Kommt das Ende der Zeitumstellung?
Nachdem das Ergebnis der Konsultation geleakt ist, hoffen Gegner auf eine Abschaffung vor der Europawahl
Bei der EU-Konsultation zur Zeitumstellung haben sich einem unter der Hand bestätigten Bericht nach über 80 Prozent der 4,6 Millionen Teilnehmer für eine Abschaffung der bislang zwei Mal jährlich anstehenden Maßnahme ausgesprochen (vgl. Zeitumstellung: Mehrheit der EU-Umfrage befürwortet Abschaffung). Peter Liese, der gesundheitspolitische Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europaparlament, meinte dazu in der Westfalenpost: "Wenn das Ergebnis einer Konsultation so offensichtlich ist, dürfen die europäischen Gremien es nicht ignorieren."
Deshalb könnte seiner Ansicht nach "noch vor der Europawahl im kommenden Mai" eine Regelung zur Abschaffung des Instruments verabschiedet werden, das nicht zu den erhofften Energieeinsparungen geführt aber gesundheitliche Probleme mit sich gebracht habe. Voraussetzung dafür wäre, dass die EU-Kommission dem EU-Rat und dem Europaparlament entsprechend schnell einen konkreten Vorschlag zur Abschaffung der Zeitumstellung vorlegt. Liese zufolge kann so ein Vorschlag in beiden Gremien mit Mehrheiten rechnen.
Beim Parlaments, das die Kommission zur Konsultation aufforderte, scheint das auch anderen Beobachtern wahrscheinlich (vgl. EU-Parlament fordert Juncker in der Zeitumstellungsfrage zum Handeln auf). Im EU-Rat hängt die Zustimmung unter anderem von der deutschen Bundesregierung ab. Die ließ die Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD im Bundestag noch im März gegen eine Abschaffung stimmen (vgl. Bundestag lehnt Abschaffung der Sommerzeit ab).
Normalzeit oder dauerhaft Sommerzeit?
Den Informationen des Bayerischen Rundfunks nach könnte Verkehrskommissarin Violeta Bulc die von Liese erwartete Initiative zur Abschaffung der Zeitumstellung bereits morgen vorstellen, wenn die anderen Kommissare, die sie heute informieren will, einverstanden sind. Andere Medien gehen davon aus, dass sie erst EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei seiner für den 12. September vorgesehenen Rede zur Lage der Union offiziell präsentieren wird. Und wieder andere befürchten anhand der Hinweise, bei der Konsultation habe es sich nicht um ein Referendum gehandelt, dass Brüssel die Zeitumstellung trotz des eindeutigen Ergebnisses beibehalten will.
Ob nach einer Abschaffung der Zeitumstellung wieder die Normalzeit oder dauerhaft die Sommerzeit gilt, will Bulc dem BR zufolge den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, in denen bereits jetzt unterschiedliche Zeitzonen gelten - ebenso wie in den Bundesstaaten der USA und den Regionen anderer großer Länder. Bei der Konsultation hat sich Medienberichten nach eine "etwas schwächere Mehrheit" als die für die Abschaffung für eine Beibehaltung der Sommerzeit anstatt der Normalzeit ausgesprochen. Eine getrennte Präferenzanalyse für die drei Millionen deutschen Teilnehmer liegt bislang noch nicht vor.
Neuer Kommissionspräsident
Gelingt die Abschaffung der Zeitumstellung nicht vor der Europawahl im Mai 2019, muss sich ein neuer EU-Kommissionspräsident mit dem Thema auseinandersetzen. Juncker, der unter anderem wegen Trunkenheitsvorwürfen umstritten ist, hat bereits angekündigt, nicht mehr für eine erneute Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Eine Entscheidung, die damit zusammenhängen könnte, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel übereinstimmenden Medienberichten nach die Forderung von Jens Weidmann als Nachfolger des EZB-Präsidenten Mario Draghi aufgegeben hat, um ihre Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, ihren Adlatus Peter Altmaier oder den CSU-Politiker Manfred Weber als neuen Kommissionspräsidenten installieren zu können.
Der bisherige deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger, der dafür seinen Platz räumen müsste, verlautbarte gestern, er werde sich in die Privatwirtschaft verabschieden (wo auf Personen mit so guten Kontakten wie den seinen zahlreiche entsprechend gut bezahlte Posten warten).
Ob sie von der Leyen, Altmaier oder Weber als EVP-Spitzenkandidaten nominieren, wollen CDU und CSU am 9. und 10. September entscheiden. Die Bewerbungsfrist dafür läuft aber noch bis 17. Oktober. Als Bewerber anderer Länder werden der französische Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier, der ehemalige finnische Ministerpräsident Alexander Stubb und der ehemalige irische Premierminister Éanna Ó Coinnigh gehandelt.
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