Klimaschutz-Faktor Moore: Das plant die Politik
Seite 2: Wie lassen sich die renaturierten Flächen nutzen?
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Auch müsse bei einer Wiedervernässung zum Beispiel von Niedermoorböden der Grundwasserspiegel angehoben werden. Das Wasser könnte die umliegenden Häuser überschwemmen. In Regionen, die unterhalb des Meeresspiegels liegen, müssten ganze Siedlungen aufgegeben werden.
Auf der Hälfte der betroffenen Flächen weiden Milchkühe. Mit ihrer Wiedervernässung sind diese Flächen für Weidewirtschaft oder Ackerbau - außer für Wasserbüffel - nicht mehr nutzbar, sodass sie für die Produktion von Nahrungsmitteln wegfallen. Dafür lassen sich Schilf, Rohrkolben und Seggen kultivieren, aus denen Dämmstoffe und anderes Baumaterial hergestellt wird.
Derzeit wird daran geforscht, wie aus Rohrkolben nachhaltige Dämmplatten für die Bauwirtschaft hergestellt werden. Allerdings gibt es dafür bisher kaum Nachfrage. Auch bestimmte Baumarten wie Schwarzerlen könnte man pflanzen. Zusätzlich könnte man Photovoltaikanlagen installieren.
Um Treibhausgase aus Moorböden einzusparen, reiche es aus, wenn man die betreffenden Böden einfach beständig feucht halte, erklärt Mathias Paech. Der Agrar- und Umweltforscher forscht mit seinem Team am Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen zu klimaangepasstem Wassermanagement für den nordwestdeutschen Küstenraum.
Dabei geht es um die Frage, wie man überschüssiges Wasser aus den regenreichen Wintern speichern kann, um es im Frühjahr und Sommer zur Wässerung zu nutzen und so zu verhindern, dass der Grundwasserspiegel stark sinkt und die Böden austrocknen. So dienen Gräben nicht nur zum Entwässern, sondern auch zum Speichern von Wasser.
Moore binden doppelt soviel Kohlenstoff wie alle Wälder zusammen
Weltweit befinden sich etwa 88 Prozent der Moore in einem weitgehend natürlichen Zustand. Sind die Moore gesund und ausreichend durchfeuchtet, speichern sie doppelt so viel Kohlendioxid wie alle Wälder zusammen. Obwohl alle Moore zusammen nur drei bis vier Prozent der weltweiten Landfläche bedecken, binden sie rund 600 Milliarden Tonnen - doppelt so viel Kohlenstoff wie in der Biomasse aller Wälder der Erde gespeichert ist, welche etwa 27 Prozent der Landfläche ausmachen.
Um die Vereinbarungen des Pariser Klimaabkommens zu halten, müssten allein hierzulande jährlich 50.000 Hektar trockengelegte Moore wiedervernässt werden. Auf einer Fläche von über 50 Millionen Hektar sind Moore derart entwässert, dass sie keinen Torf mehr bilden: Weil ständig Sauerstoff in den Boden eindringt, wird ständig Torf abgebaut. Es entsteht Kohlendioxid und Lachgas.
In Mitteleuropa führt jede Absenkung des mittleren Wasserstands im Moor um zehn Zentimeter zu weiteren Emissionen von fünf Tonnen CO2-Äquivalenten, pro Hektar und Jahr. In den Tropen sind es sogar neun Tonnen.
Klimaziele sind nur noch mit Renaturierung der Moore zu erreichen
Obwohl entwässerte Moore weniger als ein halbes Prozent der Landfläche der Erde ausmachen, sind sie für etwa vier Prozent aller weltweiten menschlichen Emissionen verantwortlich. Der weit überwiegende Teil dieser Emissionen stammt von landwirtschaftlich genutzten Flächen. Entwässerte Moorböden emittieren weltweit pro Jahr über 1,9 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente.
Fast 90 Prozent sind Kohlendioxid – die übrigen Emissionen stammen von Methan und Lachgas. Hinzu kommen Emissionen aus Torfbränden, die im Schnitt zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr liegen. Hierzulande entweichen jährlich rund 53 Millionen Tonnen Treibhausgase aus trockengelegten Mooren. Das ist mit etwa sieben Prozent der Gesamtemissionen – mehr als der gesamte innerdeutsche Flugverkehr verursacht.
Für die aktuell hohen Kohlendioxid-Emissionen lägen die Kosten für zukünftige Klimaschäden bei 7.000 Euro pro Hektar und Jahr. Sofern es wasserbaulich möglich sei, ist Agrarforscher Harald Grethe von der Humboldt-Universität Berlin überzeugt, lohne es sich auf jeden Fall, Flächen wieder zu vernässen.
Moore als Kohlendioxid-Senke haben das Weltklima in den letzten 10.000 Jahren um etwa 0,6 Grad Celsius heruntergekühlt. Ohne wirksame Gegenmaßnahmen könnten die Emissionen aus entwässerten Mooren bis zum Ende des Jahrhunderts mehr als 40 Prozent jenes Treibhausgas-Budgets verbrauchen, das Berechnungen zufolge verbleibt, um die globale Erwärmung unter 1,5 Grad zu halten, sagen Experten.