Krieg in der Ukraine: Tabus der Nato fallen

Seite 2: London: "Aufgeschlossen" für Lieferung von Langstreckenwaffen

Diese Möglichkeit scheint zunehmend zu bestehen. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace erklärte laut der Nachrichtenagentur Reuters, man sei nun aufgeschlossen gegenüber der Versorgung der Ukraine mit Waffensystemen mit größerer Reichweite.

Derartige Äußerungen werden auch aus Deutschland berichtet. "Die Ukraine ist nicht verpflichtet, sich zur Abwehr russischer Aggressionen auf ihr eigenes Territorium zu beschränken" zitiert die ukrainische Onlinezeitung Strana die stellvertretende, deutsche Regierungssprecherin Christiane Hoffmann.

Sie zitiert in diesem Zusammenhang einen nicht näher aufgeführten Artikel der britischen Times, dass die USA nun weniger Angst vor einer Eskalation durch Russland habe. Die Angst bestehe nur, dass etwa eingesetzte US-Drohen von den Russen abgefangen werden könnten, was einen eigenen militärischen Nachteil bedeute.

Tatsächlich sind ukrainische Militäraktionen auch auf russischem Territorium schon länger Realität. Sie beschränkten sich in früheren Monaten jedoch aus Mangel an anderen Möglichkeiten stets auf das unmittelbare Grenzgebiet und russische Bereitstellungsräume bei Belgorod, Kursk oder auf der Krim. Moralisch fühlen sie die Ukrainer als die Angegriffenen im Recht, jedes beliebige Ziel in Russland anzugreifen, von dem Angriffe auf ihr eigenes Land ausgehen. Geopolitische Überlegungen sind für sie dabei zweitrangig.

Bei der Debatte schwingt die Frage mit, ob eine stärkere Einbeziehung des Westens als Kriegspartei nicht sogar in Kiews Interesse liegt, weil eine solche Entwicklung den Zugang zu einer größeren Anzahl von Waffen begünstigen würde.

Die Angst vor einer globalen militärischen Eskalation ist ja genau der Hemmschuh, der aktuell ebenso die Lieferung deutscher Kampfpanzer wie von US-Killerdrohnen an ukrainische Truppen verhindert, die Kiew beide vehement einfordert.

Kommt man diesen Forderungen nun nach, lässt man sich auf ein gefährliches Pokerspiel ein. Denn es wird sich rasch herausstellen, ob drohende Worte aus Moskau bei jeder Eskalation des Krieges durch den Westen – und eine solche liegt dann vor – nur heiße Luft waren oder ernste Folgen für russische Kampfhandlungen haben wird. Im letzteren Fall sind zusätzliche Opfer gewiss, die mit einer großen Wahrscheinlichkeit erneut Ukrainer im Kriegsgebiet sein werden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.