Leider doch kein Beat Surrender

Seite 4: "Walls come tumbling down"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bereits im Frühjahr 1983 hob Weller mit seinem neuen Kompagnon Mick Talbot ("er hat Zähne für zwei" - Clara Drechsler), der vorher bei der Mod-Revival-Kombo The Merton Parkas und den Dexy Midnight Runners Keyboards gespielt hatte (und Jahre später mit Galliano die Spekulationen des Theodor W. Adorno über Jazzmusik zu weisen Voraussagen geraten ließ) Style Council aus der Taufe. Damit standen ihm alle Möglichkeiten offen - und man kann sagen: er nützte keine davon. Nachdem The Jam eine sehr ernste, englische, recht maskuline, gitarrenbetonte kleine Band war, verkehrte Weller alles ins Gegenteil, wobei die Wellersche Ironie und Androgynität, seine Liebe zu Soul, Funk und leider auch Jazz ihn seiner verbissenen Fangemeinde entfremdete ohne aber einen größeren eigenen Charme zu entwickeln.

Nach fünf hinreißenden Singles: Dem bezaubernden "Speak Like A Child", dem wütenden Prügelfunk von "Money Go Round", dem wundervollen Modern Soul-Stück "Long Hot Summer", dem massiv Link auf http://www.heise.de/tp/r4/artikel/11/11381/1.html "A Solid Bond In Your Heart" und dem meisterlichen "My Ever Changing Moods" war die erste LP "Café Bleu" gleich eine herbe Enttäuschung. Eine Seite mit höchst mittelmäßigen Jazznummern, die andere Seite mit Rap, Funk, Schmusesoul und insgesamt zwei guten Stücken ("Here's One That Got Away" und "Headstart For Happiness"), da wandten sich die Jam-Fans (die sich zum Großteil aus Vorreitern der Ladkultur rekrutierten) mit Grausen ab.

Der Nachfolger "Our Favourite Shop" war zwar musikalisch besser, ohne aber insgesamt als eklektizistisches Gemisch aus Soul, Funk, Jazz, Pop und Chanson mit zunehmender politischer Didaktik in den Texten eine spezifische künstlerische Haltung zu vermitteln. Je konkreter Weller in seinen angefunkten Manifesten mit seinen politischen Vorstellungen wurde, desto mehr entpuppte sich der kommunistische Working-Class-Shakespeare als lupenreiner linksdrehender Sozialdemokrat, der obendrein noch mit seinem Kumpel Billy Bragg 1987 die Pro-Labour-Initiative "The Red Wedge" ins Leben rief. Damit konnte zwar die Wiederwahl von Margret Thatcher nicht gestoppt werden, dafür durfte der zukünftige George Bush-Spezi und Gerhard Schröder-Bruder im Geiste Tony Blair ("Thatcher in trousers" - Eric Hobsbawm) erstmals sein kasperlhaftes Anlitz im Rampenlicht präsentieren.

Mit der Hinwendung zum Contemporary Soul und zur House Music konnte sich Weller (ein Traum des alten Mods) endlich inmitten einer brandneuen schwarzen musikalischen Bewegung wähnen. Seine Musik verlor aber auch erheblich an Prägnanz: Der Weller-Nimbus war gebrochen. Style Council mussten mit einem erheblichen Popularitätsschwund kämpfen. Die letzte LP, das Deep-House Album "Modernism: A New Decade" wurde von Polydor nicht mehr veröffentlicht. Die Band löste sich daraufhin 1989 auf.