Merkel teilt Öcalans Meinung zu einem kurdischen Staat?

Seite 2: Die Operation Kralle

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Einen Tag vor der Sitzung der Regionalregierung, wo Neçirvan Barzani am 28. Mai 2019 zum neuen Präsidenten gekürt wurde, begann die Türkei mit der Bombardierung der nordirakischen Gebiete Xakurke und Lolan. Während der Parlamentssitzung tags darauf verkündete die Türkei den Start der "Operation Kralle". Seitdem gibt es nahezu pausenlos Angriffe des türkischen Militärs auf Dörfer in den Regionen Bradost, Behdînan, Zap und Gare.

Fast täglich fallen Zivilisten - Bauern, Frauen und Kinder - den Bombardierungen zum Opfer. Besonders betroffen sind die Nomaden des Stammes der Bradost, die ihre Tierherden auf den Hochweiden zwischen Şekîf und Lolan haben. Eine betroffene Schafhirtin empört sich:

Jede Nacht werden unsere Weiden bis zum Morgen von Hubschraubern und Kampfjets bombardiert. Dutzende unserer Tiere sind verendet, unsere Umwelt wird zerstört. Wenn die Kurden eine Einheit gebildet hätten, hätte der türkische Staat unser Land nicht besetzen können. Unsere Zersplitterung ermutigt die Türken. Verantwortlich für die Besatzung sind auch die südkurdischen Kräfte, die ihren Mund nicht aufmachen.

Rejîn Îsa

Weysî Xidir Reşo vom Stamm der Bradost fordert:

Wir wollen, dass die türkischen Truppen sich sofort zurückziehen. Die südkurdische und die irakische Regierung müssen ihre Partnerschaft mit den Besatzern sofort beenden. Es wird behauptet, dass sich die Angriffe gegen die PKK richten, aber die PKK ist überall. Ein Frontenkrieg gegen die PKK funktioniert nicht. Das Problem ist auch gar nicht die PKK, Kurdistan soll besetzt werden, darum geht es...Wir sollen aus unserer Heimat vertrieben werden…

Weysî Xidir Reşo

Die Veteranen der Peschmerga, die in der Veteranengruppe Pêşmergeyên Dêrîn organisiert sind, reagierten ebenfalls empört und erklärten, sich auf den Weg in die Region zu machen und diese gegen die türkische Invasion zu verteidigen. Und die kurdische Autonomieregierung - schweigt.

Indessen verlegt die Türkei weitere Truppen in die Region.

Die Stimmung in der kurdischen Bevölkerung scheint sich zunehmend gegen die Partei Barzanis zu wenden. Als der türkische Staat im Frühjahr das Dorf Şîladizê im Nordirak bombardierte und dabei vier Zivilisten ums Leben kamen, stürmte die Bevölkerung die dortige türkische Militärbasis Sire und brannte sie nieder.

Neue, alte Freundschaft zwischen türkischer Regierung und Barzani

Es werde eine neue Phase der Beziehungen zwischen der Türkei und dem Irak wird beginnen, sagte Nechirvan Barzani, neu gewählter Präsident der kurdischen Regionalregierung des Irak kürzlich bei seinem Besuch in der Türkei.

Ankara und Erbil hätten einen "historischen Bund der Freundschaft", sagte er in einem Interview mit der regierungstreuen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu, denn die Türkei hätte seinem Volk in all den schwierigen Zeiten beigestanden. Vergessen, dass die Türkei dem ehemaligen Präsidenten Mesud Barsani drohte, den Geld- und Wasserhahn abzudrehen, sollte er das Referendum zur Unabhängigkeit realisieren.

Vielmehr geht es um wirtschaftliche Interessen, die Barzani Erdogan Honig um den Bart schmieren ließ: Das derzeitige Handelsvolumen zwischen der Türkei und dem Irak in Höhe von 13 Milliarden US-Dollar solle erhöht werden, Barzani verspricht sich, einen Teil des Kuchens abzubekommen. Die Beteiligung am Ölexport in die Türkei sowie die Erhöhung des Ölexports steht für die kurdische Autonomieregierung ebenfalls auf der Agenda. Dass sich Barzani im Gegenzug dafür der PKK entledigen soll, ist selbstredend.