Meister der geheimen Kriege

Seite 2: "Die Sowjetunion hielt sich aus lateinamerikanischen Angelegenheiten weitgehend heraus"

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Sie protokollieren in Ihrem Buch Geheimdienst-Operationen der USA von 1794 bis in die Gegenwart. Wenn Sie diese mit den Einsätzen von sowjetischen beziehungsweise russischen Geheimdiensten vergleichen: Wer zieht mehr an nachrichtendienstlichen Strippen und hat sich in die Belange anderer Nationen eingemischt?

Armin Wertz: Die russische Eroberung und Unterwerfung Zentralasiens und Sibiriens im neunzehnten Jahrhundert würde ich durchaus mit der amerikanischen Aneignung des US-Territoriums vergleichen. Dann gab es in der Folge der Abkommen von Moskau, Jalta und Potsdam massive und brutale Einmischungen der UdSSR in den ost- und südosteuropäischen Staaten. Die Einmischung der Sowjetunion in die inneren Angelegenheiten vor allem in Staaten der Dritten Welt war sehr häufig eine Folge der feindseligen Haltung, die der Westen und insbesondere die USA gegenüber Befreiungsbewegungen einnahmen.

Das führte zum sowjetischen Engagement in Algerien, in Vietnam oder Kambodscha. Für die USA galt immer nur die Alternative: Entweder du bist für uns oder gegen uns. Entsprechend behandelte Washington auch die blockfreien Staaten, was diese natürlich vom Westen entfernte und häufig in die Arme Moskaus trieb, wie etwa Indien und Ägypten. Das hieß allerdings nicht unbedingt, dass die Regierungen dieser Staaten den Anweisungen aus Moskau blind folgten.

Bis auf den Putschversuch Luis Carlos Prestes’ in Brasilien im November 1935, der von der Comintern unterstützt wurde, hielt sich die Sowjetunion in Anerkennung der geographischen und politischen Fakten, wie zum Beispiel die Monroe-Doktrin, aus lateinamerikanischen Angelegenheiten weitgehend heraus, wie eine ganze Reihe amerikanischer Autoren bestätigen. Fidel Castros Revolution in Kuba wurde ebensowenig von der Sowjetunion unterstützt wie die sandinistische Revolution in Nicaragua oder Chiles Salvador Allende. Erst als Castro an der Macht war und auf sein Drängen hin schlossen Moskau und Havanna Handels-, Beistands- und Freundschaftsverträge.

Auch Managua erfuhr erst nach dem Sieg der Aufständischen und dem Wirtschaftsboykott des Westens Unterstützung vom Ostblock. Ansonsten hielten sich die kommunistischen Staaten nach der kubanischen Raketenkrise an Chrutschows Devise, sich wegen Lateinamerika nicht mit den USA anlegen zu wollen. In den sechziger und siebziger Jahren erhielten zahlreiche Guerillabewegungen in Lateinamerika allerdings kubanische Unterstützung, was zeitweilig zu erheblichen Verstimmungen im Verhältnis Moskaus zu Havanna führte.

"Immerhin haben sie bis heute noch keine US-Regierung gestürzt"

Wie brutal agieren die Geheimdienste der USA? Gibt es eine rote Linie, die sie bislang nicht übertreten haben?

Armin Wertz: Nun, sie scheuten ja nicht einmal davor zurück, sich zumindest an Mordkomplotten gegen Staatschefs auch befreundeter Nationen wie etwa de Gaulle zu beteiligen. Immerhin haben sie bis heute noch keine US-Regierung gestürzt.

Kennedy wurde also nicht vom CIA ermordet?

Armin Wertz: Damit sind wir ja wieder bei Ihrer Eingangsfrage. Im Zusammenhang mit der Ermordung JFKs wurden immer wieder Fragen aufgeworfen, angebliche Widersprüche in der Beweisführung der Warren-Kommission aufgezeigt. Bisher wurden aber keine sicheren Beweise für keine der kursierenden Thesen vorgelegt, Kennedy sei im Auftrag der CIA, Fidel Castros oder der Mafia ermordet worden. All diese Vermutungen eignen sich vielleicht für Drehbücher von Hollywoodfilmen, nicht aber für politische Analysen.

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