Massaker, völkischer Nationalismus und Wahn

Seite 4: Wahnhafte Individualität und rassistisches Wahnsystem: Eine unheilvolle Passung

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Die besondere Gewaltaffinität der völkischen Herrschaftsvariante besteht in der damit erfolgenden Einsortierung der "Fremden" als nicht zum "bio-deutschen" Volk gehörig, was als "nicht zur Anwesenheit" berechtigt und, in den radikalsten Fortschreibungen, daher als nicht hier "lebensberechtigt" ausbuchstabiert wird. Der brutale Übergang in die letzte Konsequenz dieses Menschenbilds wird von denjenigen gezogen, bei denen das Gefühl der Bedrohung angestammter Pfründe und Lebensstile durch "andersartige" Fremde wahnhafte Züge einer allseitigen, das ganze gesellschaftliche Leben durchdringenden Gefahr annimmt. Sie fühlen sich von daher in ihrem eingebildeten Dasein als "Lone Wolf", elitäre Avantgarde der Exekution des Volkswillens dazu berufen, ein Fanal der Errettung zu setzen, indem sie selbst Hand an das Leben der "Volksschädlinge" legen.

Und genau hier liegt auch der Zusammenhang, die Affinität von psychischen Wahnerkrankungen wie der Paranoia zum rechtsradikalen Weltbild: Das rechtsradikale Weltbild geht immer von einer Bedrohung durch "Andersartige", "Fremde" aus und stilisiert dadurch den gesellschaftlichen Alltag zu einer einzigen potenziellen Gefährdung der "guten Deutschen" durch diese. Ein idealer Anknüpfungspunkt, ein passender Inhalt für jede individuell paranoide Geistesverfassung, da der Wahn hier das gültige gesellschaftspolitische Weltbild darstellt - Antisemitismus und Rassismus geben selbst eine wahnhafte Vorstellungswelt ab, die sich jeglicher Widerlegung durch die moderne Wissenschaft widersetzt und damit genauso beratungsresistent ist wie das an Paranoia erkrankte Individuum.

Das vermehrte Auftreten gewalttätiger rechtsradikaler Wahnsinniger entspricht daher durchaus der gesellschaftlichen Entwicklung in Deutschland: "Täter wie der Angreifer von Hanau fühlen sich von einer rechtsradikalen Stimmung getragen, die in Deutschland immer weiter um sich greift." (A. Ramelsberger, SZ vom 20.02.2020)

Man mag sich gar nicht ausmalen, was erst los sein könnte, wenn eine veritable ökonomische Krise um sich greift und -zumindest ersteres ganz im Sinne der herrschenden Figuren aus Politik & Ökonomie - nicht das Wirtschaftssystem und die darauf bezogene Politik in den Fokus der Kritik geraten, sondern vermehrt und vielleicht noch aggressiver, diejenigen, die "uns" "alles wegnehmen", dafür verantwortlich gemacht werden.

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