Klimaziele werden nicht erreicht

Seite 2: Energiewende stagniert

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Derweil gibt es jedoch lauter werdende Bedenken, die Energiewende könne ins Stocken geraten. Das Ziel, den Endenergieverbrauch bis 2020 zu 18 Prozent mit erneuerbaren Energieträgern abzudecken, gerate in immer weitere Ferne, heißt es beim Bundesverband Erneuerbare Energien, in dem die verschiedenen Organisationen hauptsächlich der Wind-, Solar- und Biogasbranche zusammengeschlossen sind.

Derzeit würden nur 16 Prozent erreicht, weshalb die nächste Bundesregierung den Ausbau deutlich beschleunigen müsse. Das würde auch die industrielle Wertschöpfung steigern und Arbeitsplätze schaffen. Momentan herrsche aber Stagnation.

Seit Jahren gebe es keine Fortschritte in den Bereichen Wärme und Verkehr und jetzt gerate die Entwicklung sogar im Stromsektor ins Stocken. Die dort eingeführten Höchstbeträge für den jährlichen Ausbau, die sogenannten Deckel, widersprächen einem marktwirtschaftlichem Ansatz.

Für die Einführung von Speichertechnologie gebe es kontraproduktive Barrieren. 23 der 28 EU- Länder würden ihre entsprechenden Ziele, die im gewichteten Mittel bei 20 Prozent liegen, übererfüllen, aber Deutschland schaffe nicht einmal 18 Prozent. Zudem steige vor allem im Wärme- und Verkehrssektor der Verbrauch. Auch deswegen werde Deutschland sein selbst gestecktes Klimaschutzziel nicht erreichen.

Abgasskandal ohne Ende

Passend dazu zieht der Abgasskandal weiter seine Kreise und könnte jeden Politiker, der es wissen möchte, daran erinnern, dass die klägliche Klimabilanz des Verkehrssektors auch damit zu tun hat, dass die deutsche Automobilindustrie sich jahrzehntelang mit windigen Selbstverpflichtungen vor strikten gesetzlichen Vorgaben in Sachen Kraftstoffsparen und Abgas vermeiden drücken konnte.

Nun wurde vergangene Woche ein einst im VW-Konzern hochrangiger Manager festgenommen. Die Staatsanwaltschaft München hat ihn in Verdacht, am Betrug und strafbaren Werbung beim Verkauf von Dieselfahrzeugen in den USA beteiligt gewesen zu sein. Angeblich soll es sich um einen ehemals engen Vertrauten des seinerzeitigen VW-Chefs Martin Winterborns handeln.

Wie sehr die Hersteller von Dieselfahrzeugen in Europa bevorteilt werden, zeigt unterdessen eine kleine Untersuchung der in Brüssel ansässigen Organisation Transport and Environment. Demnach hätten Steuer- und andere vom Gesetzgeber eingeräumte Vorteile dafür gesorgt, dass 70 Prozent aller weltweit verkauften Diesel-PKW und -Lieferfahrzeuge auf den Straßen der EU rollten.

Durch den "Diesel-Bonus" seien zum Beispiel 2016 den EU-Finanzministern 362 Milliarden Euro entgangen, die sie eingenommen hätten, würde Diesel im gleichen Maße wie Benzin besteuert.

Und da wir gerade von Geld reden: Der Diesel-Skandal hat dem VW-Konzern inzwischen rund 30 Milliarden US-Dollar oder 25,4 Milliarden Euro gekostet, berichtet die Plattform Cleantechnica.

Würde man diese Summe auf die 4,4 Millionen Menschen verteilen, die seit 1990 in Deutschland Schutz vor politischer Verfolgung oder vor Krieg und Bürgerkrieg gesucht haben (davon nicht ganz 480.000 2015, knapp 746.000 2016 und 150.000 vom Januar bis August 2017), und von denen einige meinen, dass das Land mit ihnen so schrecklich überfordert sei, dann ergebe das 5770 Euro pro Person.

Bioplastik: Gar nicht "bio"

Teil unserer Energie- und Ressourcenprobleme rühren von den Bergen von Verpackungsmüll her, die seit Jahrzehnten Gegenstand umweltpolitischer Auseinandersetzungen sind. Wie wird am besten Müll vermieden? Wie am wenigsten Energie verbraucht? Wie die Umwelt am wenigsten belastet?

Das sind die Fragen, wenn es um die Flasche fürs Mineralwasser, die Tüte fürs Brot oder den Becher für den schnellen Kaffee unterwegs geht. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) weist in diesem Zusammenhang jetzt daraufhin, dass sogenanntes Bioplastik keine sinnvolle Alternative sei. Nicht alles, was sich "grün" gebe, sei es auch. Stelle man für das sogenannten Bioplastik eine umfassende Ökobilanz aller Vor- und Nachteile auf, so ergebe sich kein Vorteil gegenüber herkömmlichen Plastik.

Wenn in Fußballstadien oder beim Picknick im Park aus Bioplastik-Einwegbechern getrunken wird, so werden im Vergleich zu Mehrwegbechern weder Ressourcen geschont, noch das Klima entlastet. Bioplastik ist eben nicht umweltfreundlich, nur weil es die Vorsilbe "bio" enthält. Tatsächlich bauen sich viele der sogenannten biologisch abbaubaren Kunststoffe in der Landschaft nicht schneller ab als herkömmliche Kunststoffe. Jüngste Studien zeigen zudem, dass sich die meisten dieser Biokunststoffe, wie etwa PLA, in Wasser praktisch nicht zersetzen.

Jürgen Reesch, DUH-Bundesgeschäftsführer

Häufig würde die Entsorgung vermeintlichem Bioplastiks im Bioabfall die Kompostierer vor erhebliche Probleme stellen. Dies müsse meist aussortiert werden, weil es vom herkömmlichen Plastik kaum zu unterscheiden ist und die Qualität des Komposts verschlechtere. Entsorgung über den gelben Sack mache aber auch keinen Sinn, da das vermeintlich umweltschonende Plastik nicht recyclebar sei.

So beobachten denn die Umweltschützer mit Sorge, dass der auf Pflanzenbasis erstellte Kunststoff mit nicht erfüllbaren Umweltversprechen beworben wird und sinnvollere Mehrwegkonzepte verdrängt. Daher fordern sie, das mit dem sogenannten Green-washing von Einwegprodukten aufgehört werde. Notfalls wolle man versuchen, dies per Gerichtsentscheid durchzusetzen.