Lateinamerika: Die Ukraine ist weit weg, der Russland-Handel wichtig
- Lateinamerika: Die Ukraine ist weit weg, der Russland-Handel wichtig
- Ausschluss Russlands aus der G20? Lateinamerika hält sich zurück
- Auf einer Seite lesen
Regierungschefs südlich der USA erklären sich solidarisch mit der Ukraine und Opfern des russischen Angriffs. In die Phalanx gegen Moskau werden sie sich nicht einreihen
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine bemüht sich die US-Diplomatie um eine kontinentale, gesamtamerikanische Position, allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Dass sich die erklärten linken Regierungen wie Kuba, Venezuela, Nicaragua und Bolivien weigerten, die russische Invasion zu verurteilen und Sanktionen zu erlassen, war keine Überraschung.
Allerdings belegen auch die Reaktionen in Mexiko, Brasilien und Argentinien den seit Längerem schwindenden Einfluss des "großen Bruders". Washington hat längst kein Projekt mehr für den amerikanischen Kontinent, weder politisch noch ökonomisch. Kein Wunder, dass man dort eigene Wege geht, die vom Dollar wegführen und den Weg hin zu neuen Partnern wie Russland und die Volksrepublik China ebnen.
Nach den Ereignissen in Butscha nördlich von Kiew wollte die US-Regierung unter Präsident Joseph Biden die Russische Föderation aus dem UN-Menschenrechtsrat ausschließen und machte sich auf Stimmenfang. US-Außenminister Anthony Blinken drängte in einem Telefongespräch seinen argentinischen Amtskollegen Santiago Cafiero zur Zustimmung – mit dem wenig vornehmen Hinweis auf die Verschuldung des Landes. Am Ende bekam Blinken die Stimme aus Buenos, der Antrag für den Ausschluss ging mit 93 Stimmen durch.
So begründet die EU Sanktionen gegen russische Politiker und Journalisten (23 Bilder)
Allerdings bleibt die argentinische Regierungspartei in der Russland-Frage gespalten. Vizepräsidentin Cristina Kirchner hatte die Ernennung ihres Vertrauten Eduardo Zuaín für den Botschafterposten in Moskau durchgesetzt, um die guten Beziehungen zu pflegen.
Zuaín verurteilte die russische Invasion nicht. Und ihr Sprecher Oscar Parrilli beschwerte sich nach dem Massaker in Butscha öffentlich: Die Vorwürfe hätten erst einmal überprüft werden müssen: "Argentinien hätte sich enthalten sollen und nicht diejenigen unterstützen, die gegen uns sind."
Die Putin-Regierung unterstütze die Haltung von Buenos Aires in der Frage der Malwinen (Falkland-Inseln), erinnerte Parrilli, um zu einem "ethischen Anti-Kolonialismus" aufzurufen.
Die frühere argentinische Botschafterin in London und Caracas, Alicia Castro, ebenfalls aus dem Dunstkreis Kirchners, bezeichnete die argentinische Regierung auf Twitter als Handlanger ("peón") der USA.
Und die regierungsnahe Tageszeitung Página12 schimpfte über die Beiteilung der argentinischen Regierung an der "russenfeindlichen Kampagne".
Brasilien und Mexiko hatten sich bei der Sanktionsabstimmung in der UNO übrigens enthalten – wohlgemerkt; das Brasilien des ultrarechten Jair Bolsonaro. Der Grund ist einfach: Russland liefert Kali- und Stickstoffdünger, und von ihm sind die Landwirtschaften dieser beiden Länder abhängig.
Bolsonaro hatte Putin erst im März seine Aufwartung gemacht; es ging nicht nur um die Sicherstellung der Düngemittelgeschäfte. Russland unterstützt die Souveränität Brasilias über das Amazonas-Gebiet.