Kosten der Inflation: Deutschland wie erwartet in der Rezession

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Prognosen von Wirtschaftsminister Habeck von Realität eingeholt; Destatis korrigiert Daten nach unten. Wie Deutschland nun in eine gefährliche Stagflation rutscht.

Es ist schon ein erstaunliches Phänomen, wenn der Internationale Währungsfonds (IWF) eine deutlich bessere Prognose für die Entwicklung der deutschen Wirtschaft abgibt als die Bundesregierung. Lügen haben kurze Beine, sagt man gerne, absurde, von vermutlich politischen Vorgaben geleitete Prognosen, allerdings auch.

Erneut musste das Statistisches Bundesamts (Destatis) nun eine Schnellschätzung korrigieren. Das wäre eigentlich nicht dramatisch, wenn sich die Korrektur beim Wirtschaftswachstum im üblichen Bereich von 0,1 Prozentpunkte nach unten oder oben bewegte und sich dies nicht in zwei Quartalen in Folge ereignen würde.

Doch statt der bisher festgestellten Stagnation, die auch real schon eine "technische Rezession" bedeutet. Denn nach früheren Berechnungen wäre sie damit nämlich schon geschrumpft.

Seit einigen Jahren werden auch illegale Geschäfte wie Drogenhandel, Tabakschmuggel und Prostitution in die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts per Schätzung aufgenommen, um die Zahl aufzuhübschen.

Doch jetzt mussten sich die Statistiker erneut korrigieren, und zwar deutlich. "Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im 1. Quartal 2023 gegenüber dem 4. Quartal 2022 – preis-, saison- und kalenderbereinigt – um 0,3 Prozent gesunken", erklärte Destatis.

Demnach fiel die Wirtschaftsleistung zum Jahresbeginn damit um 0,3 Prozentpunkte schwächer aus, "als in der Schnellmeldung vom 28. April 2023 berichtet". "Nachdem das BIP bereits zum Jahresende 2022 ins Minus gerutscht war, verzeichnete die deutsche Wirtschaft damit zwei negative Quartale in Folge", wird Ruth Brand zitiert, die Präsidentin des Bundesamts.

Fehleinschätzung

Neu sind gravierende Destatis-Fehler nicht. Man darf vermuten, dass die klare Fehleinschätzung in der letzten Zeit mit politischen Vorgaben zu tun haben. Noch im Januar hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nämlich eine mögliche Rezession in Deutschland "abgesagt".

Kurz danach musste allerdings schon mit der ersten Schnellschätzung für das vierte Quartal 2022 eine leicht schrumpfende Wirtschaft diagnostiziert werden. Kurz danach musste Destatis allerdings feststellen, dass die Schrumpfung mit 0,4 Prozent sogar doppelt so stark ausgefallen ist, als anfänglich angenommen wurde, wie sie kurz danach in einer korrigierend mitteilte.

An dieser Stelle wurde die Korrektur geahnt: "Es ist davon auszugehen, dass sich das erste Quartal 2023 nun ganz ähnlich verhält, womit Deutschland dann schon in der Rezession wäre. Wir dürfen auf die erste Schnellschätzung Ende des Monats und die mögliche Korrektur Mitte nächsten Monats gespannt sein", hatten wir Mitte April berichtet.

Und es kam, wie erwartet: Einer irrigen Schnellschätzung folgte kurz darauf eine deutliche Korrektur. Offenbar durfte zunächst nicht sein, was Habeck nicht wollte. Somit stand eine sogar noch stärkere Korrektur als für das erste Quartal an.

Fakt ist: Deutschland rutscht immer tiefer in die Rezession, genauso wie es auch der IWF schon im Januar in einer düsteren Prognose für die Entwicklung der Weltwirtschaft prognostiziert hatte.

Russland-Sanktionen

Die in Washington ansässige Finanzinstitution hatte vor allem das negative Urteil für Deutschland wegen der anhaltenden "Turbulenzen im Finanzsektor, der hohen Inflation, der anhaltenden Auswirkungen der russischen Invasion in der Ukraine und der dreijährigen Covid-Krise" bestätigt.

Damit wurde auch klar, wem die Russland-Sanktionen wirklich schaden, denn Russland sagte der IWF ein stabiles Wachstum voraus, nachdem die Prognosen in Washington ein ums andere Mal deutlich nach oben korrigiert wurden.

Und: Es handelt sich um keine "technische Rezession", wie uns etwa die Zeitschrift Capital einreden will. Real rutscht Deutschland wie Großbritannien nun in die gefährliche Stagflation ab. Unter den großen Industrieländern steht nach Ansicht des IWF nur Großbritannien noch schlechter da.

Die bisherige Aussicht für Deutschland mit einem Plus von 1,1 Prozent für das kommende Jahr ist auch nicht geeignet, um Feuerwerke abzubrennen. Auch hier unterbietet für den IWF nur noch das Königreich mit 1,0 Prozent Deutschland.

Die Löhne

Es war klar, dass die steigenden Leitzinsen eine schwere Belastung für die deutsche Wirtschaft angesichts der hohen Inflation würden. Dafür ist zentral mitverantwortlich, dass die Löhne nicht im Umfang der Inflation steigen und die Arbeitnehmer in Deutschland, auch nach aufgehübschten Destatis-Angaben, Reallohnverluste "wie nie zuvor" hinnehmen müssen. Ist es dann wirklich ein Wunder, wenn Destatis jetzt feststellt, dass "sinkende Konsumausgaben die Wirtschaftsleistung bremsen"?

"Die weiterhin hohen Preissteigerungen belasteten die deutsche Wirtschaft auch zum Jahresbeginn. Das machte sich besonders bei den privaten Konsumausgaben bemerkbar, die im 1. Quartal 2023 preis-, saison- und kalenderbereinigt um 1,2 Prozent zurückgingen", stellt Destatis nun fest. Der schwache Anstieg der Exporte 0,4 Prozent vermindert den Absturz tief in die Stagflation nur.

Die schlechte Nachricht daran: Es wird sich auch alsbald nichts ändern, solange die Löhne nicht deutlich anziehen und die Inflation hoch bleibt. Dass die Kerninflation sogar weiter gestiegen ist, zeigt, dass die Inflation immer deutlicher in die Breite gegangen ist und inzwischen zu einer starken Belastung für die Wirtschaftsentwicklung wird. All das klar und offensichtlich und war vorhersehbar.

Im Strudel einer Stagflation

Wir befinden uns inzwischen in einem gefährlichen Stagflation-Strudel. Dass wir mit "Vollgas" auf diesen Kurs eingeschwenkt sind, war seit etwa einem Jahr absehbar. Kommen nun einige adverse Faktoren hinzu, wie die Dürre in Südeuropa, eine Zuspitzung des Ukraine-Kriegs oder ein Zahlungsausfall der USA, kann es wirklich ziemlich schlimm kommen, wie auch die Bankenpleiten schon anzeigen.

Dass deswegen die Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung sogar wieder gebremst werden, zeigt, wie tief man inzwischen durch eine fehlgeleitete Politik, allen voran auch der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), in einem "Kapitalismus im Endstadium" in einem Netz aus Problemen verstrickt ist.

Die schnellen Zinsanhebungen der US-Notenbank (Fed), welche die inflationstreibende Geldschwemme auch zu lange betrieb, hat die neuen und alten Bankenprobleme wieder aufbrechen lassen. Auch in den USA wurde viel zu lange zugeschaut, wie die Inflation angesichts der Geldschwemme aus dem Ruder lief. In der EZB tat man dies absurderweise noch viel länger.

So wurde über die Notmaßnahme Geldschwemme ein guter Teil der Inflation geschaffen. Dann eskalierte das Problem, weil die Zentralbanken das Geld nicht frühzeitig und kontrolliert wieder vom Geldmarkt gesaugt haben. Als das Kind in den Inflations-Brunnen gefallen war, kam schnell eine neue Zinspolitik als neue Notmaßnahme, um zu versuchen, die gefährlich werdende Inflation schnell wieder einzufangen.

Das hat, wie erwartet, neue Problemfelder aufgerissen, wie schon ausführlich aufgezeigt.