Megakirchen

Seite 2: Glaubensinhalte werden uninteressant

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Immerhin zwei - tendenziell evangelikale - Organisationen beschäftigen sich mit der Materie, das Hartford Institute sowie das Leadership Network. Gemeinsam erstellten sie die 2015 Megachurch Study.

Nicht nur die Größe der Megakirchen ist für Forscher interessant - auch die Glaubensinhalte sind es - sie werden für die Gläubigen selbst nämlich uninteressant: Immer weniger Gläubige interessieren sich für theologische Fragen. Thomas Kern nennt es einen "Umbruch in der Kirchenlandschaft in den USA: Gemeinden ohne Denomination werden umfangreicher und scheinen eine Rolle zu spielen." In den späten 1980ern sprach der Religionssoziologe Robert Wuthnow von einem "decline of denominationalism"; die theologischen Unterschiede zwischen den Kirchen verlieren für die Mitglieder immer mehr an Bedeutung. Nur noch eine grobe Orientierung zwischen evangelikal, fundamentalistisch und liberal sei interessant, so Kern, "aber die genaue theologische Zugehörigkeit einer Gemeinde ist für die Mitglieder nicht mehr ganz so wichtig. Die Leute interessieren sich für Inhalte, aber nicht für ihre theologische Fundierung."

Bekehrung und Abendmahl

Als Beispiel nennt er Bekehrung und Abendmahl: Die persönliche Bekehrung ist für die Evangelikalen ein "Muss" - aber die Feinheiten des Abendmahlsverständnisses? Bei dem sich beispielsweise Lutheraner und Reformierte stark unterscheiden? "Das sind wichtige theologische Fragen, über die man sich vor wenigen Jahrhunderten noch die Köpfe eingeschlagen hat, im Wortsinn, aber jetzt ist es nicht mehr wichtig. Wichtig ist nur noch die individuelle Erlösung."

Was nicht bedeutet, dass die Gläubigen ungebildet sind: "Ich würde nicht sagen, dass das Reflexionsvermögen abnimmt. Das Durchschnittsmitglied ist möglicherweise sogar besser biblisch gebildet, aber nicht theologisch systematisch. Man ist eher pragmatisch - und das ist auch typisch für Evangelikale. Der Glaube muss funktionieren, dann ist er richtig. Das heißt, er muss Alltagsprobleme lösen, es müssen Wunder passieren, dann weiß man, was richtig ist - das ist natürlich eine funktionalistische Erklärung." Die "Identität" der Gemeinde ist zunehmend durch eine pragmatische Ausrichtung bestimmt.