Libyen: Seenotrettung durch NGOs und türkische Kriegsschiffe

Dem Motto der Berliner Konferenz zu Libyen: "Keine Einmischung von außen" wird täglich widersprochen

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Anderthalb Wochen nach der Berliner Konferenz zu Libyen sieht es nicht danach aus, als ob sich an der Misere im Land Entscheidendes ändern würde. Stattdessen machen Seenotrettungsaktionen den Eindruck, dass Fluchtimpulse stärker denn je sind.

Das Waffenembargo, dessen Durchsetzung der "Berliner Prozess" zu einer seiner Hauptsachen machte, wird nicht eingehalten. Die UN-Unterstützungsmission in Libyen prangert deutliche Verstöße an. Zahlreiche Flugzeuge seien die vergangenen zehn Tage dabei beobachtet worden, wie sie Fracht ins Land gebracht hätten, die die kriegerischen Parteien mit hochentwickelten Waffen, gepanzerten Fahrzeugen, Militärberater und Kämpfer versorgen, liest man in der Stellungnahme der United Nations Support Mission in Libya (UNSMIL).

Der Weg zum Waffenstillstand, den der Berliner Prozess ebnen sollte, hat noch eine weite, beschwerliche Strecke vor sich. Denn, wie schon die fortgesetzten Waffenlieferungen bezeugen, richten sich die kämpfenden Parteien weiter darauf ein, dass wichtige Gewinne nicht über politische Prozesse, sondern wie gehabt mit militärischen Mitteln erreicht werden. Jüngste Raketen-Angriffe auf den Flughafen Mitiga deuten jedenfalls darauf hin, dass es beim alten Sortiment der Mittel bleibt, wenn es um die Verfolgung von Zielen in Libyen geht.

"Keine Einmischungen von außen mehr", hieß ein Leitmotiv, das bei der immerhin hochkarätig besetzten Berliner Konferenz herausgehoben wurde. Dem Eindruck nach, den die genannten Beobachtungen vermitteln, sind dies bislang nicht sonderlich ernstzunehmende Absichtserklärungen, da sowohl die Vereinigten Arabischen Emirate wie die Türkei weiter auf dem libyschen Schauplatz mitmischen. Beide Länder haben genug "Pfänder" oder Gewicht, um keine allzu kritischen Gegenmaßnahmen für ihre libyschen Aktivitäten befürchten zu müssen.

Wie wichtig etwa die Unterstützung der Vereinigten Arabischen Emirate für großräumige politische Pläne sind, zeigt sich am großen "Friedensplan", den Trump und Netanjahu aktuell vorstellten (Trumps Friedensplan: Konstruktion eines Gefängnisstaats). Und aus Berlin gibt es parallel zu den Ambitionen zum libyschen politischen Prozess ein Laufband an politischen Mitteilungen, die Ankara ständig versichern, wie wichtig die Partnerschaft zur Türkei aus "geopolitischen Gründen" ist. Dass Erdogan die Einheits-Regierung in Libyen (GNA) unterstützt, die erst durch die Vermittlung der UN zustande kam, und die auch von der EU große finanzielle Hilfe erhält, spricht mit einigen anderen Punkten ebenfalls nicht dafür, dass aus Berlin tatsächlich relevante Gegenschritte gegen Erdogans Libyen-"Engagement" erfolgen.

Auffallend ist, dass die privaten Seenotretter in diesen Tagen bei kalten Wasser- und Lufttemperarturen wieder sehr viel zu tun hatten. Die Rettungsschiffe Alan Kurdi, Ocean Viking warten mit insgesamt beinahe 500 geretteten Migranten an Bord darauf, dass die Zusagen aus Malta, die Migranten zu übernehmen, und aus Rom, dass die Migranten in einem italienischen Hafen gebracht werden können, erfüllt werden. Auch das Rettungsschiff Open Arms soll 158 Menschen an Bord haben und noch auf Zusagen für einen sicheren Hafen warten.

Der Bericht der Zeit bestätigt den Eindruck, der aus kleineren Meldungen in sozialen Netzwerken, besonders Twitter, aufscheint, dass es derzeit zu erstaunlich vielen Rettungseinsätzen kommt - auch von der libyschen Küstenwache.

Dabei kam es offenbar zu einer bemerkenswerten Zusammenarbeit. So sollen zwei türkische Kriegsschiffe, die Fregatten Gabya und Gaziantepo, Migranten aufgenommen haben und sie der libyschen Küstenwache übergeben, um sie nach Libyen zurückzubringen (siehe auch hier). Die Meldung, die sozialen Netzwerken kursiert, wurde bislang aber nicht offiziell bestätigt. Sie hat einige Plausibilität, da die Türkei mit der Küstenwache, die von der GNA beaufsichtigt wird, zusammenarbeiten soll, wie dies beim Sicherheitsabkommen zwischen der Türkei und der libyschen Einheitsregierung auch zur Sprache kam.

Zum Gegenstand von Spekulationen wird sie durch den Einsatz der beiden türkischen Kriegsschiffe vor der libyschen Küste, weil deren Präsenz von manchen als eine weitere Militärhilfe für die GNA-Regierung gedeutet wurde. Die Türkei würde durch Kriegsschiffe - mancherorts - zählte man bereits vier, die GNA militärisch, etwa mit einer Verstärkung der Luftabwehr, unterstützen, lautete eine Annahme, die ziemlich ausgebreitet wird.

Dem steht die Erklärung gegenüber, dass die türkischen Fregatten lediglich an der Nato-Operation "Sea Guardian" teilgenommen hätten und nichts weiter an der Küste vor Libyen vorhätten und auch die Seenotrettung rein zufällig erfolgte. Äußerungen, die der türkische Regierung zugesprochen werden, unterstützen die Ansicht, dass der Einsatz der Fregatten einzig im Nato-Rahmen erfolgte. Über die Art des Einsatzes werden die folgenden Tage und Wochen Klarheit bringen. Die Frage, wie man am besten mit Migranten aus Libyen umgeht, bleibt noch länger offen.