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EZB-Präsident Draghi nannte einen Geldregen für Verbraucher kürzlich ein "sehr interessantes Konzept"
Die Idee, Zentralbankgeld direkt den Bürgern zu schenken, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Inflation anzutreiben, ist nicht neu. Sie wurde aber in der theoretisch angedachten Form bisher nie umgesetzt. Angesichts des Scheiterns der Geldschwemme wird darüber nun aber in Europa debattiert. Da weder Nullzinsen, Negativzinsen für Einlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) oder die ständige Ausweitung der Anleihekäufe die Inflation antreiben noch die Konjunktur ankurbeln, wird nun auch in der EZB die alte Idee von Nobelpreisträger Milton Friedman debattiert. Der verzweifelte EZB-Chef Mario Draghi nannte Friedmans Überlegungen kürzlich ein "sehr interessantes Konzept".
Über die verzweifelten geldpolitischen Versuche der EZB und ihres Chefs Mario Draghi wurde schon reichlich geschrieben (Immer riskantere EZB-Politik). Es zeigt sich aber, dass erwartungsgemäß die Nullzinspolitik, immer höhere Negativzinsen auf Einlagen bei der Zentralbank und die Tatsache, dass die Notenpressen immer schneller laufen, um mehr Anleihen zu kaufen, nicht die erhofften Effekte zeigen. Eigentlich ist die EZB vor allem für die Geldwertstabilität verantwortlich, weshalb sie für eine Inflationsrate im Bereich von 2% sorgen soll.
Doch die Realität sieht seit geraumer Zeit im Euroraum anders aus. Weiterhin herrscht eine Deflationstendenz. Im März soll sie sich nach Schätzungen von Eurostat gegenüber Februar zwar leicht abgeschwächt haben, doch die Rate ist mit -0,1% weiter negativ. Seit mehr als einem Jahr oszilliert die offizielle Inflationsrate zwischen - 0,3% und + 0,3%. Eine Erfüllung der Zielmarke von 2% ist weiterhin nicht in Sicht.
Man kann also getrost konstatieren, dass auch das enorme EZB-Anleihenkaufprogramm, das vor einem Jahr mit einem Umfang von gut einer Billion Euro gestartet wurde, gescheitert ist, misst man es am EZB-Auftrag: "Das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten." Längst hatte Draghi aber immer unverhohlener die Konjunkturförderung in den Vordergrund gerückt und die EZB-Geldpolitik vor allem mit der schwächelnden Konjunktur im Euroraum begründet (Immer riskantere EZB-Politik). Einfluss auf sie darf die EZB aber eigentlich nur ausüben, "soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist". Das Problem der Geldpolitik der EZB ist aber, dass sie unter Draghi immer stärker politischen Vorgaben gefolgt ist. Und die Forderungen nach Stimulierung der schwächelnden Konjunktur über die Zentralbank wurden immer stärker.
Trotz aller finanzpolitischen Konjunkturprogramme bleibt das Wachstum schwach
Deshalb stieg die EZB bald auch immer tiefer in den Währungskrieg ein. Über die gezielte Schwächung des Euros sollen Vorteile auf dem Weltmarkt erreicht werden. Ein schwächerer Euro bedeutet, dass Exporte in andere Währungsräume billiger werden, womit die Wettbewerbsfähigkeit der Euroländer gesteigert wird. Auch deshalb wird die Geldschwemme immer weiter ausgeweitet. So wurde Anfang März der nächste große Schritt gegangen und der Leitzins sogar auf null gesenkt, zudem sollen monatlich Anleihen im Umfang von 80 Milliarden Euro - statt bisher 60 Milliarden - gekauft werden. Das Programm wurde damit auf 1,74 Billionen Euro ausgeweitet und nun werden nicht nur Staatsanleihen, sondern auch Unternehmensanleihen aufgekauft.
Trotz der ständigen Aufkäufe, Anhebungen von Negativzinsen, um die Banken zur Vergabe von Krediten zu drängen, und extrem niedrigen Leitzinsen, halten nicht nur die Deflationstendenzen an, sondern auch das Wachstum ist in der Eurozone weiter schwach. Als Nebeneffekt kann aber zusehends eine Blasenbildung beobachtet werden, weshalb die US-Notenbank (FED) ihre Anleihekäufe zunächst komplett zurückgefahren hat. Zuletzt hat sie sogar die Leitzinsen wieder leicht angehoben, um Geld vom Markt zu nehmen, da die Wirtschaft in den USA stabil wächst (Zinswende in den USA).
In Europa sieht es dagegen anders aus. Zuletzt schätzte Eurostat, die Wirtschaft im Euroraum sei im vierten Quartal 2015 um 0,3% im Vergleich zum Vorquartal gewachsen. Ohne die Effekte aus dem relativ schwachen Euro, den extrem niedrigen Energie-, Rohstoffpreisen und Zinsen wäre auch dieses schwache Wachstum vermutlich inexistent. Denn jeder einzelne dieser Faktoren wirkt praktisch wie ein enormes Konjunkturprogramm.