Kinder von Leihmüttern: Das Kindeswohl hat Priorität

Frankreich: Ein Gerichtsurteil fordert, dass die Kinder ins französische Geburtsregister eingetragen werden

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In Frankreich ist Leihmutterschaft verboten; es wird strafrechtlich als Personenstandsfälschung - Unterschieben eines Kindes - geahndet, mit bis zu drei Jahren Haft und einer Geldstrafe von 45.000 Euro. Daher weichen Paare auf andere Länder aus.

Die Regierung versucht dem einen Riegel vorzuschieben. Ministerpräsident Valls erklärte diese Praxis zum Betrug, die Leihmutterschaft bleibe verboten, eine automatische Übertragung französischer Rechte auf Kinder aus Leihmutterschaften im Ausland dürfe es folglich nicht geben. Die Behörden weigern sich, Kindern, die aus Leihmutterschaften im Ausland hervorgehen, ins französische Geburtsregister einzutragen.

Die Folgen: die Staatsbürgerschaft wird verweigert, ohne Dokumente wie Geburtsurkunde, Identitätsausweis etc. können die Kinder auch keine Krippe, keinen Kindergarten und später keine Schule besuchen. Die Krankenversicherung und vieles andere ist ebenfalls ein Problem - das es übrigens auch in Deutschland gibt ist (siehe Kein deutscher Pass für Kind indischer Leihmutter).

Die Staatsanwaltschaft in Nantes, zuständig für Angelegenheiten des état civil für ganz Frankreich folgte ganz der politischen Linie. Nur: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat im Juni letzten Jahres "in zwei französischen Fällen entschieden, dass man so mit dem Recht des Kindes auf eine gesicherte rechtliche Identität nicht umspringen kann". Diese Entscheidung war für die Staatsanwaltschaft bislang keine Maßgabe.

Das könnte sich nun ändern, denn das Tribunal de grande instance In Nantes folgte nun dem EGMR-Urteil, gab dem Einspruch von drei Kläger Recht und wies die Staatsanwaltschaft an, dass der Eintrag ins Geburtsregister für Kinder geleistet werden müsse, die von Leihmüttern in der Ukraine, in Indien und in den USA zur Welt gebracht wurden.

Darüber hinaus muss die Staatsanwaltschaft, die sich trotz des Urteils des EGMR zuvor geweigert hatte, dem Gesuch der drei Familien stattzugeben, den drei Klägern nun die Anwaltskosten bezahlen. In seiner Entscheidung betonte das Gericht, dass der Staat zwar auf seinem Gebiet die Leihmutterschaft (französisch: gestation pour autrui - GPA) verbiete dürfe. Dass er aber nicht der Identität eines Kindes Schaden zufügen dürfe. Das Interesse des Kindes stehe hier über dem der Allgemeinheit ("la primauté de l'intérêt supérieur de l'enfant sur l'intérêt général").

Während die Anwältin der drei Klägerfamilien das Urteil als Sieg des Rechtes über "politische Unentschlossenheit" feierte, kommentierte die Präsidentin der konservativen Bewegung Manif pour tous (Gegnerin der Ehereform-Gesetze, siehe Der Aufstand der "Anti") das Urteil damit, dass Frankreich den Skandal der Leihmutterschaft bekämpfen müsse und nicht via Gericht unterstützen.