Kritik an Schüler-Laptop
Lehrerverband bewertet Forderung der Bildungsministerin Bulmahn als "Profilierungs-Fingerübung"
Bis 2006 sollten alle Schüler mit einem Laptop ausgestattet sein, wenn es nach dem Willen der Bundesbildungsministeringeht. Erreicht werden sollte das ehrgeizige Ziel durch neue Partnerschafts-Initiativen von Wirtschaft und Staat. Der Deutsche Lehrerverband kritisiert das Vorhaben und meint, dass die schulische Bedeutung des Computers überschätzt werde.
Sämtliche Schüler mit einem Laptop auszustatten, ist wahrlich ein ehrgeiziges Ziel, besonders wenn man bedenkt, dass alle 44.000 Schulen erst 2001 über einen Internetzugang verfügen sollen. Dabei zeigt sich schon jetzt, dass manche Schule wirklich nur einen einzigen Internetzugang besitzt und der Standort im Lehrerzimmer oder im abgesperrten Bereich der Bibliothek liegt.
Beim Ankündigen des Laptop-Projektes war der Bundesbildungsministerin klar, dass Städte und Gemeinden als Schulträger die Kosten für die Anschaffung nicht aufbringen könnten. Ermöglicht werden könnte dies nur durch massive Unterstützung von Staat und Wirtschaft. Dabei denkt die Bundesregierung auch an verbesserte steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten, damit der Schülerlaptop auch als Sonderausgabe absetzbar wird. Doch die steuerlichen Anreize werden kaum ausschließlich zu einer flächendeckenden Laptopanschaffung beitragen können, denn die soziale Schere geht in vielen Gebieten weit auseinander. Bei dem Gedankenspiel ist offenbar vergessen worden, dass es Gegenden mit einem Arbeitslosenanteil von über 20 Prozent gibt, wo ein Eigenanteil bei der Anschaffung nicht geleistet werden kann.
Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, kritisiert Frau Bulmahn, sie "rede mit dieser technizistischen Bildungsperspektive einer milliardenschweren Fehlinvestition das Wort, anstatt Vorschläge zur Sicherung der Personalversorgung der Schulen zu machen". Ebenfalls kritisch betrachtet wird die Überschätzung der Bedeutung des Computers im Bereich des schulischen Lernens. Gerade kürzlich zeigte sich im Ergebnis einer Untersuchung über Onlinelernen der Ohio State University, dass ein Textverständnis am PC-Bildschirm offensichtlich schwieriger zu erarbeiten ist. Das Lesen von Texten am Bildschirm ergab längst nicht so einen Behaltenswert, wie das Lesen mit herkömmlichen gedruckten Materialien.
Auch in Zukunft wird es nach Ansicht von Kraus keinen "Nürnberger Trichter" gegeben. Der Computer selbst wird keine besseren Lernergebnisse erzielen. "Schule wird immer zum Großteil über die Kommunikation Lehrer-Schüler und über Printmedien stattfinden. Deshalb wird das Lehrer-Schüler-Gespräch im Zentrum schulischen Lernens bleiben." In seinen Forderungen geht Kraus sogar noch einen Schritt weiter und meint, dass es zum Beispiel für eine allgemeinbildende Schule ausreichend sei, wenn für fünf bis zehn Prozent der Schüler ein Computerarbeitsplatz vorhanden ist.
Noch ist ihm der Laptop-Ansatz zu wenig differenziert, denn über die Inhalte der Laptop-Ausbildung ist bislang überhaupt noch nicht gesprochen worden. So glaubt Kraus, dass Schüler, die sich im Internet auskennen, sich nicht unbedingt gleichzeitig in einer Bibliothek zurechtfinden. Lernen hat nach seiner Ansicht weniger etwas mit Just-in-time- oder Download-Häppchen-Wissen zu tun. Noch wird bei dieser Überlegung auch noch keine Unterscheidung gemacht, welche computerzentrierten Inhalte bei der kaufmännischen Berufsschule oder Grundschule erforderlich sind. Bedenklich bei dieser Entwicklung des mobilen Arbeitsheftes ist auch die Tatsache, dass sich Laptops in der Regel nur schlecht aufrüsten lassen und im Vergleich zu einem Desktop-PC deutlich teurer sind.