Kiew: "Bis kein einziger Terrorist mehr übrig ist"
Nach der Wahl des Präsidenten setzt die ukrainische Regierung die militärischen Operationen im Osten des Landes mit großer Härte fort
Nach der Wahl Pjotr Poroschenkos zum Präsidenten der Ukraine (Ukraine: Milliardär Poroschenko erklärt sich zum Wahlsieger) forciert die Regierung in Kiew die militärischen Operationen gegen ihre Gegner im Osten des Landes. Wann Poroschenko sein Versprechen wahrmachen will, die Ost-Ukraine zu besuchen, ist nicht bekannt. Von einem Versuch, mit den Kontrahenten zu verhandeln, ist nicht die Rede. Wer nach der Wahl auf Signale der Entspannung gehofft hat, sieht sich mit einer nach wie vor harten Haltung der Separatisten im Osten gegenüber Kiew konfrontiert und mit einer Antiterror-Offensive, die die Regierung nun bis zur vollständigen Kapitulation ihrer Gegner verschärft. Geht es nach Momentaufnahmen eines britischen Journalisten in Slawjansk, so sind auch Zivilisten Opfer der Angriffe.
Die Kämpfe fordern immer mehr Todesopfer. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert die Regierung in Kiew mit der Aussage, dass man mit der "Antiterroroffensive" so lange fortfahren werde, "bis kein einziger Terrorist mehr übrig bleibe" oder bis zur Kapitulation.
Angaben der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform bestätigen das verschärfte Vorgehen der Kiewer Regierung gegen die abtrünnigen Autonomisten nach der Präsidentschaftswahl. Als Pressesprecher für die "Antiterroroffensive" (ATO) wird von Ukrinform Oleksiy Mishlayevsky genannt. Er sprach davon, dass die ATO in Donezk mindestens "200 Militante" getötet habe; genauere Angaben gebe es erst später.
Der von Kiew nicht anerkannte "Premierminister" der selbsternannten Donezker Volksrepublik, Aleksandr Boroday, wird von russischen Medien mit der Aussage wiedergegeben, dass 50 Mann der Selbstverteidigungskräfte und ebenso viele Zivilisten getötet wurden. Er klagte die ukrainische Armee an, zwei Lastwagen, die Verletzte aus Kämpfen um die Kontrolle des Donezker Flughafens transportierten, aus der Luft und vom Boden angegriffen und mindestens 15 Personen getötet zu haben. Die Nachrichtenagentur Ukrinform bestätigt den Angriff auf die Militärlaster, ohne Angaben über die Zahl der Opfer.
Auf der Webseite von Ria Nowosti macht sich eine gewisse Zurückhaltung der russischen Regierung zu den jüngsten Ereignissen im Osten der Ukraine bemerkbar; es werden keine neue Stellungnahmen bzw. Verurteilungen der Gewalt wiedergegeben.
Gestern ließ das russische Außenministerium mitteilen, dass man von der OSZE objektive Aufklärung über die Zusammenstöße in Donezk erwarte. Heute berichtet die OSZE, dass man den Kontakt zu einem vierköpfigen Team der Special Monitoring Mission (SMM) verloren habe. Das Team, bestehend aus einem Estländer, einem Schweizer, einem Türken und einem Dänen, habe sich auf einer Routinepatrouille im Osten von Donezk befunden, als die Komunikationsverbindungen abbrachen.