Luftschiffe statt Satelliten?
Nun will auch das Militär die Luftschiffe wieder entdecken
Luftschiffe sind schon im Ersten und Zweiten Weltkrieg gegenüber den schnelleren und kleineren Flugzeugen gescheitert: sie waren viel zu leicht abzuschießen. Doch jetzt sollen sie in Höhen agieren, wo sie unerreichbar sind – oder als großer Fesselballon Nahaufklärung betreiben.
Luftschiffe hätten ein energiesparendes Verkehrsmittel sein können. Doch um den Passagieren eine gute Sicht zu bieten, bewegten sie sich oft nur in 500 Metern Höhe, was bei schlechtem Wetter sehr gefährlich wurde und zu Abstürzen führte, zumal Luftschiffe in einem echten Unwetter ohnehin nicht mehr zu kontrollieren sind.
Zudem wurde immer wieder versucht, die Riesenballons als Angriffswaffe zu verwenden, was bereits daran scheitern muss, dass sie ein viel zu leicht erkennbares und sich nur langsam bewegliches Ziel darstellen. Die US-Amerikaner versuchten bis in die sechziger Jahre, Luftschiffe militärisch zu nutzen, während Göring in Deutschland bereits Ende der dreißiger Jahren die verbliebenen Luftschiffe und ihre Konstruktionshallen vernichten ließ, nachdem die wasserstoffgefüllte „Hindenburg“ in Lakehurst explodiert war: Fortan hatten nur noch die kleinen, schnellen und energieintensiven Flugzeuge Chancen – insbesondere im Militärbereich, als Überschalljäger.
Die als deutsche Wunderwaffe noch kurz vor dem Kriegsende entwickelte V2-Rakete führte in den 50er-Jahren dazu, auch den Krieg in den Weltraum verlegen zu wollen (Kalter Krieg im All). Auch die Aufklärung, die anfangs noch auf besonders hoch fliegende, nicht von Abwehrwaffen erreichbare Spionageflugzeuge wie die berühmteU-2 setzte, die die Raketen auf Kuba entdeckte und so die Kuba-Krise auslöste, verlagerte sich auf Spionagesatelliten.
Diese sind jedoch im Nachteil, wenn aktuelle und detaillierte Aufnahmen einer bestimmten Gegend gebraucht werden, beispielsweise des Iraks: Bis der Satellit über der zu beobachtenden Gegend ankommt, kann es je nach seiner Laufbahn Tage dauern und auch dann kann er nur Bilder aus einer Entfernung von mindestens einigen 100 Kilometern liefern. Einen Satelliten speziell für diese Aufgaben zu starten, ist zudem teuer und kurzfristig oft nicht realisierbar.
Aus Stratosphären-Forschungsballons hat sich jedoch eine neue Art Luftschiff entwickelt, das nun höher schwebt, als die höchsten Flugzeuge unterwegs sind, mit einer Entfernung von der Erdoberfläche von etwa 20 bis 30 Kilometern dieser jedoch deutlich näher kommt als Satelliten und dabei auch stationär über dem zu beobachtenden Gebiet sein kann, was Satelliten nur bei geostationärer Platzierung in dann 36.000 Kilometern Abstand können – viel zu weit entfernt für brauchbare Spionagebilder.
Eine andere Variante sind Luftschiffe als großer Fesselballon, die über einem Krisengebiet in Stellung gebracht werden und dank der Fesseln kaum Energieaufwand benötigen, um in Stellung zu bleiben. Problematisch sind hierbei allerdings Flugzeuge, die die Fessel durchtrennen und natürlich der direkte Abschuss. Trotzdem ist auch diese Variante im Irak-Krieg zum Einsatz gekommen.
Der nahe Weltraum in Höhen zwischen 20 und 100 Kilometern ist zur Zeit praktisch Niemandsland, da er weder von Flugzeugen noch von Satelliten erreichbar ist: lediglich einige Forschungsballons voller Messinstrumente treiben sich in diesen Höhen herum. Doch die Kosten für solche Ballons sind geringer und der Nutzen ist größer als der einer Satellitenmission. In den letzten anderthalb Jahren widmeten sich daher zwei militärische Studien der USA diesem Bereich, wie einige pensionierte US-Militärs berichten.
Die Firma Multimax entwickelt nun ein Luftschiff in UFO-Form, bei der sie von NASA und Militärwissenschaftlern unterstützt wird. Der sogenannte Maxflyer soll für 14 Millionen US-Dollar zu bauen sein – gegenüber den 300 Millionen US-Dollar für einen Kampfjet ein Schnäppchen. Er soll in Höhen zwischen 20 und 30 Kilometern unterwegs sein. Auch Lockheed Martin arbeitet an einem Luftschiff, das über 20 Kilometer Höhe erreichen soll, während Raytheon ein Modell entwickelt, das an einer Fessel in drei Kilometer Höhe aufgehängt wird. Blackwater, bereits bekannt als Lieferant ziviler Söldner im Irak (Die globale Konjunktur der Söldnertruppen), arbeitet ebenfalls an einem Prototyp, der im Dezember fertig werden und zwischen zwei und fünf Kilometer Höhe erreichen soll.
Im Irak, in Afghanistan und entlang der US-mexikanischen Grenze sind bereits erste derartige Luftschiffe stationiert worden, 2003 über 20 im Irak und in Afghanistan von Raytheon, die mit Messgeräten und Kameras ausgerüstet in 300 Metern Höhe aufgehängt wurden. Lockheed Martin wiederum hatte ihr Luftschiff für über 20 Kilometer Höhe siebzehnmal so groß gebaut wie die heute üblichen Werbeluftschiffe.
Ein Luftschiff ist im Langzeiteinsatz fünf bis sieben Mal billiger als ein Flugzeug, von Satelliten ganz zu schweigen. So richtig überzeugte sind die Militärs von den meisten Entwürfen jedoch noch nicht: abgesehen von dem Entwurf von Multimax ähneln sie zu sehr dem Symbol des Versagens, der "Hindenburg"...