Länger leben ohne alte Zellen

Seite 2: Die maximale Lebenserwartung bleibt unverändert

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Dennoch ist diese Behandlung weit davon entfernt, ein Jungbrunnen zu sein: Obwohl die behandelten Mäuse im Durchschnitt länger lebten, hat sich ihre maximale Lebensdauer kaum verändert. Die Altersgrenze wurde also nicht grundsätzlich nach hinten verschoben, sondern es hatte sich nur die Zahl der Tiere erhöht, die diese Grenze erreichten oder wenigstens in ihre Nähe kamen. Die Forscher zeigten sich enttäuscht von diesem Ergebnis - und kündigten weitere Anstrengung an, um auch auf diesem Gebiet Fortschritte zu machen.

Der Eingriff hatte allerdings auch Nachteile - Verletzungen der Haut heilten nur mit deutlicher Verzögerung ab. Doch damit hatten die Forscher gerechnet, denn es war bereits bekannt, dass manche Mechanismen der Seneszenz auch an der Wundheilung beteiligt sind. Überraschender war eher: Dies blieb die einzige gravierende Nebenwirkung, unter der die Mäuse zu leiden hatten.

Und nun der Mensch?

Insgesamt überwogen also die positiven Ergebnisse, und Jan van Deursen, der Kopf der Forschergruppe, will nun einen Schritt weiter gehen: Eine jüngst gegründete Firma soll einen Weg finden, diesen Ansatz auf den Menschen zu übertragen. Ein Eingriff in das Erbgut ist beim Menschen jedoch keine Option, und so konzentriert sich die Suche auf Medikamente, die selektiv auf seneszente Zellen wirken und altersbedingte Krankheiten verhindern sollen.

Eine Forschergruppe um James Kirkland identifizierte bereits 2015 zwei Wirkstoffe, die seneszente Zellen aus einzelnen Geweben entfernen konnten. Eines war der Naturstoff Quercetin, der in Obst und Gemüse zu finden ist. Dessen Wirksamkeit ist allerdings umstritten: Eine Studie von 2013 fand keine Hinweise darauf, dass Quercetin die Lebensdauer von Mäusen verlängert .

Der zweite hoffnungsvolle Wirkstoff, das Krebsmittel Dasatinib, ist extrem teuer und damit nur schlecht für große experimentelle Studien geeignet. Ein Durchbruch ist mit diesen Substanzen wohl nicht zu erzielen - die Suche nach effektiven Wirkstoffen wird also weitergehen. Denkbar ist jedoch noch ein weiterer Ansatz: Statt die seneszenten Zellen aus den Geweben zu entfernen, könnten Medikamente dazu eingesetzt werden, ihre schädliche Wirkung zu neutralisieren. Aber auch hier steht noch kein aussichtsreicher Wirkstoff zur Verfügung, und die Entwicklung wird sich wohl auch hier als langwierig erweisen.

Die Idee, seneszente Zellen aus dem Körper zu entfernen, erscheint dennoch vielversprechend. Auch deshalb, weil das Ziel realistisch bleibt: Nicht das Altern selbst, sondern altersbedingte Krankheiten stehen im Fokus. Im Falle eines Erfolgs werden die Menschen vielleicht nicht länger leben - aber sie werden länger gesund bleiben.