Klimaschutz und Energiepreise: Wo bleibt die gerechte Verteilung?

Klimageld könnte für sozialen Ausgleich sorgen, doch Bundesregierung setzt Mittel lieber für E-Auto-Subventionen und Stopfen von Haushaltslöchern ein. Ein Kommentar.

Das neue Jahr beginnt mit einem deutlichen Anstieg vieler Energiekosten. Strom- und Gaspreisbremsen fallen weg, und auch die Netzentgelte steigen mancherorts.

Treffen wird es insbesondere jene, die ohnehin kaum mit Lohn, Rente oder Bürgergeld auskommen, aber zugleich auch wenig Spielraum, den Stromverbrauch zu drosseln oder den Wärmebedarf zu senken.

Wer zur Miete wohnt, hat nämlich keinen Einfluss darauf, ob das Warmwasser mit einem stromhungrigen Boiler oder mit Fernwärme bereitgestellt wird, darauf, dass die Außenwände seiner Wohnung vernünftig gedämmt sind oder die Straße mit geheizt werden muss.

Medienkampagnen mit doppelten Standards

Fast kann man darauf wetten, dass Boulevard und rechte Parteien schon bald die Preissteigerungen nutzen werden, um wieder einmal Front gegen Klimaschutz zu machen und um sich damit zu vermeintlichen Fürsprechern jener aufzuschwingen, auf die sie eben noch mit einer Kampagne gegen vermeintlichen Bürgergeld-Missbrauch eingeprügelt haben.

Dabei müsste der Klimaschutz wahrlich nicht zulasten der Einkommensschwachen gehen, wenn endlich das Klimageld ausgezahlt würde, wie es bereits im Koalitionsvertrag der drei Regierungsparteien 2021 vereinbart worden war.

Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld).

Koalitionsvertrag

Die Idee

Eigentlich war die Idee einmal, die seit 2021 erhobenen Abgaben auf die CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen im Heizungs- und Verkehrssektor, an die Bürger zurückzugeben. 11,4 Milliarden Euro sind nach Berechnungen der Verbraucherzentralen bisher zusammengekommen.

Umweltbundesamt: Rekordeinnahmen im Emissionshandel

Das Umweltbundesamt spricht sogar von 6,4 Milliarden Euro im Jahr 2022 und 10,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Umgelegt auf 84 Millionen Einwohner wären das für 2023 127 Euro für jeden oder 508 Euro für eine vierköpfige Familie.

Da Wohlhabendere und vor allem die reichsten Teile der Bevölkerung wesentlich mehr Energie als der Durchschnitt verbrauchen, könnte damit auch ein gewisser Umverteilungseffekt erzielt werden, eine Erleichterung für die ärmsten Teile der Bevölkerung, die durch Inflation im allgemeinen und hohe Energiepreise immer mehr abgehängt werden.

Kompensation der Energiepreise?

Hohe Energiepreise ließen sich für diese Bevölkerungsteile auch dadurch teilweise kompensieren, in dem die Preisstruktur umgestaltet und ein gewisses Grundkontingent Strom und Fernwärme kostenlos angeboten und Mehrverbrauch – möglichst gestaffelt – dafür umso teurer angeboten wird.

Stattdessen scheint die Bundesregierung das eingenommene Geld eher zum Stopfen von Haushaltslöchern nutzen zu wollen.

Lösungen statt Verzögerungstaktik

Das Klimageld komme vielleicht 2025 verkündet Bundesfinanzminister Lindner (FDP), und sein Kabinettskollege Habeck (Grüne) lässt wissen, dass der Bürger ja schon so eine Art Klimageld bekomme, und zwar in Form von Zuschüssen zu neuen Heizungen oder E-Autos. Jene, die sich weder eigenes Haus noch Auto leisten können oder wollen, zählen also für die Mittelstandsparteien nicht.

Dabei ließen sich mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zum Beispiel gut für die Neuauflage des Neun-Euro-Tickets einsetzen. 2,5 Milliarden hat dies dem Bund seinerzeit in drei Monaten gekostet.

Umgerechnet auf ein Jahr wären das zehn Milliarden Euro. Das wäre ohne Weiteres mit den Einnahmen aus dem nationalen Emissionshandel, also mit der CO2-Abgabe abzudecken. Seit dem 1. Januar kosten die CO2-Emissionen nicht mehr 30, sondern 45 Euro pro Tonne, also dürften 2024 rund 15 Milliarden Euro zusammen kommen.

Es gäbe also sogar noch einen Überschuss, der zum Ausbau des ÖPNVs und der Regionalbahnen genutzt werden könnte.

Zusätzlich könnte der Kostenanteil der Kommunen zum Beispiel über höhere Abgaben auf Parkplätze in den Städten oder auch durch Streichung des Dienstwagenprivilegs, der Subventionen für Flughäfen oder auch durch eine angemessene Besteuerung von Flugtreibstoff kompensiert werden.

All das wären Maßnahmen, die die unteren Einkommensgruppen und nicht zuletzt Familien entlasten und gleichzeitig den Einsatz fossiler Brennstoffe teurer, das heißt, unattraktiver machen würden.

Umverteilung von oben nach unten ist nicht gewollt

Doch eine Umverteilung von oben nach unten ist nicht gewollt, und daher wird auch weiterhin immer wieder die Erzählung repetiert, unter dem Klimaschutz müssten vor allem die "kleinen Leute" leiden.

Das ist gut für das Empörungs-Geschäft der klick-besessenen Onlinemedien und natürlich für all jene, die – sei es aus Bequemlichkeit, sei es aus geistiger Trägheit, sei es auch aus solidem Geschäftsinteresse – möglichst lange am Hergebrachten festhalten möchten, und darüber gar nicht mitbekommen, wie sehr das Land im internationalen Vergleich zurückfällt.

Aber von all dem einmal abgesehen sollten doch die derzeitigen schweren Überschwemmungen auch dem letzten endlich klargemacht haben, dass endlich etwas geschehen muss.