Kritik der deutschen Corona-Politik

Seite 2: Zur Bund-Länder-Konferenz vom 3. März 2021

Die Konferenz brachte keinen Fortschritt. Schlimmer noch: Es ist zu befürchten, dass bereits Erreichtes wieder verspielt wird. Denn die hochinfektiösen Virusmutanten breiten sich landesweit rasch aus. Das ist nicht die Zeit für Öffnungsexperimente. Vermutlich werden die jetzt verordneten Öffnungen nicht von langer Dauer sein. Das wiederum führt bei vielen der jetzt schon genervten Menschen zu weiteren Frustrationen, die Durchhaltemoral wird sinken.

Der "Öffnungsrausch" ist unverantwortlich, weil nur die zu erwartenden Impfungen und Testungen eine klare Zukunftsperspektive bieten. In dieser Situation ist die Reihenfolge entscheidend, erst impfen und testen und dann erst öffnen, nicht umgekehrt. Aber offensichtlich sind mehrere Ministerpräsidenten vor dem Erwartungsdruck der Menschen eingeknickt. Das wurde mit wohlfeilem Wortgeklingel übertüncht.

Hiervon abgesehen sind die verkündeten Öffnungsmodalitäten nicht konsistent. Das wird von den Gerichten beanstandet werden. Die Erfahrung zeigt, je mehr Regelungen von den Gerichten aufgehoben werden, desto mehr schwindet das Vertrauen in den Staat.

Schwer nachvollziehbar ist auch die Zahlenarithmetik mit Inzidenzen. Strebte man bis vor wenigen Tagen – abweichend von der gesetzlichen Regelung – eine Inzidenz von 35/100.000/Woche an (Begründung: "Die 35 ist sozusagen die neue 50"), so war wenige später die 50 wieder der Maßstab für weitere Öffnungen.

Als "Notbremse" wurde der epidemiologisch willkürliche Wert 100 eingefügt. Hierbei handelt es sich um das vorweggenommene Eingeständnis, dass man dem verordneten Frieden selbst nicht traut. Zur Beruhigung der Menschen wurde die Parole ausgegeben: Wir müssen mit der Impfwelle vor die Infektionswelle kommen.

Ob das gelingt, ist fraglich. Mit etwas Fantasie kann man sich zwei auf uns zurollende Züge vorstellen. In dem einen Zug befinden sich die neuen Hilfsmittel (Impfstoffe, Testverfahren), im anderen Zug sind die quicklebendigen Mutanten. Nach allem, was wir bis jetzt sehen können, ist der zweite Zug schneller.

Peter Vonnahme war bis zu seiner Ruhestandsversetzung 2007 Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München. Er ist Mitglied der deutschen Sektion der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms (IALANA). Von 1995 bis 2001 war er Mitglied des Bundesvorstands der Neuen Richtervereinigung (NRV). In den letzten Jahren ist er publizistisch tätig.

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