Korruption in arabischen Ländern nimmt zu

Länder in denen Arabisch gesprochen wird. Karte: Rafy. Lizenz: CC BY 3.0

Transparency International fordert Whistleblower-Gesetze

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Vor gut fünf Jahren begann in Tunesien der so genannte "Arabische Frühling", der zu Regierungswechseln in mehreren Ländern führte. Befürworter dieser Bewegung argumentierten damals mit der Korruption, die in den autoritären Staaten der arabischen Welt herrschte. Für Tunesien stimmte das insoweit, als sich der 26-jährige Mohamed Bouazizi, dessen Tod als Initialzünder der Ereignisse gilt, selbst verbrannt haben soll, weil die Polizei seinen Obstkarren beschlagnahmte, nachdem er ihr keinen Obulus entrichten wollte.

Eine aktuelle Studie der NGO Transparency International weckt jedoch Zweifel daran, ob das Problem der Korruption in der arabischen Welt durch dem Arabischen Frühling gelöst oder gelindert wurde. Für diese Studie befragte die Organisation fast 11.000 Erwachsene aus Tunesien, Ägypten, dem Jemen, dem Libanon, dem Sudan, Algerien, Marokko, Jordanien und den Palästinensergebieten.

Ein Drittel der Befragten gab an, im letzten Jahr mindestens einmal Bestechungsgeld bezahlt zu haben. Hochgerechnet wären das mindestens 50 Millionen Menschen. Da 30 Prozent der Befragten meinten, wer über Korruption rede, müsse Vergeltung fürchten, ist anzunehmen, dass der tatsächlicher Anteil sogar noch höher liegt. Die Angst vor Vergeltung scheint der Studie nach auch nicht ganz unbegründet: 38 Prozent der Personen, die Bestechung meldeten, erlebten sie selbst. José Ugaz, der Vorstandsvorsitzende von Transparency International, fordert deshalb, dass arabische Staaten Whistleblower-Gesetze verabschieden. Nur damit können grundsätzlich willige Informanten seiner Ansicht nach angstfrei Vorfälle melden.

Den Eindruck, dass die Korruption im letzten Jahr zunahm, hatten 61 Prozent der Studienteilnehmer. Nur 15 Prozent glauben, dass sie in diesem Zeitraum weniger wurde und 19 Prozent bemerkten keinen Unterschied. Dabei gibt es regionale Unterschiede: Den ersten Platz in der Korruptionssteigerungshitparade belegt der Libanon, der zahlreiche Syrer aufnehmen musste: In der ehemaligen "Schweiz des Nahen Ostens" sind 92 Prozent der Ansicht, dass sich das Bestechungsunwesen ausgeweitet hat.

Auf Platz 2 liegt mit 84 Prozent das Bürgerkriegsland Jemen, das teilweise von schiitischen Huthi-Milizen, teilweise von einer von Saudi-Arabien angeführten Sunnitenkoalition und teilweise von den Terrorgruppen al-Qaida und IS beherrscht wird. Auch in Jordanien wird der Zugang zu Ressourcen offenbar häufiger nach Zahlungen unter der Hand vergeben. Hier sind 75 Prozent der Befragten der Meinung, dass sich die Situation verschlechtert hat.

Die Bereiche, für die Bestechungsgelder bezahlt werden, sind vielfältig: Häufig genannt werden der Gesundheitssektor, Schulen und Universitäten, die Wasserversorgung, die Polizei und die Gerichte. Von den Personen, die im letzten Jahr mit Gerichten zu tun hatten, zahlte etwa ein Drittel Bestechungsgeld, von denen, die Kontakt zur Polizei hatten, ein Viertel.

Libyen und Syrien: Schlimmere Probleme als Korruption

In anderen Ländern, in denen keine Transparency-International-Befragungen stattfanden, scheint eine gestiegene Korruption nach den dortigen Ereignissen des Arabischen Frühlings das geringste Problem: In Libyen bekämpften sich die 2011 von der NATO aus der Luft unterstützten Rebellen nach der analen Pfählung des ehemaligen Machthabers Muammar al-Gaddafi gegenseitig.

Die Küste östlich und westlich der Stadt Sirte kontrolliert dort die Terrorgruppe Islamischer Staat, die auch ein Drittel Syriens beherrscht, wo die örtliche al-Qaida-Filiale al-Nusra-Front und deren salafistische Verbündete ebenfalls große Gebiete an sich rissen. Ob der aktuelle brüchige Waffenstillstand das Land langfristig befrieden kann, muss sich noch zeigen.

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