Meloni fordert Marineeinsatz: Lampedusa und die Migrationskrise in Italien
Chaos und Überforderung: 9.000 Migranten aus Nordafrika in einer Woche landen auf der italienischen Insel. Bürgermeister ruft nach einer strukturellen Lösung. Wer hat sie?
"Notfalls muss die Marine eingesetzt werden, um Migrantenboote am Ablegen zu hindern", zitiert die Tagesschau die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in einer am gestrigen Freitag veröffentlichten Videobotschaft.
Wie das in der EU ankommen wird, ist die Frage. Die Lage ist sehr gespannt, die Haltungen kommen durch die akute Situation neu auf den Prüfstand. Schon bei der Verschärfung des europäischen Asylrechts im Juni zeigte sich ein Kurswechsel. Sicher ist: Lampedusa ist überfordert und die Lösungen der Union funktionieren nicht.
Seit Wochenbeginn sind insgesamt mehr als 9.000 Migranten aus Nordafrika auf der kleinen Insel angekommen. "In weniger als 48 Stunden haben mehr als 7000 Migranten die Insel erreicht, so viele wie nie zuvor in so kurzer Zeit", berichten Virginia Kirst und Tim Röhn heute in der Frühausgabe von Welt am Sonntag.
Die große Mehrheit der Ankömmlinge auf Lampedusa sind junge Männer (...). Sie kommen aus Guinea, der Elfenbeinküste, aus Mali, Ghana und dem Sudan.
Das große Chaos, Welt am Sonntag, Frühausgabe
Das Aufnahmezentrum auf der Insel, für das das Italienische Rote Kreuz zuständig ist, ist für 600 Unterbringungsplätze ausgelegt. "Eine solche Situation hat es auf der Insel noch nie gegeben", zitiert Le Monde den Präsidenten der Organisation, Rosario Valastro. Das Aufnahmesystem stehe wegen der günstigen Wetterbedingungen unter extremem Druck und sei völlig unzureichend.
Für einen neuen Hotspot sei die Insel zu klein, so Valastro. Die Aufnahmezentren auf dem italienischen Festland können nicht aushelfen. Auch sie sind am Rande ihrer Kapazitäten. Bis zum 13. September, so die französische Zeitung, seien nach Angaben der Behörden "fast 123.700 Migranten" in Italien gelandet. Bereits im April hatte die italienische Regierung den Notstand ausgerufen.
Am vergangenen Mittwoch tat dies der Bürgermeister von Lampedusa, Filippo Mannino, verzweifelt, wie berichtet wird: "Jeder hat auf die eine oder andere Weise den Migranten geholfen, die Hilfe brauchten. Aber jetzt ist es wirklich an der Zeit, nach einer strukturellen Lösung zu suchen."
Doch weder ist klar, was die Ausrufung des Notstands auf Lampedusa konkret an der chaotischen Situation auf der 20 Quadratkilometer großen Insel ändert, auf der Tausende Neuankömmlinge versorgt werden müssen, noch gibt es Klarheit und Einigkeit darüber, wie eine große "strukturelle Lösung" aussehen könnte.
Politischer Handlungsbedarf
Der dringende politische Handlungsbedarf und im Hintergrund das erneute Scheitern der alten Auslagerungsidee der Europäer, die Zuwanderungsbeschränkungen in nordafrikanische Länder auszulagern, sind offensichtlich.
Just als von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der EU das strategische Partnerschaftsabkommen mit Tunesien lobte, wurde klar, dass der tunesische Machthaber Kais Saied trotz einer 900 Millionen Euro-Zusage an solchen Abkommen kein besonderes Interessehat - wie er schon mehrmals bekundet hatte (so viel zum besonderen Realismus der EU-Kommissionspräsidentin). Die Ausreise von Migranten aus Tunesien hält an.
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Zwar ist in Italien mit Meloni eine rechte Politikerin am Ruder. Doch rechts von ihr will Koalitionspartner Matteo Salvini einen härteren Kurs einschlagen.
Meloni fordert nun ihrerseits robustere Maßnahmen. Auch sie werde hart gegen den Anstieg der Ankünfte auf der kleinen Insel Lampedusa vorgehen, so die italienische Ministerpräsidentin.
Wie die von ihr angekündigten "außerordentlichen Maßnahmen" konkret aussehen sollen, ist bis auf die Höchstgrenze für die Haftdauer in Abschiebegefängnissen und den Vorschlag, die Marine einzusetzen, ist nicht bekannt.