Kernfusion: Vorsprung für China?

Blick in einen Fusionsreaktor

Blick in einen Fusionsreaktor, Grafik: MeshCube, Shutterstock

In China hat die weltweit erste Privatfirma einen Tokamak mit Hochtemperatur Supraleitung gebaut und darin Plasma gezündet. Ab 2027 will man Strom produzieren.

Vor sieben Jahrzehnten begannen Wissenschaftler mit der Arbeit an der Kernfusionstechnologie. Leider wurden immer wieder Meilensteine verfehlt, was zu dem Scherz führte, dass ein praktisches Kernfusionskraftwerk noch Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte entfernt sein könnte.

Seit fast zwei Jahrzehnten ruhen die Hoffnungen auf dem Internationalen Thermonuklearen Versuchsreaktor (ITER) in Frankreich, der seit 2006 von sieben Mitgliedsländern finanziert und betrieben wird.

Wie viele Kernkraftprojekte ist auch ITER wegen wiederholter Verzögerungen und massiver Kostenüberschreitungen in die Kritik geraten. Die Kosten des ITER-Projekts 20 Milliarden Euro überschritten, mehr als das Vierfache des ursprünglichen Budgets von fünf Milliarden, wobei sich die Bauarbeiten um und fast ein Jahrzehnt verzögerten.

Privater Tokamak erzeugt erstes Plasma

Nun aber hat das in Shanghai ansässige Unternehmen Energy Singularity die technische Prüfung seiner gerade gebauten Hochtemperatur-Supraleitung für seine Tokamak-Anlage Honghuang 70 (HH70) erfolgreich abgeschlossen. Kürzlich wurde erfolgreich das erste Plasma erzeugt.

Stolz vermerkt das Unternehmen, dass China damit auf dem Schlüsselgebiet der Hochtemperatur-Supraleiter-Fusion mit magnetischem Einschluss einen Vorsprung erlangt habe.

Alle Magnetsysteme des Geräts bestehen aus hochtemperatur-supraleitenden Materialien (HTS-Magneten). Damit ist HH70 die weltweit erste vollständig supraleitende Hochtemperatur-Tokamak-Anlage. Das Unternehmen hält zudem unabhängige geistige Eigentumsrechte an HH70, die zu über 96 Prozent chinesischen Ursprungs sind.

Das erste Privatunternehmen, das einen supraleitenden Tokamak baut

Energy Singularity setzt dabei auf die Kombination aus HTS-Magneten mit fortgeschrittener Tokamak-Physik und dem Einsatz von KI-Expertensystemen, um die kommerzielle Nutzung von Fusionsenergie zu erreichen.

Damit ist Energy Singularity das erste Privatunternehmen, das einen supraleitenden Tokamak fertigstellt. Man plant nun, bis 2027 die nächste Generation der Anlage mit der Bezeichnung HH170 mit einem Deuterium-Tritium-Äquivalent-Energiegewinn (Q) von mehr als 10 fertigzustellen.

In der Fusionssprache spiegelt der Q-Wert die Energieeffizienz des Fusionsreaktors wider, d. h. das Verhältnis zwischen der von der Anlage erzeugten Energie und der für die Aufrechterhaltung der Fusionsreaktion erforderlichen Energie. Q-Werte größer als 1 bedeuten, dass der Reaktor mehr Energie erzeugt, als er verbraucht.

Derzeit liegt der größte Q-Faktor, den die Wissenschaftler erreicht haben, bei 1,53.

Kleine Reaktorkonstruktionen auf dem Vormarsch

Oilprice.com weist darauf hin, dass Energy Singularity ist nicht das einzige Fusions-Startup ist, das kleine Reaktordesigns verfolgt.

So arbeitet etwa Commonwealth Fusion Systems mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) zusammen, um einen kleinen Fusionsreaktor zu bauen. Der Sparc genannte Reaktor hat ein Volumen, das um den Faktor 65 kleiner ist wie das des ITER-Reaktors. Der Versuchsreaktor soll später einmal etwa 100 MW Wärmeenergie in Impulsen von etwa zehn Sekunden erzeugen ‒ genug, um eine Kleinstadt mit Strom zu versorgen.

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