Krieg in der Ukraine: Tabus der Nato fallen

Die Angst vor einer Eskalation des Konfliktes scheint in den Schaltzentralen der Nato zu schwinden. Das zeigt sich an den Waffenlieferungen an Kiew. Über allem schwebt eine Gefahr.

Über lange Zeit hinweg galt es als ungeschriebenes Gesetz bei westlichen Waffenlieferungen für die Ukraine: Die eigenen Waffen sollten nicht dazu geeignet sein, das russische Hinterland anzugreifen. Dafür gab es einen triftigen Grund, den im Juli der US-Sicherheitsberater Jake Sullivan beim Aspen Security Forum erklärte: Eine Lieferung solcher Waffen könne Russland provozieren und zu einem möglichen dritten Weltkrieg führen.

Trotz dieser offiziell geäußerten Bedenken gab es bereits im August die ersten Meldungen, etwa im US-Magazin Politico, nach denen die USA der Ukraine nicht nur das liefert, was offiziell verkündet wird. Die Rede war recht schnell von Hochpräzisionsprojektilen, von Streumunition – und von Langstreckenraketen.

Dennoch hielt man zunächst an der offiziellen Linie fest. Noch Anfang Dezember meldete das Wall Street Journal, dass etwa der recht effektive Mehrfachraketenwerfer Himars, den Kiew aus US-Beständen erhalten hat, vor der Lieferung so modifiziert worden sei, dass er nicht mehr zum Abschuss von Langsteckenprojektilen, die tief ins russische Hinterland fliegen, geeignet ist. Auch hier war die Begründung der US-Beamten gegenüber der US-Zeitung, man wolle nicht eskalieren.

Erste Hinterlandangriffe mit eigenen Umbauten

Als dann wenige Tage später die Ukrainer drei Flugplätze tief im russischen Hinterland mit Raketen trafen, war die Rede davon, dass es sich bei den Projektilen um selbst modifizierte Umbauten von Sowjetdrohnen handelte. Einer der getroffenen Flugplätze an der Wolga war 630 Kilometer vom Gebiet entfernt, das von Kiew beherrscht wird.

Bei der Frage, wie solche Umbauten möglich sind, verweist die lettische Onlinezeitung Meduza auf die Möglichkeit der Ukraine, im Gegensatz zu Russland Komponenten frei auf dem internationalen Markt einkaufen zu können.

Solche Eigenumbauten sind von ihrer Kampfkraft jedoch laut Meduza nicht mit den originären westlichen Langstreckenraketen vergleichbar, die mit Himars kompatibel sind. Die Sprengköpfe seien kleiner, die Genauigkeit geringer.

Auch bei den drei Angriffen sei es den Ukrainern nicht gelungen, einen Langstreckenbomber vollständig zu zerstören. Meduza stellt jedoch fest, dass die Ukraine alles tun wird, um an bessere Waffen zu gelangen, mit denen Ziele tief in Russland angegriffen werden können. Auch um die Russen zu zwingen, Teile ihrer Abwehrausrüstung weit weg von der Front zu stationieren.

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