Maritime Raubzüge – wie Fangflotten die Ozeane plündern

Seite 2: Grundschleppnetze verwüsten die Meeresböden und heizen das Klima an

Ob vor Westafrika, Südamerika, ob in der Nordsee, im Pazifik oder in anderen Ozeanen - überall fischen Trawler die Meere leer. Wie bei Langleinen oder Schleppnetzen wird auch in der Grundschleppnetzfischei nach dem Zufallsprinzip gefischt - mit Beifangraten von bis zu 90 Prozent: Delfine, Robben, Korallen, Seepferdchen und Hunderte andere Arten verfangen sich in den Netzen.

Die Fischkutter ziehen gigantische, mit Metallplatten oder Stahlseilen beschwerte trichterförmige Netze über den Meeresboden. Jedes Netz ist so breit wie ein Fußballfeld und so hoch wie ein dreistöckiges Haus. Je nach Einsatzgebiet variieren die Konstruktionen, doch immer werden die empfindlichen Ökosysteme irreparabel geschädigt. Wird ein Netz zum Beispiel über ein Korallenriff gezogen, sieht es aus, als sei es mit Dynamit gesprengt worden.

Nebenbei verursacht das genannte Bottom Trawling gigantische Kohlenstoff-Emissionen - ähnlich hoch wie die der Luftfahrtindustrie. Denn normalerweise speichern marine Sedimente am Meeresboden enorme Mengen an Kohlenstoff. Jedes Jahr werden von den aufgewühlten Meeresböden eine Gigatonne Kohlenstoff emittiert, schreiben die 26 Autoren in einer in Nature veröffentlichten Studie

Der im März 2021 erschienene Bericht thematisiert erstmalig Klimaauswirkungen durch Schleppnetzfischerei. Demnach beschleunigt der freigesetzte Kohlenstoff nicht nur den marinen Artenschwund, sondern auch die Versauerung des Ozeans.

Wegen Überfischung, Zerstörung von Lebensräumen und Klimawandel sei das Leben im Meer weltweit zurückgegangen, erklärt Dr. Enric Sala. Hauptautor der Studie. Würden bestimmte Gebiete unter besonderen Schutz gestellt, werde das Wachstum von Meeresfrüchten angekurbelt, das Meeresleben geschützt, gleichzeitig würden die Kohlendioxid-Emissionen reduziert.

Derzeit stehen gerade mal sieben Prozent des Ozeans in irgendeiner Form unter Schutz. Viele dieser "Meereschutzgebiete" bieten keinen wirklichen Schutz, denn sie stehen nur auf dem Papier. Teilweise ist von intensiver Fischerei bis zum Tiefseebergbau alles erlaubt. Dies stellt die Wirksamkeit von Meeresschutzgebieten allgemein in Frage. Zur Erhaltung der biologische Vielfalt und marinen Ökosystemen und Regenerierung der Fischbestände müssten in Schutzgebieten deutlichere Fischfangverbote ausgesprochen werden.

Grundschleppnetzfischerei muss gestoppt werden!

Seit den1960er Jahren hat sich der weltweite Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch als wichtigste Eiweißquelle für die Weltbevölkerung nahezu verdoppelt. Jedes Jahr werden tausende Tonnen frische Fische aus den Meeren zu Fischmehl und Fischöl verarbeitet, um Lachse und Wolfsbarsch als Tiernahrung zu verfüttern. Um ein Kilo Fischmehl herzustellen, werden vier bis fünf Kilo frischer Fisch verbraucht. Ein gezüchteter Thunfisch frisst etwa das Fünfzehnfache seines Gewichtes. Unterm Strich wird mehr Fisch an die Zuchtfische in den Farmen verfüttert, als an Supermärkte und Restaurants geliefert wird.

Die Umweltorganisation Greenpeace fordert, die Produktion von Fischmehl zu stoppen und die Verarbeitung auf Produkte für den direkten menschlichen Verzehr neu auszurichten. Auch sollen Fischverarbeiter und lokale Verkäufer offiziell als Berufstätige anerkannt und finanziell unterstützt werden, damit sie ihre Rechte wahrnehmen können.

Nicht nur Greenpeace prangert die Zerstörung der Meere durch Grundschleppnetze an. Auch die Bürgerbewegung WeMove fordert vom Europäische Parlament einen Aktionsplan zum Schutz der Ozeane. Die Autoren der oben genannten Studie unterstützen zudem die Forderung der europäischen Bürgerinitiative Tilt, 30 Prozent aller Ozeane bis 2030 unter Schutz zu stellen.

Und was können wir als Konsumenten tun? Immerhin treibt unser Hunger auf Tiefseefische die Zerstörung der Meere weiter voran. Rotbarsch zum Beispiel steht mit einem Marktanteil von drei Prozent und 32.600 Tonnen jährlich hierzulande auf Platz Elf der beliebtesten Fischarten. Dabei gelten die wilden Bestände des extrem langsam wachsenden Tiefseefisches als extrem gefährdet.

Entscheidend für den Grad der Gefährdung sind nicht zuletzt die jeweiligen Fanggebiete. So stehen Aal, Lachs und Rotbarsch seit Längerem auf der Liste der gefährdeten Arten. Der Fischratgeber der Hamburger Verbraucherzentrale zumindest rät dringend vom Verzehr der genannten Arten ab.

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