Menschenrechte: S.O.S. in Griechenland
Der Bericht der Menschenrechtskommissarin des Europarates zeigt auf die inhumane Situation der Migranten und die Folgen der Austeritätspolitik
Die OSZE-Beauftragte für die Freiheit der Medien und Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatović, veröffentlichte in der vergangenen Woche ihren Bericht über Griechenland. Der 28 Seiten umfassende Bericht ist in Englisch online abrufbar.
"Griechenland muss dringend handeln"
Im Land selbst ging der für die Regierung nicht gerade positive Report vor dem Hintergrund der von Premierminister Alexis Tsipras und Erzbischof Ieronymos verkündeten Trennung von Staat und Kirche unter. Mijatović prangert sowohl die Unterbringung als auch die Versorgung von Asylbewerbern in Griechenland an (vgl. Griechenland: "Momentan herrscht Chaos"). Sie stellt in ihrem Report die mit Gesetzen unterstützte Theorie der realen Praxis gegenüber. Dabei befasst sich Mijatović nicht nur mit der Situation der Asylbewerber, sondern beleuchtet auch die Folgen der Austeritätspolitik für die einheimische Bevölkerung.
Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihres Reports gab sie in Griechenland der staatlichen Nachrichtenagentur Athens News Agency - Macedonian News Agency (AMNA) ein Interview. "Griechenland muss dringend Schritte ergreifen und eine langfristige Politik verfolgen, um die Aufnahme und die Integration von Migranten zu verbessern und um die Effekte der Austerität auf den Zugang zum Gesundheitsdienst und der Bildung umzukehren", sagte sie.
Die Europarats-Kommissarin stellte fest, dass Griechenland sich von einer Durchgangsstation zu einem faktischen Zielland für Immigranten gewandelt hat. In diesem Zusammenhang bemängelt sie die inhumane Unterbringung der Menschen in den Sammellagern auf den Inseln. Sie erwähnt all das, was seitens der Regierung in Reaktion auf einschlägige Pressereportagen als "Fake News" bezeichnet wurde.
Konflikte in den Migrantenlagern: Ein "brodelnder Vulkan"
Gesundheitsgefährdende hygienische Zustände in den Lagern, der mangelnde Schutz unbegleiteter Minderjähriger werden ebenso erwähnt wie die psychischen Auswirkungen des langen Aufenthalts in Lagern. Im Fall des Lagers Moria auf Lesbos sieht Mijatović zudem eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit auf der Insel. Sie beklagt außerdem Übergriffe der Polizei auf Migranten, Lagerinsassen und darüber berichtende Journalisten.
Hinsichtlich der Konflikte der verschiedenen in den Lagern lebenden Volksgruppen zieht der Bericht einen Vergleich zu einem brodelnden Vulkan. Mijatović ist auch zutiefst besorgt über die schlechten Bedingungen hinsichtlich der Unterkunft und der mangelnden sozialen Unterstützung, welche die meisten unbegleiteten Migrantenkinder in Griechenland erfahren.
Inhaftierte Kinder
Sie wiederholt diesen Vorwurf in ihrem Bericht mehrfach. Sie zeigt sich insbesondere beunruhigt über den Freiheitsentzug von Migrantenkindern: "Die griechischen Behörden sollten dieses Problem mit größerer Entschlossenheit angehen und insbesondere die Inhaftierung von unbegleiteten Migrantenkindern unverzüglich einstellen. Migrantenkinder sollten auch Zugang zu inklusiver Bildung haben, um ihre Integrationschancen zu erhöhen."
Andererseits stellt sie das gesetzlich verankerte Recht von anerkannten Asylbewerbern auf Zugang zum Arbeitsmarkt, der realen Situation im Land gegenüber. Sie fragt sich, wie der Sprache nicht mächtige Menschen in einem Land mit der hohen Arbeitslosenquote Griechenlands Arbeit finden können.
Austerität vs. Recht auf Gesundheit und Bildung
Die Kommissarin beschreibt in ihrem Bericht die Auswirkungen der Sparpolitik und zählt auf, dass Griechenland seit 2010 drei wirtschaftliche Anpassungsprogramme mit der Europäischen Kommission, der EZB und dem IWF vereinbart und diesbezüglich fünfzehn Sparpakete verabschiedet hat. Die Sparmaßnahmen, ein breites Spektrum drastischer Maßnahmen, betrafen insbesondere Reformen des öffentlichen Sektors, der Renten, der Steuern und des Arbeitsmarkt.
Mijatović zählt in ihrem Bericht auf, wie diese Maßnahmen die Menschenrechte, insbesondere die Rechte auf Gesundheit und Bildung, auch für die einheimische Bevölkerung und deren Randgruppen beeinträchtigt haben.