Mai 2135

Die Ethikkommission der deutschen Bundesregierung hatte zuvor, den Regeln der Diskursethik des Philosophen Jürgen Habermas folgend, diese Innovation abgelehnt. Die chinesische Antwort:

"Warum müsst ihr immer alles nach falsch und richtig, gut und schlecht bewerten? Die Ethik von Kant - das philosophische Betriebssystem einer ethisch-korrekten Routinegesellschaft - hat euch wirtschaftlich ruiniert. Das Gesetz des dao ist das, was von Selbst geschieht (dao fa ziran). Auf dem Weg geht es um den natürlichen Lauf der Dinge. Dem Alten Meister Laotse folgend, übernehmen wir die Verantwortung für die Nanoneuerung - auch für den Fall, dass ihr einen Nanoprimaten zu eurem Kanzler wählt..." (Seit Mitte des 21. Jh. wurden die Menschenrechte auch nicht-domestizierten Primaten zuerkannt).

Zur Entschuldigung der deutschen Interpretationsnöte dieser Botschaft ist zu sagen, dass die Sinologie an deutschen Universitäten im 21. Jh. zugunsten der betrieblichen und rechtlichen Steuerlehre und des Hochschulcontrolling abgeschafft wurde (an der Hochschule des Autors bereits im ersten Jahrzehnt desselbigen). Die deutschen Ministerien waren gezwungen, "Chinesen" als Entwicklungsberater einzustellen, zu Honoraren, die denen der Investmentbanker entsprachen - 100,000 US-Dollar pro Tag -, welche gegen Ende des 20. Jahrhunderts im Auftrag des Internationalen Währungsfonds die maroden Finanz- und Banksysteme im Fernen Osten auf das anglo-amerikanische Modell umzustellen versuchten.

Mittlerweile funktionieren auch US-Banken nach guanxi-Prinzipien. Bereits Jahrzehnte vor diesen Ereignissen hatten im übrigen - ein bundesweiter Trend -, die Ausgaben für Controlling an deutschen Hochschulen, den Aufwand für die Anschaffung neuer Bücher längst überschritten.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts waren weitsichtige Forscher zu der Auffassung gelangt, China sei aufgrund seiner Bevölkerungsgröße von damals bereits 1.3 Milliarden Menschen langfristig nicht in der Lage, sich zu ernähren. Aufgrund des riesigen Bedarfs würden auch Importe nicht ausreichen, die Nahrungslücke zu schließen. Edward O. Wilson: "China can probably feed itself to at least midcentury, but its own data show that it will be skirting the edge of disaster even as it accelerates its lifesaving shift to industrialization and megahydrological engineering. Ist enormous population makes rescue by other countries impracticable." (E. O. Wilson, The bottleneck, Scientific American. February 24, 2002). Eineinhalb Jahrhunderte später wissen wir mehr. Deutsche Gründlichkeit und Tüchtigkeit haben sich erneut als weltverbessernde Tugenden bewährt.

Joseph Stiglitz III & Wanda Tseng, What China's economic and scientific stagnation after the Sung dynasty can teach underdeveloped Europe? Working paper series, No. 162338, The World Bank, Shanghai, September 2133.

Pak-Hung Mo, Lessons from the history of Imperial China, BRC Papers on China, Hong Kong Baptist University, School of Business, Business Research Centre, August 2001.