Lithium-Ionen-Akkus als tickende Zeitbomben auf den Straßen?

Ein ordnungsgemäßer Transport von Lithiumbatterien ist faktisch nicht zu leisten

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Wer kennt sie nicht, die grünen Kartonboxen der Hamburger "Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien" (GRS), die im Kassenbereich viele Discounter, Lebensmittelmärkte und Elektronik-Fachmärkte stehen? Auf den Kartons ist vermerkt, dass Lithium-Ionen-Akkus nur mit abgeklebten Polen eingeworfen werden dürfen. Überwacht wird das jedoch nicht.

Zudem steht an den Sammelstellen der Verkaufslokale auch kein geeignetes Material zum Abkleben zur Verfügung. Nicht einmal der Hinweis, dass man die entsprechenden Klebebänder im Laden kaufen könne, steht dort. Und das Ladenpersonal hat in der Regel auch keine bessere Auskunft, als die Aussage, man wisse dazu leider nichts. Entsprechend werden die Boxen mit Akkus und Batterien aller Art gefüllt bis der Karton voll ist.

Die Sammlung von gebrauchten Lithium-Zellen erfolgt nicht fachgerecht

Solange es sich bei den abgegebenen Batterien um entladene Zink-Kohle-Batterien handelte, war das Gefahrenrisiko noch gering. Mit dem steigenden Anfall von gebrauchten Lithium-Ionen-Zellen mit ihrer deutlich höheren Energiedichte stieg in den letzten Jahren jedoch das Risiko, dass es infolge eines Defektes oder eines Kurzschlusses zu einer gefährlichen Überhitzung kommt.

Dennoch werden die Batterien unkontrolliert in sogenannter loser Schüttung gesammelt. Sie werden nicht sortiert und hinsichtlich der korrekten Abklebung der Pole überprüft. Dafür steht weder entsprechende geschultes Personal bereit, noch will offensichtlich einer der am Sammelprozess Beteiligten die Kosten für die Kontrolle des Sammelguts und seiner ordnungsgemäßen Verpackung übernehmen.

Wenn die GRS vor zwei Jahren stolz verkündete, dass man den ordnungsgemäßen Transport von beschädigten Lithiumbatterien anbieten könne, dann sollte man bei dieser Meldung beachten, dass davon nur Lithiumbatterien betroffen sind, deren Gewicht 500 g übersteigt. In manchen Baumärkten werden inzwischen zwar verschiedene Sammelbehältnisse für die unterschiedlichen Batterietechniken aufgestellt. Eine Fehlwurfkontrolle findet jedoch in der Regel nicht statt.

Folgen des neuen ElektroG zum Recycling von elektrischen und elektronischen Geräten

Mit der im aktuellen Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) festgelegten Verpflichtung des Handels zur sogenannten 0:1-Rücknahme von Elektrogeräten mit einer Seitenlänge unterhalb 25 Zentimeter wird sich die Gefahr durch ungeordnet zurückgenommene Lithium-Ionen-Zellen noch weiter erhöhen.

Wie dies in der Praxis so ablaufen kann, dass die Vorschriften für den ordnungsgemäßen Transport der gebrauchten Batterien eingehalten werden können, ist bislang nicht geklärt. Völlig offen ist, wie die Rückgabe im Online-Handel erfolgen soll. Da die Verpflichtung zur Rücknahme nur für Online-Händler besteht, deren Lagerfläche in Deutschland mehr als 400 Quadratmeter umfasst, sind alle Händler von der Rücknahmeverpflichtung ausgeschlossen, deren Versandlager sich nicht in Deutschland befindet. Wird die Ware also aus Polen oder Tschechien an die Kunden in Deutschland verschickt, ist man von der Rücknahmeverpflichtung befreit. So will es das aktuelle ElektroG.

Fehlendes Verständnis für die Gefahren durch beschädigte Lithium-Batterien

Während der Transport von neuen Lithiumbatterien vom Hersteller zum Verbraucher in den üblichen Verbrauchsverpackungen ohne Probleme möglich ist, will man bei der Rückgabe ins Recycling die Produkte ohne ihre Umverpackung zurück, da diese getrennt gesammelt wird. Auch die vielerorts inzwischen aufgestellten Sammelcontainer für Elektrokleingeräte lassen weder eine ordnungsgemäße Lagerung, noch einen erlaubten Transport zu, denn es handelt sich systembedingt immer um eine lose Schüttung. Batterien und andere elektrische und elektronische Bauteile finden sich in den Containern in einem chaotischen Durcheinander.

Auch bei den Gitterboxen und Sammelbehältern auf den kommunalen Recyclinghöfen wird man bei näherer Betrachtung zumeist feststellen, dass das Recyclinggut in einer mehr oder weniger losen Schüttung vorliegt. Für den Transport zur stofflichen Verwertung gibt es zwar zahlreiche Ausnahmeregelungen - der Transport in loser Schüttung ist jedoch grundsätzlich nicht zulässig. Er ist dennoch mangels entsprechender Kontrolle heute die übliche Transportform.

Foto: Tanja Hempfling / Gefahrgutstandard

Kommt es zu einer Kontrolle, dann liegt in der Regel ein Verstoß gegen die Verpackungsvorschriften sowie die Beförderung in einer verbotenen Beförderungsart vor. In der Folge wird die Weiterfahrt untersagt. Die Ladung muss dann von den Verantwortlichen an Ort und Stelle neu verpackt werden. Dies wird in jedem Fall deutlich teurer als eine Sichtung und ordnungsgemäße Verpackung beim Einsammeln der gebrauchten Batterien vor dem Transport.

Die Seite Gefahrgutstandard zeigt in zahlreichen Bildern, in welchem Zustand bis heute die meisten gebrauchten Batterien und Geräte mit eingebauten Batterien und Akkus befördert werden. Dokumentiert sind derartige Kontrollen aus dem Großraum Münster. Dass die beschriebenen Probleme beim Transport mit gebrauchten Batterien jedoch nur im Münsterland bestehen, woher die verlinkten Beispiele stammen, ist nicht anzunehmen.

Anmerkung: Mit Batterien bezeichnete man im deutschen Sprachraum zumeist die nicht aufladbaren Primärzellen, wogegen aufladbare Zellen als Akkus oder Akkumulatoren bezeichnet wurden. Unter dem Einfluss der englischen Sprache, die für beide Systeme üblicherweise nur den einen Begriff "battery" benutzt, hat sich auch im deutschen Sprachgebrauch der Begriff "Batterie" auch für aufladbare Akkumulatoren eingebürgert.

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