Manifest gegen den Krieg
Seite 2: Warum die Vorgeschichte des russischen Angriffs nicht ignoriert werden darf
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- Warum die Vorgeschichte des russischen Angriffs nicht ignoriert werden darf
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Nur vor diesem Hintergrund ist der am 24. Februar entfesselte Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine zu verstehen. Aus diesen Zusammenhängen erklärt sich auch die Vorgeschichte.
Als das Sowjet-Imperium zusammenbrach, erkauften sich die USA die russische Zustimmung zur Einbeziehung des geeinten Deutschlands in die Nato gegen die Zusage, die Nato nicht weiter nach Osteuropa auszudehnen. Zu dieser Zeit standen die Chancen zur Demokratisierung und Öffnung Russlands in Richtung Europa recht günstig.
Diese Chance wurde jedoch nach wenigen Jahren vertan. Seit 1997 begann die unterschwellige und schließlich auch offen vorangetriebene Osterweiterung der Nato sowie in ihrem Schlepptau der Europäischen Union. Von der russischen Machtelite und der Mehrheit der Bevölkerung wurde diese Exklusion als Demütigung empfunden.
Es gab auch gegenläufige Tendenzen zur Verständigung, insbesondere in Frankreich und Deutschland; sie wurden jedoch durch das neue Sonderbündnis der USA mit den osteuropäischen Staaten zunichtegemacht.
Durch diese Hybris wurden in Russland die äußeren Bedingungen für die Durchsetzung einer imperialistischen Revisionsstrategie geschaffen, die von Teilen der Machtelite seit dem Untergang der Sowjetunion propagiert wurde und dann in der Putin-Ära gipfelte.
Auch die von diesem Revisionskurs ausgehenden Warnsignale – Georgien-Krieg 2008 und Krim-Annexion 2014 – wurden missachtet. Stattdessen wurde in der Ukraine der Aufbau der Nato-Infrastruktur vorangetrieben, obwohl sich das Land seit 2014 im Bürgerkrieg mit indirekter Beteiligung Russlands befand.
Die gemeinsamen Manöver der ukrainischen Streitkräfte mit der Nato im September 2021 markierten dann das Überschreiten der roten Linie.
Das direkte Vorrücken der Nato in 1.200 km Länge an die russische Westgrenze war für die russische Macht- und Militärelite unerträglich, und sie entschied sich zum Angriffskrieg gegen die Ukraine vor deren formellem Eintritt in die Nato.
Bei diesen Überlegungen geht es nicht etwa um eine rechtfertigende Apologetik. Der Aggressionskrieg gegen die Ukraine kann durch nichts legitimiert werden.
Es geht nur um die Klarstellung, dass diesem katastrophalen Angriffskrieg imperialistische Aggressionsakte auch von Seiten des Westens voraufgingen, die in Putin-Russland eine allen imperialistischen Machteliten gemeinsame geostrategische Logik provozierten.
Man stelle sich vor, die Russische Föderation hätte mit Kuba und Mexiko einen Militärpakt geschlossen und würde in der Karibik und direkt vor der Südgrenze der USA eine gegen sie gerichtete militärische Infrastruktur aufbauen!
Dieser Vergleich macht deutlich, dass wir in diesem katastrophalen Poker der imperialistischen Mächte nicht Partei sein können. Wir verurteilen die russische Aggression aufs Schärfste. Wir lehnen aber auch die Machteliten des Westens mit aller Entschiedenheit ab.
Statt sich das Scheitern ihrer maßlosen Expansionsziele einzugestehen, drehen sie jetzt an der Eskalationsschraube und machen sich für einen umfassenden Wirtschaftskrieg sowie für weit reichende militärische Hilfsaktionen und Waffenlieferungen stark.
Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir mit dieser Positionierung gegen alle direkten wie indirekten Parteien und Akteure des Ukraine-Kriegs gegenwärtig nur eine verschwindende Minderheit darstellen.