Liechtenstein und Co.
Auch in der EU gibt es zahlreiche Steueroasen - und ein attraktives Steuerparadies findet man auch im US-Bundesstaat Delaware
Seit die Bochumer Staatsanwaltschaft den Postchef heimsuchte, herrscht etwas Aufregung unter Deutschlands reichen Steuerhinterziehern. Dabei brauchen sie sich eigentlich keine Sorgen zu machen. Denn die Fangquote ist schon deshalb gering, weil es den Geldsuchern nicht nur an Personal fehlt, sondern die Möglichkeiten des Steuersparens auch innerhalb der EU mannigfaltig sind.
Finanzminister verhindert Schwarzgeldsuche
Ohne Datenklau in Liechtensteiner Geldversteckeinrichtungen, wie vor einigen Jahren bereits bei der Firma Batliner (Alle Jahre wieder...), , bei der auch die CDU jahrelang ihre Schwarzgelder versteckte, und nun in der fürstlichen LTG-Bank stände die Bochumer Schwerpunktstaatsanwaltschaft ziemlich hilflos da. Denn nach der bisher gültigen Gesetzes- und Verordnungslage dürfen die Zöllner an deutschen Grenzen nicht einmal Erkenntnisse aus den bei Kontrollen vorgefundenen Kontoauszügen oder anderen Bankunterlagen an die jeweils zuständige Steuerfahndung in den einzelnen Bundesländern weitergeben. Das verhindert bisher ausgerechnet das für die Steuereintreibung zuständige Bundesministerium der Finanzen. Auch wenn dessen Sprecher Torsten Albig nicht müde wird, etwa in der Bundespressekonferenz Steuerhinterziehung als schweres Verbrechen zu geißeln.
Wir haben es hier mit Vergehen zu tun, die mit einer Strafe von bis zu zehn Jahren versehen sind. Dies ist Kriminalität. (...)Wir sollten uns doch gemeinsam auf der Plattform bewegen, dass es hierbei um Kriminalität geht, um Kriminelle, die sich gegen die Rechtsordnung wenden, und dies wie andere Kriminelle auch, wie Diebe, wie Räuber, wie Hehler oder andere Verbrecher, die wir moralisch alle gleich bewerten.
Torsten Albig
Doch sein Ministerium verhindert seit Jahren eine effektivere Schwarzgeldsuche. Darauf machte das ARD-Magazin Monitor schon 2005 aufmerksam
Einem internen Bericht aus dem Hauptzollamt Singen zufolge wurden allein von Januar bis Dezember 2003 nicht weniger als 2337 Kontrollmitteilungen an Finanzämter verschickt. Fast 1,4 Milliarden Euro standen unter dem Verdacht, nicht versteuert zu sein. Statt diese Kontrollen zu intensivieren oder zumindest fortzusetzen, wurde die Suche per Erlass vom 17. Mai 2004 allein auf Geldwäsche reduziert. In dem Papier aus der Oberfinanzdirektion Karlsruhe heißt es: "Daher haben Maßnahmen, die (...) allein darauf gerichtet sind, solche Unterlagen als Kontrollmaterial (...) zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden zu finden, zu unterbleiben."
Zollbeamte vermuteten, dass einflussreiche Steuerhinterzieher sich über Kontrollen beschwert hatten. An dieser Haltung hat sich im Bundesfinanzministerium nichts geändert. Trotz aller Tiraden des Pressesprechers gegen die „Kriminellen“ gilt der Erlass bis heute. Unter dem Aktenzeichen III B 7 –Z 2761- 22/05 wurde festgeschrieben, dass nur unter dem Aspekt der Geldwäsche „bei Bargeldkontrollen gefundene Schriftstücke (...) dahin gehend geprüft/gesichtet werden (dürfen), ob sie Hinweise auf eine Beförderung von Zahlungsmitteln enthalten...“.
Für die Gewerkschaft der Polizei ein Unding. Der Vorsitzende der Kreisgruppe Bundesfinanzpolizei Südbaden, Robert Möhring, findet es „widersinnig, dass Finanzbehörden unter sich (Bund-Land) Informationen über steuerlich erhebliche Tatbestände nur unter eingeschränkten Bedingungen austauschen dürfen, während der Informationsfluss zwischen Landesfinanzverwaltung und Sozialbehörden, Berufsgenossenschaften usw. ungehindert stattfinden kann...“ An der Grenze geht es um wohlhabende Steuerhinterzieher, beim Austausch von Informationen mit den Sozialbehörden hingegen um Sozialhilfeempfänger oder Bezieher von Hartz IV. Und die dürfen hemmungslos überwacht und gerne auch mal von Behörden schikaniert werden.
Bundesinnenminister schließt die Gesetzeslücke
Erst jetzt hat das Bundeskabinett eine Änderung der Gesetzgebung beschlossen. Im Zuge des vom Bundesinnenminister vorgelegten Entwurfs eines “Gesetzes zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz) wird auch der entsprechende Passus im Zollverwaltungsgesetz geändert. Damit wird auf Betreiben des CDU-Bundesinnenministers ein Gesetz „reformiert“, welches der Bundesfinanzminister zuletzt erst am 13. Dezember 2007 verändert hatte. Der Bundesfinanzminister (SPD) hatte bei seiner Gesetzesänderung im Dezember letzten Jahres keine Notwendigkeit gesehen, die von ihm selbst geschaffene Kontrolllücke zu schließen. Künftig soll
die Übermittlung personenbezogener Daten an andere Finanzbehörden auch dann zulässig sein, „soweit ihre Kenntnis von Bedeutung sein kann zur Durchführung 1. eines Verwaltungsverfahrens in Steuersachen, 2. eines Strafverfahrens wegen einer Steuerstraftat, 3. eines Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit oder 4. eines Verwaltungsverfahrens wegen unerlaubter Finanztransferdienstleistungen.
Die in der Gewerkschaft der Polizei organisierten Zollbeamten begrüßten den Gesetzentwurf. Ihr Sprecher Frank Buckenhofer ktitisierte, dass das Bundesministerium der Finanzen (BMF) „bisher diese Möglichkeit zur wirksamen Bekämpfung von Steuerhinterziehung seinen Zollbeamten an den Grenzen nicht einräume. „Steuerhinterzieher, wie die gerade ins Gerede gekommen Prominenten, hätten Zollkontrollen bei der Fahrt über die Grenze zu ihren Auslandsvermögen nicht fürchten brauchen. Das soll jetzt anders werden.“
Doch solange die Steuerfahndung unter Personalknappheit leidet, werden sich die reichen Steuerverweigerer keine Sorgen machen müssen. Selbst die meisten Nutzer der rund 75.000 Stiftungen in Liechtenstein werden auch künftig kaum einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der von ihnen gerne genutzten Infrastruktur in Deutschland leisten.
Liechtenstein ist nicht alleine
Der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sagte im rbb-Radio, es sei unglaublich schwierig, Steueroasen auszutrocknen. Man solle nicht nur auf Liechtenstein schauen. Die Schweiz sei der "größte Bremser im Kampf gegen die Steuerhinterziehung".
Tatsächlich verhält sich die Schweiz in den Verhandlungen etwa über das Betrugsbekämpfungsgesetz wesentlich hartnäckiger als das öffentlich beschimpfte Fürstentum. Aber auch Österreich bietet weiterhin im Kleinwalsertal Vorzugsbedingungen für deutsche Schwarzgeld-Touristen und – schreibt der in Zürich lebende Journalist und Leo Müller in seinem Buch „Tatort Zürich“(Econ Verlag, 2006); "Die Österreicher verhalten sich bei den Debatten innerhalb der Europäischen Union ganz still.“
Luxemburg, dessen schlauer Premier Jean-Claude Juncker gleichzeitig auch Finanzminister des Kleinstaates und derzeit Vorsitzender der EU-Finanz ist, achtet sehr darauf, dass sich in der EU nichts gegen die Interessen seines heimischen Finanzplatzes entwickelt. So erklärte er in einem Interview im März 2007 über die größer werdende EU:
Es liegt auf der Hand, dass überall dort, wo Einstimmigkeit erfordert ist, substanzreiche Entscheidungen nur sehr schwer möglich sind. Trotzdem bin ich der Meinung, dass es in vielen Bereichen, wie z.B. in der Steuerpolitik, bei der Einstimmigkeit bleiben muss.
Jean-Claude Juncker
Verständlich, denn Luxemburg ist nach wie vor ein beliebter Ort zur Steuerersparnis. Leo Müller zufolge wird in Luxemburg „mehr als eine Billion Euro-Kundenvermögen verwaltet“.
Luxemburg und Österreich bestehen auf Bankgeheimnis
Im Sommer 2005 wurde endlich die von Finanzpolitikern lange geforderte EU-Zinsrichtlinie Wirklichkeit. Danach müssten eigentlich alle EU-Staaten und einige Steueroasen in Übersee wie die Cayman-Inseln oder Gibraltar automatisch Informationen (Kontrollmitteilungen) über Bankverbindungen an die jeweiligen Steuerbehörden versenden, so dass das örtliche Finanzamt prüfen kann, ob die Auslandskonten vom Anleger auch angegeben wurden.
Doch die EU-Länder Österreich, Luxemburg und Belgien haben darauf bestanden, ihr Bankgeheimnis zu schützen. Sie erheben - ebenso wie die auf diese Weise in die EU-Zinsrichtlinie eingebundenen Drittstaaten Schweiz, Liechtenstein, Andorra, San Marino, die britischen Kanalinseln und die Niederländischen Antillen - eine anonyme Quellensteuer, sofern der Anleger keine Kontrollmitteilungen wünscht. Der Satz steigt ab Juli dieses Jahres von 15 auf 20 Prozent, in der Endstufe ab Juli 2011 auf 35 Prozent.
EU-Erweiterung brachte weitere Steuerparadiese
Mit der schönen Ferieninsel Malta nahm die EU eine weitere Steueroase in ihre Reihen auf. Diese Insel wird von „Anlageberatern“ ob ihrer Verschwiegenheit sehr geschätzt. Die Gründung von Offshore-Firmen auf Malta erfreut sich ähnlicher Beliebtheit wie die auf den Seychellen, in Belize oder den zu Großbritannien gehörigen Virgin Islands. Offshore-Firmen garantieren absolute Anonymität, Datenschutz, Haftungsschutz ohne Stammkapitalpflicht. Es wird keinerlei Nachweis einer Befähigung zu dem jeweiligen Geschäftsbereich verlangt und jegliche Geschäftstätigkeit ist erlaubt. Zahlreiche deutsche Firmen verfügen über eine steuersparende Holding auf der Mittelmeerinsel.
Auch das neue EU-Mitglied Lettland wird von Anlageberatern als „Steueroase“ gefeiert. So lobt Anwalt aktuell, das „unabhängige Magazin zur Information über aktuelle Entwicklungen der Gesetzgebung und Rechtsprechung in Österreich“, dieses baltische Land als „Spitzenreiter in Sachen Wirtschaft und Steuern.“ Die Besteuerung von Unternehmensgewinnen sei weiterhin rekordverdächtig niedrig: “Während in diesem Zusammenhang häufig Länder wie die Slowakei oder Zypern im Rampenlicht stehen, verdient Lettland insbesondere aufgrund der 0%-Steuer auf ausgeschüttete Gewinne von GmbHs Erwähnung“.
Wem die Kleinstaaten in Europa samt der zugehörigen Inseln zu nah am deutschen Fiskus sind, der kann seine Firma auch im US-Bundesstaat Delaware gründen. Dort gelten Gesetze, denen zufolge nur US-Geschäfte versteuert werden müssen. Wenn von der Geschäftstätigkeit keine US-Lieferanten oder -Abnehmer berührt werden, wird einmal jährlich lediglich eine Steuer in Höhe von 50 US Dollar fällig.
Offshorefirmen in Delaware benötigen keinerlei Stammeinlage und garantieren einen Pfändungs- und Vermögensschutz und bewahren vor einer Durchgriffshaftung im Konkursfall. Wenn also nichts mehr hilft und hierzulande Steuerfahndung und Staatsanwalt drohen, hilft die Flucht in jenes Land, dessen Präsident die Welt ansonsten in brave und in Schurkenstaaten einteilt.