Konflikte bei der Deutschen Welle: "Intendant äußert ungerechtfertigte Vorwürfe"
- Konflikte bei der Deutschen Welle: "Intendant äußert ungerechtfertigte Vorwürfe"
- Personelle Konsequenzen vor Ende einer Untersuchung
- Auf einer Seite lesen
Ver.di-Sekretär Matthias von Fintel über Streit zwischen Sendeleitung und Belegschaft, Vorwürfe von Intendant Limbourg und mögliche personelle Konsequenzen
Die Deutsche Welle kommt nicht zur Ruhe. Seit dem Amtsantritt von Intendant Peter Limbourg Ende 2013 ist es beim deutschen Auslandssender wiederholt zu Konflikten um Neuausrichtungen, Entlassungen und die Einstellung etablierter Formate gekommen. Die inneren Zerwürfnisse scheinen auch eine Folge der Schwerpunktsetzung des Sendeleiters zu sein, der in der Deutschen Welle vor allem eines sieht: ein außenpolitisches Instrument.
So hat der ehemalige Europa- und Nato-Korrespondent den Sender konsequent entlang der deutschen und EU-Außenpolitik ausgerichtet. Vor allem in Osteuropa wurde das Angebot erheblich ausgeweitet.
Dadurch hat die Deutsche Welle in den vergangenen Jahren als (geo-)politisches Medium durchaus an Bedeutung gewonnen und Konflikte provoziert. Limbourg, der aus seinem politischen Anspruch keinen Hehl macht, ficht das nicht an. Er sieht die Deutsche Welle als Teil der "Soft Power", um politische Verhältnisse zu ändern. "Dazu würden wir uns auch zählen", sagte er der Wochenzeitung Die Zeit schon 2015.
Unternehmensintern beweist der Diplomatensohn ein weniger glückliches Händchen. Immer wieder wurden Konflikte mit der Belegschaft publik, die durch rigide Umstrukturierungen um ihre Jobs fürchten musste. Die jüngste Auseinandersetzung nun eskalierte vollends: Nachdem sich Journalisten der arabischen Redaktion vor zwei Jahren über unhaltbare Zustände beklagten, wurden sie nach eigenen Angaben massiv unter Druck gesetzt. Es folgten eine Zwangsversetzung und drei Kündigungen.
Angesichts anhaltender Kritik schloss die Sendeleitung mit dem Gesamtpersonalrat eine Dienstvereinbarung zur Vermeidung von Machtmissbrauch und sexuellem Missbrauch – dieser Vorwurf stand bei den Konflikten in der arabischen Redaktion im Raum. Die Vereinbarung sei aber ebenso wenig umgesetzt worden wie eine unabhängige externe Untersuchung, heißt es seitens der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die Journalisten vertritt.
Die ver.di steht mit der Kritik nicht alleine. Während Intendant Limbourg den eigenen Umgang mit den Konflikten lobt, haben rund 300 Mitarbeiter des Senders seine beschönigende Außendarstellung sowie die Unternehmens- und Führungskultur beanstandet. Dadurch würden Machtmissbrauch, Mobbing sowie Belästigung ermöglicht und ein konstruktiver Umgang mit Kritik verhindert.
Telepolis sprach über die Situation bei der Deutschen Welle mit dem Leiter des Bereich Medien bei ver.di, Matthias von Fintel.
Der Intendant der Deutschen Welle (DW), Peter Limbourg, hat Ihrer Gewerkschaft vorgeworfen, Konflikte in seiner Redaktion anzuheizen. Tun Sie das? Und warum?
Matthias von Fintel: Es lohnt sich, genau hinzusehen und Ursachen nicht zu verdrängen. Fakt ist: Ein vereinbarter Konfliktmechanismus wurde nicht zu Ende geführt. Stattdessen wurden Versetzungen von vier Kolleg*innen erzwungen. Der eigentliche Konflikt ist nicht gelöst. Das haben der Gesamtpersonalrat ebenso wie ver.di kritisiert. Und das ist auch ihre Aufgabe. Eine unabhängige und zugleich betrieblich bestens verankerte Gewerkschaft kann Missstände sogar deutlicher ansprechen. Ver.di ist dabei aber im gepflegten Rahmen geblieben.
Es geht im Kern um das Betriebsklima und mobbingähnliche Zustände in der arabischen Redaktion. In Folge wurden drei Mitarbeiter entlassen. Dies sei notwendig gewesen, so Limbourg im Interview mit dem Portal meedia.de, um die Missstände auszuräumen. Das ist doch auch Ihr Interesse?
Matthias von Fintel: Der Intendant der Deutschen Welle äußert sich jetzt im Sinne der von der Personalleitung ergriffenen Maßnahmen und äußert ungerechtfertigte Vorwürfe – jedenfalls aus unserer Sicht. Wenn alle Schritte des vereinbarten Konfliktmanagements bis zum Ende geführt worden wären, hätte es unseres Erachtens verträglichere Lösungen gegeben. Dazu kam es aber nicht mehr, was wir sehr bedauern.
Im Interview sagt der DW-Intendant, es habe "sehr viele Beschwerden" über die Entlassenen gegeben und "viele Mitarbeitende" hätten sich von ihnen bedroht gefühlt. Deckt sich das mit Ihren Informationen?
Matthias von Fintel: Nein. Und es wirft auch kein gutes Licht auf die Leitung des Senders, wenn sie solche öffentlichen Äußerungen über anerkannte Journalist*innen abgibt, die bis vor kurzem noch unter ihrer Leitung arbeiteten.
Sie fordern aber die Wiedereinstellung der Entlassenen. Wollen Sie, dass andere Mitarbeiter von wieder bedroht werden?
Matthias von Fintel: Dieses Bild versucht die Leitung der Deutschen Welle von den Freien zu zeichnen, deren Beschäftigungsverhältnis gekündigt wurde. Als Gewerkschaft mit einem umfassenden Verantwortungsbewusstsein für Kolleg*innen in der Deutschen Welle wehren wir uns gegen die Beendigung der freien Beschäftigung unserer drei Kolleg*innen.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.