Mindestpreis für CO2 zeigt Wirkung

An Künsten der Antarktis wird durch Eisbildung das Meerwasser salziger und dichter. Das nach unten sinkende kalte Wasser spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Zirkulation, der Temperatur und der Verteilung von Sauerstoff und Nährstoffen der Ozeane. Bild: Alison Macdonald, Woods Hole Oceanographic Institution

Die Energie- und Klimawochenschau: Weniger Kohlestrom in Europa und Waldbrände in Chile

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Die Treibhausgasemissionen im Stromsektor der Europäischen Union sind im Jahr 2016 um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Zurückzuführen ist das hauptsächlich auf einen Wechsel von Kohle zu Gas, wie die Thinktanks Agora Energiewende und Sandbag berichten.

Es wurden 94 TWh weniger Kohlestrom erzeugt, dafür stieg die Stromerzeugung in Gaskraftwerken um 101 TWh. Das entspreche einer Emissionsreduktion von 48 Millionen Tonnen CO2. Die Hälfte des Wechsels von Kohle zu Gas ging auf Großbritannien zurück. Dort sind im vergangenen Jahr alte Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 8 GW stillgelegt worden. Zudem wirkt sich der Mindestpreis für CO2-Emissionen aus, den die britische Regierung im April 2015 beschlossen hatte. Zusätzlich zum Preis für die EU-Emissionshandelszertifikate (der derzeit bei 5 Euro pro Tonne liegt) sind in Großbritannien nun 30 Euro pro Tonne ausgestoßenem CO2 zu entrichten. Auf diesem Weg wird des für Kraftwerksbetreiber rentabler, Erdgas zu verstromen.

Zudem näherten sich der Brennstoffpreis von Gas und Kohle im Herbst 2016 an, so dass es auch temporär zum Wechsel bei der Stromerzeugung kam. Außerdem wurden in geringerem Umfang Kohlekraftwerke in den Niederlanden, Italien, Belgien, Deutschland und Polen geschlossen.

"Eine vergleichbare Situation wird es absehbar wohl nicht nochmals geben: Bis 2020 sind bislang nur wenige Schließungen von Kohlekraftwerke angekündigt, die Gaspreise übersteigen inzwischen wieder das Niveau der Kohlepreise", erklärt Agora Energiewende dazu.

Im Bereich der erneuerbaren Energien gab es hingegen recht wenig Dynamik. Ihr Anteil stieg lediglich von 29,2 auf 29,6 Prozent im europäischen Strommix, was u.a. auf schlechte Sonnen- und Windverhältnisse zurückzuführen ist. Auch der Zubau hat sich verringert, bei der PV von 8,2 GW 2015 auf schätzungsweise 7,3 GW 2016. Doch in den fallenden Preisen für Offshore-Windstrom und Solarstrom sehen die Analysten eine Perspektive für neues Wachstum.

Das Europäische Emissionshandelssystem zeigt sich durch die Menge der ausgegebenen Zertifikate weiterhin wirkungslos, der Überschuss liege nunmehr bei Zertifikaten für 3,2 Milliarden Tonnen CO2.

Abschaffung "vermiedener Netzentgelte"

In Deutschland sollen die Netzentgelte vereinheitlicht werden, das Bundeskabinett hat am 25.1. den Entwurf des Netzentgeltmodernisierungsgesetzes verabschiedet. Im Wesentlichen enthält das Gesetz zwei Punkte: die Einführung eines bundesweit einheitlichen Netzentgeltes und die schrittweise Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte.

Bislang erhalten die Betreiber dezentraler Kraftwerke Kompensationszahlungen für vermiedene Netzentgelte, da sie nicht alle Spannungsebenen nutzen. Der Gesetzgeber begründet die Abschaffung dieser Regelung damit, dass dezentral erzeugte Energie nicht mehr nur vor Ort verbraucht werde und durch die fluktuierende Einspeisung neue Netzkosten entstünden. Auf Seiten der dezentralen Erzeuger stößt dies auf Kritik.

"Die Streichung der vermiedenen Netzentgelte für dezentral, steuerbare Anlagen ist unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar. Insbesondere bei kommunalen bzw. kommunal geprägten Unternehmen, die im Vertrauen auf die aktuelle Gesetzeslage in hocheffiziente KWK-Anlagen investiert haben, würden hier Investitionen entwertet" schreibt etwa der Städte- und Gemeindebund in einer Stellungnahme.

Chile: Verheerende Brände mit vielfältigen Ursachen

In Chile sind die derzeit tobenden Waldbrände dabei, eine schlimmere Zerstörung anzurichten als die Wald- und Buschbrände in Kalifornien im Sommer 2016. Rekordtemperaturen von bis zu 45 Grad, kombiniert mit einer seit Jahren anhaltenden Dürre, sowie starke Winde boten den Feuern optimale Bedingungen.

Am Donnerstag vergangener Woche brannten über 100 Feuer, 11 Menschen sind den Bränden zum Opfer gefallen und über 1.000 Wohnungen wurden zerstört. Nach Angaben der Forstbehörde Conaf gab es bis Montag 119 Feuer, davon waren nur 8 gelöscht und 50 unter Kontrolle. 366.519 Hektar Land sind betroffen. Die Brände mögen von verschiedenen Faktoren, wie der ungünstigen Wetterlage, Unachtsamkeit bis Brandstiftung sowie der zunehmenden Verdrängung natürlicher Wälder durch Holzplantagen abhängen, eine schon seit den späten 1970er Jahren anhaltende Dürre erhöht jedoch insgesamt das Risiko von Waldbränden.

Eine Studie chilenischer Klimawissenschaftler, die im Januar 2016 in den Geophysical Research Letters veröffentlicht wurde beschäftigt sich mit dem Niederschlagsregime in den mittleren Regionen Chiles. Die Niederschläge sind demnach um 7,1 Prozent pro Dekade zurückgegangen, besonders stark seit 2010. Die Pazifische Dekaden-Oszillation (ein länger anhaltendes Klimaphänomen als El Niño) könne nur etwa die Hälfte des abnehmenden Niederschlagstrends erklären.

"Die verbleibende Fraktion ist wahrscheinlich nicht auf natürliche Phänomene zurückzuführen, sondern recht konsistent mit Simulationen über die regionalen Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels. Wir schätzen insbesondere, dass ein Viertel des Niederschlagsdefizits, das die Region seit 2010 betrifft auf anthropogene Ursachen zurückgeht", schreiben Juan B. Poisier et al.

Die Rolle der Kiefern- und Eukalyptusplantagen bei der Ausbreitung der Feuer wird in den chilenischen Medien diskutiert. Die Monokulturen sind insgesamt trockener und leichter entzündlich, durch den Rückgang naturbelassener Wälder wären auch Barrieren für die Brände verloren gegangen. Eine Präventionsmaßnahme wäre daher, verstärkt Mischwälder zu pflanzen, sowie Arten die weniger leicht entzündlich sind. Kleinteiligere Mosaiklandschaften können ebenso dazu beitragen, Brände einzugrenzen.

Ein weiteres Argument dafür, natürliche, artenreiche Wälder gar nicht erst durch Holzplantagen zu ersetzen, ist, dass erstere weit mehr Kohlenstoff speichern können. Je älter und artenreicher ein Wald ist, desto konstanter ist er in der Lage, Kohlendioxid aufzunehmen. Zu diesem Schluss kamen Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Geochemie Jena nach der Auswertung von Daten aus 50 weltweit verteilten Wäldern. Das Alter spielte eine noch wichtigere Rolle als die Artenvielfalt. Nun müsse überprüft werden, ob diese Tatsache in bisherigen Klimamodellen abgebildet ist.

Gefahr für die Meereszirkulation?

Kürzlich haben wir über Veränderungen in der Antarktis berichtet. Neue Erkenntnisse gibt es nun auch über die Tiefenwasser vor den Küsten des antarktischen Ozeans (Antarctic Bottom Waters). Diese dichte, und normalerweise sehr salzige Meeresschicht treibt die Meereszirkulation mit an. Im Winter sinkt stark salzhaltiges Wasser mit einer hohen Dichte von der Oberfläche in die Tiefe und verdrängt dabei anderes Tiefenwasser und setzt so die Zirkulation in Gang.

Bild: Eric Taylor, Woods Hole Oceanographic Institution

Mit dem Wasser aus der Tiefe des antarktischen Ozeans werden auch Sauerstoff, Kohlenstoff und Nährstoffe in den Meeren verteilt, der Mechanismus wirkt wie eine umgekehrte Pumpe, die erst das kalte Oberflächenwasser der Arktis zusammen mit dem darin eingeschlossenen Salz in die Tiefe befördert und dann, im Lauf seiner Reise, den Ozean mit Sauerstoff versorgt.

Wissenschaftler der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI) haben nun gemessen, dass der Salzgehalt dieser Schicht in der Antarktis zwischen 2007 und 2016 deutlich abgenommen hat. Messungen wurden bereits im Zeitraum von 1994 und 2007 durchgeführt, und auch damals hatte sich das Tiefenwasser erwärmt und war weniger salzig, im jüngsten Zeitraum hat der Salzgehalt jedoch noch stärker abgenommen. Das könnte daran liegen, dass 2010 ein großes Stück Eis an der Küste abgebrochen ist und dadurch große Mengen von Süßwasser in den antarktischen Ozean gelangt sind. Diese Hypothese muss aber noch überprüft werden.

Sollte der Trend anhalten, ist die Frage, wie sich die Meereszirkulation dann verändern und was das für die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Tiefsee bedeuten würde. Wärmeres Wasser führt in jedem Fall zu einem steigenden Meeresspiegel. "Je weniger salzhaltig und je wärmer das Wasser ist, umso weniger Dichte wird es haben und umso mehr wird es sich ausdehnen und Raum beanspruchen – und das führt zu einem steigenden Meeresspiegel", sagt Ozeanforscherin Alison Macdonald. "Wenn dieses Wasser nicht länger absinkt, könnte das weitreichende Folgen für die globalen Meereszirkulationsmuster haben."