Leider doch kein Beat Surrender
Seite 5: Der "Modfather"
Am Tiefpunkt seiner Karriere angelangt, gab Weller seine Anti-Gitarren-Attitüde auf und konvertierte nach zwei annehmbaren Alben zum Rock. Am Höhepunkt der Brit-Pop-Welle von den Ober-Debilofanten der Band Oasis ("No one likes a Noel" - Julie Burchill) mit dem saublöden "Modfather"- Prädikat versehen, reüssiert er seitdem als Rainald Goetz (der mittlerweile gleichfalls seit 20 Jahren vom Ruhm seines Frühwerks zehrt) des britischen Rock.
Dabei regredierte Weller nach und nach zum Klischee seiner selbst, bis er letztendlich in der Rock'n'Roll Hall Of Fame angelangte: Als blondiertes und solariumsgebräuntes Brit-Pop-Denkmal, äußerlich eine Mischung aus Marius Müller Westernhagen und Mutter Weller, im Kern allerdings Westernhagen ohne Mama, aber einer, der Gitarre spielen kann. Wir halten fest: Paul Weller war nach einer anfänglichen, kurzen Phase inspirierten townsendschen Epigonentums der klassische Songwriter der britischen Popmusik während der Ära Thatcher, die er für immer in funkelnde Pop-Juwelen komprimiert und darin festgehalten hat. Mit Style Council trat er in seine naturalistische Black-Music-Phase um sich in seiner bislang fortwährenden Solokarriere dem späten Schaffensdefäitismus eines Heiner Müller oder Joe Cocker anzunähern.
Mit seiner wahrscheinlich richtigen Entscheidung, The Jam aufzulösen, hat es Weller am Anfang seiner bis heute anhaltenden und mittlerweile voll entfalteten Schaffenskrise immerhin geschafft, seine erste Band von seinem (wenn man sein Gesamtwerk betrachtet und ob seiner technischen Meisterschaft) nicht unbeträchtlich mediokren Muckertum fernzuhalten. Anderseits wären wahrscheinlich ohne Jam-Split die Christenrocker von U2 verdientermaßen die irischen Pur und somit der Welt erspart geblieben, deren globaler Siegeszug erst 1983 begann. Und ein Leben ohne Bono Vox wäre in der Tat selbst die ein oder andere misslungene Jam-LP wert gewesen.
1977, am Beginn seiner Karriere hatte sich Weller in einem Interview einmal über Ruhm wie folgt geäußert: "Wenn ich 30 bin, möchte ich nicht, dass ein achtjähriger Kid zu mir aufsieht. Der soll sein eigenes Ding machen. Mich vergessen. So soll es sein." - Paul Weller ist also mit 50 und zwanzig Jahren Verspätung letztendlich doch noch der geworden, welcher er mit 18 nie sein wollte und dazu gratulieren wir ihm recht herzlich.