Lieferkettengesetz: Mehr Menschenrechte ins Geschäft
Seite 2: Lieferketten und die Sorge um die Menschenrechte
- Lieferkettengesetz: Mehr Menschenrechte ins Geschäft
- Lieferketten und die Sorge um die Menschenrechte
- Das Pflichtenheft für die Sorgfalt bei den Lieferketten
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Die Liste der Bereiche ist lang, in denen die deutsche Regierung die Menschenrechte bedroht sieht:
Referentenentwurf vom 28.2.2021, Das Gesetz
- das Verbot der Beschäftigung eines Kindes unter dem zulässigen Mindestalter…
- das Verbot der schlimmsten Formen der Kinderarbeit für Kinder unter 18 Jahren…
- alle Formen der Sklaverei oder sklavereiähnlichen Praktiken, wie den Verkauf von Kindern und den Kinderhandel, Schuldknechtschaft und Leibeigenschaft sowie Zwangs- und Pflichtarbeit….
- Heranziehen, Vermitteln oder Anbieten eines Kindes zur Prostitution…
- das Verbot der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit; damit ist jede Arbeitsleistung oder Dienstleistung gemeint, die von einer Person unter Androhung von Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat…
- das Verbot aller Formen der Sklaverei…..
- das Verbot der Missachtung der nach dem anwendbaren nationalen Recht geltenden Pflichten des Arbeitsschutzes…
- das Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit…
- das Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigung, etwa auf Grund von nationaler oder ethnischer Abstammung, sozialer Herkunft, Gesundheitsstatus, Behinderung, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, politischer Meinung, Religion oder Weltanschauung, sofern diese nicht in den Erfordernissen der Beschäftigung begründet ist…
- das Verbot des Vorenthalten eines angemessenen Lohns, der angemessene Lohn bemisst sich nach den Regelungen des Beschäftigungsortes und beträgt mindestens die Höhe des nach dem anwendbaren Recht festgelegten Mindestlohns….
- das Verbot der Herbeiführung einer schädlichen Bodenveränderung, Gewässerverunreinigung, Luftverunreinigung, schädlicher Lärmemission oder eines übermäßigen Wasserverbrauchs….
- das Verbot der widerrechtlichen Zwangsräumung und das Verbot des widerrechtlichen Entzugs von Land, Wäldern und Gewässern…
Die angeführte Liste zeigt zunächst einmal, was alles bei der Benutzung der Welt durch kapitalistische Unternehmen alles an Ekligkeiten und Schädigungen bei Mensch und Natur anfällt. Gegen diese Schädigungen wendet sich das Gesetz insofern, als diese gegen die Regeln der freien Marktwirtschaft verstoßen. Kinder sind nicht geschäftsfähig, also auch nicht als Arbeitskräfte zu benutzen. Sklaverei verstößt gegen die Freiheit der Person, die aus freien Stücken ein Arbeitsverhältnis eingehen soll.
Persönlicher Zwang widerspricht dem, es reicht der stumme Zwang, der eigentumslose Personen dazu zwingt, sich als Arbeitskraft zu verkaufen, um an die Mittel für den eigenen Lebensunterhalt zu kommen. Weil sie gezwungen sind, Geld zu verdienen, gehen sie freiwillig ein Arbeitsverhältnis ein, bei dem der Arbeitgeber bestimmt, was er bereit ist zu bezahlen und was dafür zu leisten ist.
Das Recht, sich als Arbeitskraft zu erhalten und seine Interessen zu vertreten, wird anerkannt, indem Arbeitsschutz und Koalitionsfreiheit zugestanden werden. Dass Arbeitgeber ihre Arbeitskräfte auswählen und damit Diskriminierung betreiben, ist erlaubt, soweit sich dies dem Betriebszweck verdankt. Reine Willkür soll ausgeschlossen sein.
Aus dem Arbeitsvertrag ergibt sich auch ein Anspruch auf Lohn, was offenbar keine Selbstverständlichkeit ist. Dass der Geschäftszweck immer auch zur Ruinierung der Natur führt, davon zeugen die Ausführungen zum Naturschutz, wobei bei allen Regelungen immer wieder auch auf die nationalen Regelungen verwiesen wird, die festlegen, wie viel an Schädigung von Mensch und Natur im Lande erlaubt ist.
Denn schließlich ist auch in Deutschland einiges an Verseuchung von Luft, Wasser und Böden erlaubt. Und am Arbeitsplatz haben viele Arbeitnehmer einiges an Gift, Gasen und Staub zu schlucken, für das es in manchen Fällen eine Schmutz- oder Gefahrenzulage gibt.
Was mit dem Sorgfaltpflichtengesetz eingefordert wird von den Betrieben, ist die Einhaltung von Standards, die hierzulande üblich sind. Dass diese in der Welt nicht überall Gültigkeit haben, wird zugestanden und damit der Maßstab der Sorgfalt modifiziert: Löhne soll es geben, aber dann entsprechend dem nationalen Niveau. Dass es nicht überall Mindestlöhne gibt oder Arbeitsschutzgesetze, fällt dabei unter den Tisch. Dann kann man sie auch nicht beachten. Überhaupt weist dieses Gesetz ein gerütteltes Maß an Ignoranz auf:
Beispiel Kinderarbeit
Das Gesetz macht sich stark für ein Verbot der Kinderarbeit. Es wird auch angesprochen, dass Kinderarbeit sich der Armut der Menschen verdankt. Das Verbot ändert an der Armut nichts. Schließlich zeigt die Kinderarmut einmal mehr, dass es unmöglich ist, von Lohnarbeit oder abhängiger Beschäftigung zu leben. Denn als Lohnabhängiger sind Arbeitnehmer von der Kalkulation der Arbeitgeber abhängig. Arbeit und Lohn gibt es nur, wenn es sich für den Arbeitgeber lohnt, er einen Vorteil davon hat. Das macht die Existenz von Arbeitnehmern unsicher.
Krankheit und Alter schränken die Einkommensmöglichkeit ein und stellen damit einen weiteren Risikofaktor dar. Damit Arbeitnehmer überhaupt von ihrer Arbeit leben können, braucht es staatliche Zwangsmaßnahmen wie die gesetzlichen Sozialversicherungen, die einen Teil des Lohns gleich an der Quelle konfiszieren und verstaatlichen. Doch auch die Sicherung der Existenz der abhängig Beschäftigten durch die Sozialkassen kommt nicht ohne staatliche Zuschüsse aus.
In Ländern, wo es solche staatlichen Einrichtungen nicht gibt - und das dürfte die Mehrheit sein - besteht die Existenzsicherung in der Familie. Viele Kinder kosten zwar viel, sichern aber auch das Einkommen, wenn der Haupternährer ausfällt oder alt wird. Also gibt es reichlich Kinderarbeit. Im Sorgfaltspflichtengesetz wird auf zahlreiche internationale Vereinbarungen im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verwiesen, unter anderem auch auf eine Vereinbarung bezüglich der Kinderarbeit (Übereinkommen 138, von 1973, in Kraft getreten am 19.6.1976). Was diese bewirkt hat, zeigt eine Meldung vom 18.01.2021:
UN startet internationales Jahr zur Abschaffung der Kinderarbeit 2021
152 Millionen Kinder sind aktuell von Kinderarbeit betroffen…. In den letzten 20 Jahren wurden fast 100 Millionen Kinder aus der Kinderarbeit befreit, so dass die Zahl von 246 Millionen im Jahr 2000 auf 152 Millionen im Jahr 2016 gesunken ist.
Was da als Erfolgsmeldung daherkommt, beruht auf Schätzungen, denn Länder, in denen Kinderarbeit verbreitet ist, führen keine Statistik über Kinder, die auf Müllhalden Plastik aus Deutschland sortieren, Kabel abbrennen und sich vergiften. Insofern handelt es sich bei der Abschaffung von Kinderarbeit um eine Daueraufgabe, wie vieles im Kapitalismus.
Eine Ewigkeitsaufgabe wie der Kampf um einen auskömmlichen Lohn, der Kampf gegen soziale Ungleichheit oder Armut, um nur einige zu nennen. Zudem ist der Verweis auf getroffene Vereinbarungen wie dem Übereinkommen zur Regelung der Kinderarbeit im Rahmen der ILO ein Einmischungstitel, durch den sich nicht nur deutsche Politiker berechtigt sehen, in andere Staaten hinein zu wirken. Wann sie das tun, hängt nicht allein davon ab, ob es Kinderarbeit in dem Land gibt.
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