Magnetfelder und Gammastrahlenblitze

Astrophysiker sehen Magnetfelder in einer entscheidenden Rolle bei der Entstehung von Gammastrahlenblitzen

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Im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlichen Wayne Coburn und Steven E. Boggs von der University of California ihre Ergebnisse der Untersuchungen des Gammastrahlenausbruchs (Gamma-Ray Burst, GRB) GRB021206, der im Dezember 2002 beobachtet wurde. Gammastrahlenblitze sind ein rätselhaftes kosmisches Phänomen.

Gammastrahlenblitz, Bild: BeppoSAX/NASA

Seit der Entdeckung der spektakulären Ausbrüche durch Spionage-Satelliten in den 60er-Jahren (vgl. A Brief History of the Discovery of Cosmic Gamma-Ray Bursts) versuchen Astrophysiker eine Erklärung für das intensive, meist nur einige zehn Sekunden dauernde, Aufleuchten zu finden. Einmal pro Tag beobachten es Astronomen irgendwo in den Tiefen des Weltraums, aber über die Entstehung wird immer noch diskutiert. Seit einigen Jahren ist bekannt, dass die Quellen sehr weit von uns entfernt sind.

Gammastrahlenblitze setzen bei ihrem kurzen Auftreten mehr Energie frei als die Sonne in Milliarden von Jahren, ein wesentliches kosmisches Ereignis muss also ihre Ursache sein. Die Kosmologen vermuteten deswegen seit längerem einen Zusammenhang mit Supernovae, den finalen Sternenexplosionen, oder der Geburt von schwarzen Löchern. Erst kürzlich gelang einem internationalen Wissenschaftler-Team der Nachweis, dass der Kollaps des Kerns eines massiven Sterns und seine Verwandlung in ein schwarzes Loch die Ursache eines GRBs war (vgl. Nahaufnahme eines Gammastrahlenblitzes).

Coburn und Boggs haben nun in den Gammastrahlen von GRB021206 eine Polarisation) entdeckt, die darauf hinweist, dass vermutlich Magnetfelder die Gammastrahlenblitze antreiben. Unter den etwa hundert Modellen, die es zur Entstehung der kurzwelligen Gammastrahlungs-Eruption gibt, ist auch der theoretische Ansatz, Magnetfelder als das Schlüsselelement der GRBs zu betrachten. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astrophysik hatten im vergangenen Jahr auf Grund von Modellberechnungen diese These vertreten (vgl. Magnetfelder als Ursache für Gammastrahlenblitze.

Die Forscher der University of California haben jetzt mit den Instrumenten des Nasa-Satelliten "Ramaty High Energy Solar Spectroscopic Imager" (RHESSI) eine deutliche lineare Polarisation entdeckt und damit einen ersten Beweis für die Rolle der Magnetfelder erbracht. Der wahrscheinlichste Mechanismus für die Gammastrahlenblitze ist eine Strahlenemission durch energiereiche Elektronen, die in einem starken Magnetfeld kreisen. Coburn und Boggs vermuten, dass das starke Magnetfeld durch die Rotationsenergie eines nahen Schwarzen Lochs oder eines entsprechenden Neutronensterns verursacht wird. Ein konstantes, gleichmäßig ausgerichtetes Feld muss in einer Nachbarregion entstehen, denn so viel Ordnung kann direkt um eine Supernovae nicht bestehen.

Sie gehen davon aus, dass es sich um Synchrotronstrahlung handelt, wie sie von Pulsaren und Quasaren ausgesandt oder in Teilchenbeschleunigern erzeugt wird. Die lineare Polarisation ist eine wesentliche Eigenschaft dieser Strahlung. Frühere Beobachtungen anderer Astrophysiker hatten bereits auf Synchrotronstrahlung hingewiesen.

Die eigentliche Herkunft der Gammastrahlenblitze bleibt aber weiter rätselhaft. Die Ergebnisse der beiden US-Astrophysiker sagen nur etwas über den Mechanismus der Entstehung, nicht aber über die astrophysikalische Quelle aus. Eli Waxman vom Weizmann Institute of Science im israelischen Rehovot kommentiert in seinem begleitenden News&Views-Artikel:

Wahrscheinlich handelt es sich um einen riesigen Stern, der zehnmal schwerer als unsere Sonne ist und dessen Leben mit einem Kollaps seines inneren Kerns endet.

Er zeigt sich nicht restlos überzeugt, dass die Beobachtung dieses einen Gammastrahlenblitzes verbindliche Aussagen über alle anderen zulässt. Waxman sieht auch die Möglichkeit, dass ein ungeordnetes Magnetfeld, wie es in der Region der kosmischen Katastrophe eines kollabierendes Sterns zu erwarten ist, ursächlich an GRBs beteiligt sein könnte. Die Position des Beobachters spielt dabei eine wichtige Rolle und erst weitere Forschungen werden Gewissheit bringen können.