Luftkrieg: Terror und totale Zerstörung

Seite 3: Einbunkerung

Es gibt vereinzelte Personen, Familien und Gruppen, die private Vorsorge für den Fall von Kriegen, ob "analog" oder digital, Stromausfällen, Katastrophen und Krisen betreiben. Bekannt wurden diese Menschen seit der Finanzkrise 2008 als Prepper, die Lebensmittel, Gold, Waffen und Generatoren horten und Bunker einrichten, um im Fall der Fälle sicher und abgeschlossen überleben – und wohnen – zu können.

Als Mitglied dieser Szene lebt man in seinem eigentlichen Zuhause wie auf einem Schiff, das ständig ein Rettungsboot mitführt, welches umso größer, sicherer und luxuriöser ist, je reicher und ängstlicher der Kapitän ist.

Unterirdisch angelegte Bunker, die vor allen möglichen Gefahren schützen sollen, bieten Firmen in vielen unterschiedlichen Preisklassen an. Die teuersten sind regelrechte Wohnanlagen mit Swimmingpools, Kinos, Weinkellern, Fitnessstudios und Bibliotheken neben den obligatorischen Schlaf-, Wohn- und Esszimmern.

Die Superreichen legen ihre Schutzbauten, auch "moderne Archen Noahs" genannt, gerne in vermeintlich sicheren Ländern außerhalb der großen Konfliktzonen wie beispielsweise in Neuseeland an. Manche Hersteller bieten Bunker an, in denen man mindestens ein Jahr "autonom" überleben können soll, bevor man an die Erdoberfläche zurückkehren muss. Dann sei das Schlimmste ja vielleicht überstanden.

Aber wie wohnt man in totalen Schutzgehäusen? Die Firma Vivos plant etwa, in Rothenstein bei Jena 34 Unterkünfte für 500 Menschen in einer unterirdischen, von den Sowjets im Kalten Krieg erbauten, 23 000 Quadratmeter großen, hermetisch verriegelbaren "Festung" anzubieten, die inmitten eines über 30 Hektar großen Geländes steht. Die Anlage, die ursprünglich als Munitionslager vorgesehen war, ist tief in einen Kalksteinberg geschlagen und durch dicke Stahltore geschützt. Schon die Nazis hatten die Stollen benutzt, nach der Wiedervereinigung übernahm zunächst die Bundeswehr das Gelände, verkaufte es aber wegen der hohen Kosten an die Immobilienfirma Terra Space GmbH.

Der Bunker soll vor einem direkten Flugzeugabsturz, biologischen und chemischen Waffen, Erdbeben, EMP-Angriffen, Flutkatastrophen und "praktisch jedem bewaffneten Angriff" schützen. Für die Fluchtsuchenden würde das Wohnen dort dem Aufenthalt in einer Kapsel oder einem Raumschiff zu einem anderen Planeten gleichen, ist aber hinsichtlich des Platzes wohl etwas komfortabler – und vor allem mit einem Notausgang versehen.

Wer sich schon mit der nächsten Monatsmiete schwertut, wird wohl kaum Platz in einem solchen Schutzraum finden und Sozialbunker wie im Krieg gibt es auch nicht mehr. Die gegen fast alles geschützten unterirdischen Wohnungen sind folglich auf die wohlhabende Klasse ausgerichtet, deren Mitglieder es sich leisten können, zu ihren Häusern, Zweitwohnsitzen und Feriendomizilen noch eine zusätzliche Unterkunft zu finanzieren, die fortwährend so versorgt werden muss, dass man jederzeit plötzlich einziehen kann.

Kurzum: Es muss sich also um Luxusquartiere handeln. Jede Familie oder Gruppe erhält für den Preis von zwei Millionen Euro eine Wohnfläche von 232 Quadratmetern auf mehreren Ebenen. "Halbprivat" sollen sich Überlebensinteressierte auch für 35 000 Euro pro Person einkaufen können.

Sobald die Wohnung eingerichtet und möbliert ist, versiegelt Vivos die Räume und hält sie für den Notfall bereit. Da sich alles unter dem Aspekt der Sicherheit vollzieht, geht es dabei nicht um wie auch immer geartete Vorstellungen des guten Lebens, sondern nur um das Überleben ohne materielle Mängel. Es sei für alles gesorgt, um ein Jahr in dem unterirdischen Gefängnis, dieser Gated Community, aushalten zu können.

Es soll neben eigenen Quellen zur Trinkwasserversorgung eine Heiz- und Klimaanlage sowie Treibstoff für Generatoren geben, zusätzlich zu ausreichenden Lebensmittelvorräten – man rechnet mit 2 500 Kalorien pro Tag –, Vitaminen und Medikamenten, und sogar einen "Garten mit frisch wachsendem Gemüse". Auch für eine umfangreiche medizinische Ausrüstung sei gesorgt (auch wenn nicht zwangsläufig für einen Arzt).

Ansonsten sollen Anleitungen mit Sicherheits- und Überlebenstechniken vorhanden sein, selbst an Bücher wurde neben Bildungs- und Unterhaltungsmaterial gedacht. Radios, Computer, Fernsehgeräte, Filme und Spiele gäbe es ebenso wie Werkzeug und Ersatzteile. Und wenn man den Bunker verlassen müsste, stünden Geländefahrzeuge, Jagd- und Angelausrüstung "und vieles mehr" bereit.

Ob der Luxusbunker in Rothenstein tatsächlich entstehen wird, ist noch offen. Das Unternehmen hat in South Dakota bereits ein 45 Quadratkilometer großes Gelände mit Hunderten von zwischen 18 und 24 Meter langen und 8 Meter breiten Munitionsbunkern – "prepper-ready" – gekauft. Hier finden bis zu 5 000 Menschen vor Kriegen, Weltuntergängen oder anderen Katastrophen Zuflucht. Laut Aussage von Vivos habe man die Standorte so ausgewählt, dass sie fernab von Erdbebengebieten, militärischen Einrichtungen und Orten mit hoher Kriminalität liegen und vor Überschwemmungen und steigendem Meeresspiegel sicher sind.

Und für diejenigen, die sich lieber in einen Bunker auf dem eigenen Land eingraben wollen, gibt es modulare, beliebig miteinander verbundene Tanks, Mobiliar inklusive. Der Platz fällt hier allerdings sehr bescheiden aus, jede dieser "Quantum"-Einheiten ist 12 Meter lang, 25 Meter breit und soll Platz für 6 bis 8 Menschen bieten. In zahlreichen Variationen von "einfach und billig" bis "riesig und teuer" gibt es Bunker etwa auch von der Rising Company, die den Leitspruch vertritt: "Wir verkaufen keine Angst. Wir verkaufen Vorbereitung."

In den USA, einem Land, in dem die Menschen ohnehin schon gerne schwer bewaffnet ihre Häuser und Grundstücke verteidigen, weil sie aufgrund der laxen Gesetze und der Verherrlichung des Waffenbesitzes als Garant der Freiheit ebenso bewaffnete Eindringlinge fürchten müssen, floriert die Doomsday-Bunkerindustrie. Entdeckt hat man dort auch Raketensilos, die von einer bewaffneten Wachmannschaft geschützt werden sollen:

Das Bunker-Design bietet alle Infrastruktur, um bis zu 70 Menschen fünf Jahre lang vollständig netzunabhängig zu versorgen: ein fünfzehngeschossiger Luxus-Apartment-Komplex, der an einen riesigen Maiskolben erinnert, eingelassen in einen Raketensilo. Zwei Etagen sind für hydroponische Gärten reserviert, die frisches Gemüse liefern sollen, während eine Tilapia-Aquakultur für frischen Fisch sorgt. LED-"Fenster" übertragen Live-Bilder vom Leben in der Prärie über Tage – wem das nicht zusagt, kann andere Kulissen wählen, einen Wald etwa. Eine Kundin bestand auf Videosequenzen aus dem New Yorker Central Park, zu allen Jahreszeiten, Straßenlärm inbegriffen.

Bernd Schröder, Mit fünf Sternen in den Jüngsten Tag

Auffallend an diesen Sicherheitswohnungen unter der Erde, bei denen das Wohngehäuse zum selbst auferlegten Gefängnis wird, ist, dass es trotz der bemühten Annäherung an eine normale Wohnung schwer vorstellbar scheint, dort längere Zeit zu verbringen, insbesondere wenn der Kontakt nach außen völlig entfällt.