Kommentar: Etabliertes Fernsehen vs. das digitale Bukett

Seite 3: Der Gegenpol: das Monopol

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Es darf vorsichtig gesagt werden - und dies ohne PR-Tätigkeit für YouTube -, dass das Rennen um die Markthoheit fast schon verloren ist. YouTube ist neben Facebook sicherlich das unheimlichste Phänomen der Content-Plattformen entsprechend den wenigen Monopolen des Internet-Handels. Der Effekt ist selbstverstärkend und bisher ohne sichtbare Alternativen.

Nennen wir es korrekterweise "Oligopol", was derzeit nicht umgangen werden kann, mit all den bekannten Effekten der Überwachung und Akkumulationen von allerlei Kapitalien. Es bedarf kaum der Erläuterung, dass "Ausbeutung" im klassischen Sinne dabei zum Euphemismus wird, da nicht zuletzt die Konkurrenz durch avancierte Amateure eine Reihe von Bastionen des Fachmännischen schleift - mal in bedenklichen Niveau- und Zeitverlusten, in mittlerer Sicht aber auch in deren weiterer Professionalisierung und in jedem Fall in totaler Überschwemmung des Marktes mit allem, was in Schrift, Bild und Ton übermittelt werden kann.

Man kann es nicht anders zusammenfassen, als dass in diesem Umfeld Konkurrenz immer stärker und die Nischen immer kleiner und zahlreicher werden. Den kommerziellen Gewinn schöpfen die neuen Big Players über Werbung ab, einstweilen basta. Stars, überhaupt nur Durchfinanzierte werden unter den Content-Providern abermals sehr wenige. Garantiert ist dem Ambitionierten nur die Überarbeitung.

Gebühren, Preise und die liebe Quote

Je nach Ansicht und Erfahrung kann das öffentlich-rechtliche System als antiquierter Feudalstaat wirken, der seiner vollkommenen Revolution entgegensieht. Bis dahin wären allerdings noch Gebührenordnungen umzuschreiben.

Bisher werden jedenfalls die Angestellten der großen Medienhäuser weiterbezahlt, während der Rest einer viel stärker wachsenden Öffentlichkeit auf längere Sicht und in Teilbereichen gänzlich auf "Non Profit" umstellen musste und dort nicht herauskommt - dieses Lamento bestimmt noch jeden Artikel über den Einfluss des Internets im journalistischen Bereich.

Bezahltes Streaming hat sich als profitable fiktionale Serien-Verabreichung vorläufig etablieren können - wenn es nicht irgendwann doch noch langweilig werden sollte. Wiederholung könnte hier in der kurzen Frequenz noch stärker auffallen, als es andere Formate schon ermüdet hat. Bisher flackert das Lagerfeuer, und Nutzergewohnheiten sind mit solchen rituell wiederholten Geschichten gut kompatibel.

Von einer letzthin politischen Theorie der Medien wäre aus meiner Sicht zu erhoffen, dass sie in den neuen Pluralitäten das Prinzip der Quote endgültig verabschiedet. Was das Internet mit veröffentlichten Abrufzahlen sichtbar macht, ist, dass kaum ein anspruchsvoller Inhalt irgendeines Sinnes nennenswert Quote macht. Davon ausgenommen sind nur erwähnte Stars (eben denen, die von großen Medienhäusern etabliert wurden und werden), die mit nur teilweise dissidenten Inhalten nun auch im Netz ihre zahlenden Kunden finden.

Wie gesagt, wird Masse heute aber im Netz sonst nur gemacht, wenn das Niveau deutlich gesenkt und eine betont jugendliche, auf bestimmte Effekte gestylte Darbietung stattfindet. Es lässt sich nicht anders zusammenfassen als: je erfolgreicher, desto hohler und obszöner.

Sollte ein Verständnis für heute antiquiert wirkende Begriffe von "geistigem Leben" noch irgendeine Rolle spielen, wird über weitere Umverteilungen nachgedacht werden müssen, die irgendwann auch den harten Faktor Geld betreffen. Der Quotendruck hat auf ganzer Linie neben Kommerzialisierung eine Proletarisierung vorangetrieben, in der mit immergleichen Triggern von Luxus, Sex und Gewalt Zirkus-Aufführungen stattfinden, die am besten bei gleichzeitigem Illustrierten-Blättern und/oder Speis und Trank zu ertragen sind.

Sollten noch Menschen mit kultureller Kompetenz und gefordertem Intellekt für den Fortbestand der Gesellschaft erwünscht sein, wird man weder die Anpassung der Öffentlich-Rechtlichen an privatfernsehliches Trallafitti noch den Pipikacka-Humor entsubliminierter jugendlicher YouTuber fortschreiben können. Und das wird nicht einfach, falls jemand doch noch den Versuch unternehmen will.

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