erklären die Forscher: "Deutschland steht vermutlich vor der schwersten Rezession in der Nachkriegszeit."

Das Institut revidiert deshalb seine bisherigen Prognosen drastisch nach unten. Statt einem schwachen Wachstum von 0,2 %, wie es das IfW sehr optimistisch noch in der letzten Prognose vorhergesagt hatte, geht man in Kiel nun davon aus, dass die Wirtschaftsleistung 2009 sogar um 2,7 % schrumpft: "Dies ist der schwerste Konjunktureinbruch für die deutsche Volkswirtschaft seit dem Jahr 1974", schreiben die Forscher. Tritt diese Prognose ein, wäre das Minus sogar dreimal so groß wie im bisher schlechtesten Wirtschaftsjahr in der Geschichte der Bundesrepublik, als 1975 das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,9 % schrumpfte.

Beim IfW kann man auch keine Zeichen dafür erkennen, dass sich die Lage alsbald bessern könnte. Eine Erholung der Konjunktur sei vorerst nicht in Sicht. Die gesamtwirtschaftliche Produktion werde vor allem deswegen weiter sinken, weil die Exporte infolge der Rezession in nahezu allen Industrieländern und der markanten Abschwächung der Expansion in den Schwellenländern kräftig zurückgehen. Das trifft Deutschland als Exportweltmeister besonders. "Wegen der massiven Verschlechterung der Absatz- und Ertragsaussichten und des deutlichen Rückgangs der Kapazitätsauslastung werden die Ausrüstungsinvestitionen – wie es in einem Abschwung typisch ist – stark abnehmen", wird prognostiziert.

Die Finanzierungsbedingungen blieben trotz der dauernden Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) weiter schlecht. Das IfW hofft, dass auch über die Konjunkturpakete der Regierung der private Konsum die Konjunktur stützen kann. Doch besonders hier ist ein deutliches Fragezeichen anzubringen. Schließlich sagt das IfW gleichzeitig vorher, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt drastisch verschlechtern werde. Es sei damit zu rechnen, "dass die Zahl der Arbeitslosen im kommenden Jahr spürbar zunimmt. Am Ende des Jahres dürfte sie um rund 750 000 Personen höher sein als ein Jahr zuvor."

Interessant ist deshalb die Aussage, dass wegen des "Rückgangs der Beschäftigung die verfügbaren Einkommen langsamer expandieren werden". Wie bei steigender Arbeitslosigkeit und den Reallohnverlusten in den vergangenen Jahren, auch durch eine starke Inflation bis über den Sommer hinaus, von "expandierenden Einkommen" gesprochen werden kann, ist rätselhaft.

Die OECD hatte erst kürzlich festgestellt, dass gerade in Deutschland die Einkommensunterschiede sogar im vergangenen Aufschwung deutlich vertieft wurden und der Anteil von Armen wie in keinem anderen Land der 29 OECD-Mitgliedsstaaten zugenommen hat. Über die derzeit sinkende Inflation, die als Begründung angeführt wird, könnten die realen Einkommensverluste der vergangenen Jahren also erst kompensiert werden, wenn zum Verlust von Wirtschaftsleistung die gefährliche Deflation hinzukäme, die Japan schon fest im Griff hat.

Ohnehin handelt es sich bei der IfW-Prognose nicht einmal um die pessimistischste Vorhersage, denn die hat bisher der Deutsche Bank Chefökonom Norbert Walter abgegeben. Der erwartet sogar einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 4 %. Er und das IfW schließen sich der Einschätzung der Weltbank an, dass die Weltwirtschaft insgesamt vor der "schwersten Rezession" seit der Depression in den 30er-Jahren steht. Sogar eine Depression sehen namhafte Wirtschaftswissenschaftler aufziehen.

Auch das Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) warnte, man dürfe die derzeit positiven Meldungen aus dem Weihnachtsgeschäft nicht überbewerten. Wegen der rasant zunehmenden Signale für eine Verschlechterung am Arbeitsmarkt drohe die Stimmung der Verbraucher zu kippen. Dem Ifo-Beschäftigungsbarometer zufolge haben im Dezember deutlich mehr Firmen einen Jobabbau als einen Jobaufbau geplant, weshalb ein Anstieg der Arbeitslosigkeit unmittelbar bevorstehe Es sei nur noch die Frage, ob die Rezession bereits im Januar oder Februar auf den Arbeitsmarkt durchschlage.

Absturz bei Toyota

Dass es sich um kein deutsches Problem handelt, machen die Vorgänge in Japan deutlich. Sogar der weltgrößte Autokonzern steckt nun in einer tiefen Krise. Wegen der weltwirtschaftlichen Lage sieht sich die Firma in einer beispiellosen Notlage und rechnet mit dem ersten Betriebsverlust in der Firmengeschichte. Für das noch bis Ende März laufende Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen einen Verlust von umgerechnet 1,2 Milliarden Euro. Erstmals in der Firmengeschichte wird Toyota damit einen operativen Verlust ausweisen. Nach einem Bericht der Zeitung "Asahi Shimbun" kostet das Betriebsergebnis dem Toyota-Chef Katsuaki Watanabe seinen Job. An seine Stelle soll sein bisheriger Stellvertreter Akio Toyoda rücken, berichtete die Zeitung ohne Nennung von Quellen. Der 52-jährige Toyoda ist ein Enkel von Firmengründer Kiichiro Toyoda und wäre das erste Mitglied der Gründerfamilie an der Spitze des Autokonzerns seit 14 Jahren.

Watanabe machte die fatale Weltwirtschaftslage, "wie sie nur einmal in 100 Jahren vorkommt", für das Ergebnis verantwortlich. Denn der Absturz bei Toyota ist enorm: Noch im vergangenen Geschäftsjahr hatte die Firma einen Rekordgewinn von gut 20 Milliarden Euro ausgewiesen. Sie hofft in diesem Kalenderjahr noch, knapp 9 Millionen Fahrzeuge weltweit verkaufen zu können. Das wäre ein Rückgang um 4 % gegenüber dem Vorjahr.

Insgesamt wird die auf Export orientierte japanische Wirtschaft von der fallenden Nachfrage gebeutelt. Die Unternehmen exportierten im November fast 27 % weniger als noch im Oktober, womit deutlich das Ausmaß des Absturzes angezeigt wird. Das bescherte Japan zum vierten Mal ein Handelsdefizit. Das Finanzministerium teilte mit, es seien für 1,8 Milliarden Euro mehr Waren importiert als exportiert worden, was "eindeutig einen schweren globalen Abschwung" anzeige, sagte Finanzministeriumssprecher Yu Oki. Besonders hoch fielen die Rückgänge auf den zentralen japanischen Märkten aus: In die USA wurden fast 34 % weniger Waren exportiert und in die EU fast 31 %. Verantwortlich dafür ist auch ein relativer starker Yen. Angesichts des abstürzenden Dollars verteuern sich Exporte in die größte Volkswirtschaft USA weiter.

Neue britische und irische Hilfspakete

Und wie die US-Autoindustrie, bettelt nun auch die britische Automobilindustrie um Hilfe bei der ohnehin extrem Link auf /tp/blogs/8/120689. Die Produktion war im November extrem zurückgegangen, teilte der Branchenverband SMMT mit. Bei Land Rover und Jaguar sei der Absatz auf dem britischen Markt sogar um 64 % eingebrochen. "Die britische Automobilindustrie steht vor einer beispiellosen Herausforderung", sagte SMMT Chef Paul Everitt. Immer mehr Werksschließungen seien die Folge. Die Labour Regierung unter Ministerpräsident Gordon Brown debattiert längst über ein Hilfspaket für die General Motors Tochter Vauxhall und Jaguar Land Rover.

Auf der Nachbarinsel musste die irische Regierung gerade zum großen Schlag zur Rettung der drei größten Banken ausholen. Nachdem die monatelange Suche nach privaten Investoren scheiterte, werden die drei Banken teilweise oder praktisch ganz verstaatlicht. Die Anglo Irish Bank erhält aus der Staatskasse 1,5 Milliarden Euro, wofür der Staat 75 Prozent der Anteile erhält. Die Allied Irish Banks (AIB) und Bank of Ireland (BoI) erhalten jeweils 2 Milliarden Euro, wofür der Staat jeweils 25 % der Anteile erwirbt. Bei diesen beiden Banken garantiert der Staat zudem für eine Kapitalerhöhung um jeweils eine weitere Milliarde und verbindet damit die Hoffnung, dass sie von privaten Anlegern gezeichnet wird. Schon jetzt machte die Regierung deutlich, dass ein Ende der Verstaatlichungen nicht erreicht ist. Der Staat kündigte seine Bereitschaft zu weiteren Hilfsmaßnahmen an, wenn weiteres Kapital benötigt werde. Irland, wo die Arbeitslosigkeit ebenfalls seit langem steigt, hatte auf die Finanzkrise als erstes Land in Europa mit einer umfassenden Garantie aller Bankeinlagen reagiert. Das hatte die Bundesregierung zwar einst heftig kritisiert, um kurz darauf nachzuziehen. Die Hoffnung, dass damit aber große Mengen frischen Kapitals auf die Insel gelockt werden können, erfüllte sich aber nicht.

Folgen der Madoff-Pleite

Auch der Madoff-Skandal zieht immer weitere Kreise. Der wohl größte Betrug in der Geschichte der Wall Street Link auf /tp/blogs/8/120710 und trifft offenbar die ohnehin in der Finanzkrise heftig gebeutelte Schweizer Großbank UBS stark. Die einst als sehr seriös geltende Bank hat offenbar kein Fettnäpfchen ausgelassen, um Milliarden zu versenken. Hieß es anfänglich, die Exposition der UBS bei Madoff halte sich in engen Grenzen, wird die UBS über einen Dachfonds wohl tief in den Strudel gerissen. Sie hatte über den Fonds Luxalpha Gelder bei Madoff angelegt. Über die Höhe der angelegten Kundengelder macht die UBS bisher keine Angaben. Nach Berichten handele es sich um 4,3 Milliarden Euro, die sich zu den sechs Milliarden summieren, die andere Schweizer Banken im Madoff-Schneeballsystem versenkt haben.

Inzwischen wurde auch angekündigt, dass die Picower Stiftung ihr gesamtes Vermögen von rund eine Milliarde US-Dollar bei Madoff verloren hat, der deren Gelder verwaltete. In den kommenden Wochen werde die Stiftung dicht gemacht. Die Zuwendungen wurden inzwischen eingestellt. Erwartet wird, dass der Betrugsfall verheerende Auswirkungen auf etliche wohltätige und gemeinnützige Organisationen hat, sagte Barbara Picower. Ihre Stiftung unterstützte zum Beispiel das Massachusetts Institute of Technology (MIT), Human Rights First, die Öffentliche Bibliothek von New York und die die Diabetes Forschung der Universität Harvard mit Millionen.