Massaker, völkischer Nationalismus und Wahn
Seite 2: Wo Gemeinschaft wirklich existiert, muss sie nicht zusätzlich beschworen werden
- Massaker, völkischer Nationalismus und Wahn
- Wo Gemeinschaft wirklich existiert, muss sie nicht zusätzlich beschworen werden
- Völkischer und republikanischer Staatsbürgerbegriff: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
- Wahnhafte Individualität und rassistisches Wahnsystem: Eine unheilvolle Passung
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Zu den ökonomischen Gegensätzen gesellen sich im globalisierten Kapitalismus eine Vielfalt von ethnischen, religiösen und kulturellen Differenzen, die sich als Unterschiede in privater Lebensführung, Sitten, Sprachgewohnheiten und Habitus ausdrücken, was die Zugehörigkeit zu spezifischen "Communities" einschließt, die sich durch diverse, mehr oder weniger gegeneinander abgegrenzte Lebensstile unterscheiden. Mit solchen Unterschieden kann und muss eine vernünftige Gesellschaft leben; es besteht keine Notwendigkeit, alle in eine fiktive Gemeinschaft einzusortieren und eine notwendigerweise immer abstrakt bleibende Gemeinschaftstümelei zu zelebrieren, solange bestimmte Grundprinzipien des politischen und sozialen Umgangs miteinander respektiert werden.
Das ist aber modernen bürgerlichen Staaten mit ihrem fordernden, stets gegen konkurrierende Staaten positionierten Nationalismus, ihrem wachsenden Kontroll- und Formatierungsbedürfnis nach innen, das sich gerade auch aus den schwelenden gesellschaftlichen bis globalen Konflikten ergibt, nicht selbstverständlich. Eben wegen der grundlegenden ökonomischen Gegensätze besteht der Staat als politische "Klammer" der kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft darauf, dass jene von allen in einer Weise auszuhalten wären, die den Fortgang des geschätzten Wirtschaftswachstums nicht stört.
Nichts anderes beinhaltet der vor allem in feierlichen Ansprachen stets erneuerte Anspruch, eine "geeinte Nation", eine Art republikanischer und doch emotional verankerter Gemeinschaft vorzustellen, auch wenn es schon an der elementarsten ökonomischen Basis für eine derartige Einheit praktisch gebricht. Und wo Gemeinschaft wirklich existiert, muss sie nicht zusätzlich beschworen und eingefordert werden. Die Verdopplung selbst weist schon auf den Zwangscharakter der jeweiligen politischen Veranstaltung hin.
Ein abstrakter Nationalismus ist von daher auch die gemeinsame Grundlage aller modernen Varianten, eine auf dem Kapitalismus beruhende Staatsgewalt zu veranstalten. Deswegen herrschte bei den Konservativen, die dieses Narrativ in reinster Form hochhalten, lange die Vorstellung, die AfD-Anhänger könnten mit ein bisschen "Sorgen-der-Bürger-Ernst-nehmen" den Völkischen abspenstig gemacht werden.
Erst als klar wurde, dass die "besorgten Bürger" durch Annäherung an die rechtsradikalen Positionen nicht zurückzugewinnen waren, schwenkten die Nationalkonservativen in der CDU/CSU um und hoben seither mehr die Abgrenzung zu den Rechtspopulisten hervor. Und diese Auseinandersetzung um die Strategie ist noch nicht beendet: Erst kürzlich hatte Markus Söder Friedrich Merz kritisiert, als der selbst ernannte "Wirtschaftsfachmann" wieder über die Rückgewinnung der AfD-Wähler halluzinierte, und ihm bedeutet, dass er selbst das schon ergebnislos versucht hätte.
Vielleicht wurde denjenigen CDU-/CSU-lern, die in dieses Horn stießen, auch etwas mulmig bezüglich der Geister, die sie da gerufen hatten: Denn der republikanisch-demokratische Staatsbürgerbegriff unterscheidet sich trotz mancher praktischer Ähnlichkeiten im staatlichen Sortierungsbemühen - man denke z.B. an die schon seit etlichen Jahren üblichen Nacht- und Nebelabschiebungen von wohl integrierten migrantischen Schülerinnen in Bayern, die dazu entweder aus dem Bett gezerrt oder von der Schulbank weg eingesammelt wurden/werden - immer noch vom völkisch-nationalistischen, der einen "Abstammungsdeutschen" ausmacht, der in der menschlichen Geschichte, eine einzige Wanderungsbewegung, bestenfalls als absurder Witz, schlimmer: als in seinen Konsequenzen gewaltträchtiger Wahn durchgeht.
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