Last-Minute-Lockdown in Niederlanden löst Chaos in Städten aus

Stau in Rotterdam, 2007: Auch am Samstag herrschte in vielen Städten des Landes Chaos auf den Straßen. Bild: Alper Çuğun, CC BY 2.0

Präventive Maßnahme soll erwartete fünfte Welle durch Omikron-Variante brechen. Volle Innenstädte und Verkehrschaos nach außerplanmäßiger Pressekonferenz. Laut Wissenschaftlern vieles unsicher

"Die Niederlande gehen in einen Lockdown", brachte der geschäftsführende Ministerpräsident Mark Rutte die Botschaft gleich am Anfang der spontan anberaumten Pressekonferenz am gestrigen Samstag auf den Punkt. Nach wenigen einleitenden Worten gab er das Wort an Jaap van Dissel, Professor für Infektionserkrankungen und Direktor des niederländischen Reichsinstituts für Volksgesundheit (RIVM). Dieser sollte der Öffentlichkeit die Notwendigkeit der Maßnahmen erklären.

Bereits am Morgen hatte es Gerüchte gegeben, die Regierung würde eine außerplanmäßige Pressekonferenz abhalten. Und das würde natürlich nur Sinn ergeben, wenn die Maßnahmen zur Einschränkung des Corona-Virus verschärft werden.

Es wurde erwartet, dass diese umgehend in Kraft treten, um Menschenmassen in den Städten zu verhindern. So feierten bei der Ankündigung des Teil-Lockdowns zum 13. November oder des Abendlockdowns zum 28. November viele noch einmal ausgiebig oder gingen aus.

Am heutigen Samstag ist das jedenfalls nicht gelungen. Insbesondere Menschen, die noch nicht alle Weihnachtsgeschenke hatten oder dieses Jahr noch zum Friseur wollten, strömten in die Stadtzentren.

Aus Den Haag, Nijmegen oder Utrecht gab es Berichte über volle Innenstädte. In Rotterdam war die Situation so schwierig, dass die Stadt die Bürgerinnen und Bürger dazu aufrief, zu Hause zu bleiben. Die Parkhäuser waren voll, es wurden zusätzliche Verkehrsleitsysteme eingesetzt und eine Zufahrtsstraße sogar ganz gesperrt.

Omikron-Variante soll dominant werden

RIVM-Direktor Jaap van Dissel berichtete, in der Hauptstadt Amsterdam würde die Omikron-Variante bereits 25 Prozent aller neuen Infektionen ausmachen. Er gehe davon aus, dass zwischen Weihnachten und Neujahr die neue Form des Corona-Virus dominant geworden sein und dann die Delta-Variante verdrängt haben wird. Zur Gefährlichkeit der neuen Variante seien zurzeit aber noch viele Fragen offen.

Dabei waren nach Einführung des Abendlockdowns Ende November die Infektionszahlen und auch die Krankenhausaufnahmen der vierten Welle endlich gesunken. Omikron scheint hier nun einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Die Erwartung der harten Maßnahmen führte aber auch zur Kritik, die Niederlande hätten zu spät mit den Auffrischungsimpfungen ("Boostern") angefangen. Zudem hieß es, der Druck auf das Gesundheits- und Pflegesystem sei auch deshalb so hoch, weil man die Maßnahmen im Sommer zu schnell gelockert hätte.

Van Dissel räumte ein, dass sich die Omikron-Variante als harmloser herausstellen könne. Wenn man aber nicht jetzt reagiere, dann sei es im Januar 2022 zu spät für härtere Maßnahmen. Somit ist der Lockdown ab dem heutigen 19. Dezember der Erste, der präventiv wirken soll.

Die neuen Maßnahmen bedeuten unter anderem, dass "nicht-essenzielle" Geschäfte gar nicht mehr öffnen dürfen. Diese konnten bisher bis 17 Uhr Kunden empfangen. Das gilt beispielsweise für Kaufhäuser, Kinos und Restaurants aber auch für Friseure und Fitnessstudios oder Sportvereine. Restaurants können Essen aber weiterhin abholen beziehungsweise liefern lassen.