Kontrollverlust mit SUV
Wuchtige und klimaschädliche Geländewagen bleiben der in Deutschland meistgekaufte Kfz-Typ, eine Petition fordert: "SUVs raus aus unseren Städten!"
Erneut hat ein Sport Utility Vehicle (SUV) einen schweren Unfall verursacht. Am 21. November gegen 16 Uhr verlor der Fahrer eines BMW X6 im Frankfurter Ostend, auf der Straße vor der Europäischen Zentralbank, die Kontrolle über sein Fahrzeug. Der zwei Tonnen schwere Wagen landete auf dem Bürgersteig, erfasste zwei Fußgänger und einen Fahrradboten und prallte schließlich gegen ein anderes Fahrzeug und eine Hauswand. Zwei Männer starben, eine Frau liegt schwer verletzt im Krankenhaus, während der Fahrer des SUVs mit leichten Blessuren davonkam.
Die Polizei vermutet überhöhte Geschwindigkeit als Unfallursache. Zeugen ist eine aggressive Fahrweise des mutmaßlichen Verursachers unmittelbar vor dem Unfall aufgefallen. Der Mann habe scharf gebremst, um gleich darauf wieder Vollgas zu geben.
Kollegen des Lieferservice, für den der verstorbene Fahrradkurier unterwegs war, reagierten verbittert. Es habe sich um eine "Hinrichtung unter freiem Himmel" gehandelt und "Das Morden muss aufhören", hieß es auf Twitter. Sie fordern einen besseren Arbeitsschutz von ihrem Unternehmen. Ein Anwohner startete eine Petition für ein Tempolimit von 30 km/h auf der Frankfurter Sonnemannstraße und Oskar-von-Miller-Straße. Hier gebe es immer wieder Raser, die ein erhebliches Risiko für die Verkehrsteilnehmer darstellten.
Vor 14 Monaten hatte sich ein ähnlicher Unfall in Berlin ereignet, als ein Porsche Macan von der Straße abkam und vier Menschen tötete; drei weitere wurden schwer verletzt. Damals entbrannte eine heftige Debatte um die "Stadtpanzer", wie die SUVs bezeichnet wurden. Die Deutsche Umwelthilfe erklärte, solche Autos hätten in Städten nichts zu suchen.
Trotzdem bleiben wuchtige und klimaschädliche Geländewagen der in Deutschland meistgekaufte Kfz-Typ. 1,13 Millionen neue SUVs wurden 2019 nach der Zählung von "auto motor sport" zugelassen, 762.000 waren es nach der Klassifikation des Kraftfahrtbundesamts.
Erst die Covid-19-Pandemie bremste das Wachstum des Automobilabsatzes und damit auch dieses Segments. Gleichwohl kamen die SUVs im September und Oktober 2020 laut auto motor sport auf einen Marktanteil von 31 bis 32% der Neuzulassungen. "Profite auf Kosten des Klimas", erklärt Greenpeace, SUVs und Geländewagen stünden im Widerspruch zum Pariser Klimaschutzabkommen.
Über den tragischen Unfall in Frankfurt muss die Justiz befinden. Bezeichnend ist allerdings die offizielle Firmenwerbung für den BMW X6. Das "attraktive Kraftpaket" wurde demnach "geschaffen, um anzuführen". Seine "Attribute eines Alphatiers" machten ihn zum "idealen Leitwolf auf jedem Terrain". Das Design des X6 polarisiere, provoziere und biete eine "durchtrainierte Ästhetik". Seine "Alleinstellungsmerkmale" seien "dominantes Design", "pure Ausstrahlungskraft", "echte Muskelpakete" und - ja, auch das noch - "wahre Größe".
Wer braucht diese Alphatiere auf seinem Terrain? Was wären Leitwölfe im Verkehr anderes als eine Gefahr für die Allgemeinheit? Den nach Millionen zählenden Haltern und Fahrern eines SUV soll nicht unterstellt werden, was dieses an niedere Instinkte appellierende BMW-Marketing suggeriert. Ein paar Scham- und Schuldgefühle wären allerdings nicht schlecht. Sie könnten ein Anfang sein.
Zum Thema gibt es eine Petition Besseres Klima, mehr Sicherheit: SUVs raus aus unseren Städten, die demnächst im Petitionsausschuss des Bundestags behandelt werden wird. Sie verlangt eine Klima- und Sicherheitsabgabe in Höhe von 50 Prozent auf den Bruttokaufpreis eines SUV. Städte und Gemeinden sollen dabei unterstützt werden, den Gebrauch von Geländewagen und SUVs in ihren Einzugsbereichen möglichst bald zu untersagen.