Kriegsspiele im Weltraum
Die US-Luftwaffe führte das erste große Simulationsspiel durch, um sich auf militärische Konflikte im Weltraum vorzubereiten
Donald Rumsfeld, der neue US-Verteidigungsminister, befürwortet nicht nur wie Präsident Bush den Aufbau eines nationalen Raketenabwehrschilds NMD, sondern hat stärker als seine Vorgänger den Weltraum als Ort künftiger Kriege entdeckt. Eine von ihm lange geleitete Kommission warnte, dass den USA im Weltraum ein "Pearl Harbor" drohe, wenn dort nicht eine militärische Überlegenheit gesichert werde (Pearl Harbor im Weltraum). Die Luftwaffe hat nicht nur vor kurzem bereits eine Abteilung für Weltraumwaffen eingerichtet, sondern letzte Woche auch noch das erste große und mehrtägige Kriegsspiel durchgeführt, in dem eine rote gegen eine blaue Supermacht im Weltraum kämpft.
Öffentlichkeitsbewusst ist man derzeit auch beim Militär geworden und hat für zumindest für ein paar Stunden auch Journalisten in den ansonsten bestens abgeschirmten Stützpunkt der Luftwaffe in der Nähe von Colorado Springs zugelassen. Schnell für Aufmerksamkeit für die eigenen Aktivitäten zu sorgen, könnte der Luftwaffe nicht nur helfen, mehr Gelder zu erhalten, sondern auch mögliche Pläne abzuwehren, eine eigenständige "Space Force" einzurichten.
An dem "Schriever 2001 Wargame" nahmen für 5 Tage 250 Militärs und Zivilisten teil, um in einem Szenario des Jahres 2017 zu erkunden, wie die Satelliten gesichert und Angriffe von Feinden abgewehrt werden können. Was passiert, wenn der Kontakt zum GPS ausfällt, die Weltraumstation bedroht wird oder Terroristen Aufklärungsatelliten lahm legen? Die rote Supermacht, deren Identität nicht schwer zu erraten sein dürfte, hat ein kleineres Nachbarland - die "Braunen" -, deren Identität auch nicht schwer zu erraten ist, bedroht.
Natürlich befinden sich 2017 weitaus mehr Satelliten und Waffensysteme im Weltraum. Die Gegner können Kleinstsatelliten gegen Aufklärung- oder Kommunikationssatelliten losschicken, um diese zu stören oder zu vernichten. Laserstrahlen können von der Erdoberfläche aus zumindest die Kameras der Satteliten außer Kraft setzen. Die "Blauen" haben bereits das Raketenabwehrschild, aber auch wiederverwendbare Raumfähren, um einmal schnell neue Satelliten in die Umlaufbahn zu bringen oder beschädigte zu reparieren. Angeblich ging es auch darum, dass die Gegner über Informationswaffen verfügen, um die Computersysteme lahm zu legen. Aber niemand wollte, so die Washington Post, näher darüber sprechen.
Das Simulationsspiel, von Robert Hegstrom entwickelt, beinhaltete natürlich auch, dass im Konflikt die kommerziellen Satelliten eine Rolle spielen. So forderten die Blauen die Betreiber, den Roten keine Informationen zu liefern, während diese versuchten, alle Dienste aufzukaufen, um die Blauen zu behindern. Die Blauen boten dagegen, es wurde teuer. Überdies meinten die Spieler der Satellitenbetreiber kaltschnäuzig, dass sie ihre Verträge einhalten würden, was nur darauf hinweist, dass in einem Konfliktfall auch für gute Beziehungen mit der Wirtschaft gesorgt werden muss.
Allerdings endete das Spiel nicht im Krieg. Noch funktionierte die Abschreckung, so dass die Roten keine Langstreckenraketen schickten, was heißt, dass neben allen anderen Maßnahmen auch das Raketenabwehrschild notwendig ist. Aber genauere Einzelheiten konnten die Journalisten nicht erfahren, abgesehen davon, dass man in Zukunft viele der auch bei der Luftwaffe in Entwicklung befindlichen Systeme wie Laserwaffen oder wiederverwendbare Weltraumfähren gut gebrauchen wird und dass bislang zuwenig in den Weltraum investiert wurde. Betont wurde freilich, dass die Aufrüstung im Weltraum eher zur Vermeidung von Kriegen durch Abschreckung führen könne: "Es zeigte sich", so der den politischen Führer der Blauen spielenden ehemalige Luftwaffengeneral Thomas Moorman, "dass einem der Weltraum eine Menge Optionen anbietet, bevor man in einen Konflikt eintreten muss."
Der Irak- und der Kosovokrieg hatten gezeigt, wie wichtig Kommunikations- und Aufklärungssatelliten bereits geworden sind, ohne die nichts mehr geht. Auch die Europäer sind aufgewacht, weil sie gesehen haben, dass sie hier von den Amerikanern zu abhängig sind und nicht ausreichend mit Informationen versorgt wurden. Daher will auch die EU stärker in die Aufrüstung im Weltraum investieren, in Aufklärungssatelliten und einem eigenen GPS-System (Europa braucht eine neue Weltraumpolitik; Die EU will ein eigenes Global Positioning System schaffen).
Ergebnis des amerikanischen Kriegsspiels war, dass die US-Systeme im Weltraum zu leicht zu stören oder außer Kraft zu setzen sind, dass die Abhängigkeit von privatwirtschaftlichen Betreibern von Satellitendiensten sehr groß ist. Bei der Einrichtung der Weltraumeinheit kündigte man bereits an, über "futuristische" Waffensysteme zu verfügen, die nur noch getestet werden müssten (Von der US-Freiheit im Weltraum).