Mit Geschenk!

Gewinnen die PC-Hersteller oder die Internetprovider den Kampf, den anderen zu einem Werbegeschenk zu machen?

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In der Zeit, als mein Vater noch ein Kind war, erhielt er in jeder Kaugummipackung eine kostenlose Baseballkarte. Das war ein Vermarktungsgag ähnlich der Spielzeugpfeife in einer Schachtel Cap'n Crunch, aber er förderte schließlich die Entwicklung, in der die Kaugummi-Industrie sich vollständig veränderte.

In den 70er Jahren, in denen ich aufwuchs, war Topps nicht mehr als ein Kaugummi-Hersteller bekannt, sondern als ein Baseballkarten-Unternehmen. Wir kauften 10 Karten pro Packung, zusammen mit einem blöden Kaugummi, den wir normalerweise wegwarfen. Der Kaugummi hatte seine Rolle als Produkt verloren und sich in eine Beigabe verwandelt.

Heute findet man in einer Packung Baseballkarten nicht einmal mehr einen Kaugummi. Das rosafarbene Kauprodukt, das zunächst die Karten ermöglichte, wurde auf eine Beigabe reduziert und dann ganz abgeschafft. Das sind die Gefahren, wenn man eine Werbung macht, die ein Produkt aufwerten.

Im Krieg zwischen Baseballkarten und Kaugummis gewannen die Baseballkarten. Ähnliche Kämpfe werden gegenwärtig in der Computerindustrie ausgetragen. Während Computerhersteller sich Möglichkeiten ausdenken, den Käufern ihrer Maschinen einen kostenlosen Internetzugang mitzuliefern, beginnen Internetprovider denjenigen kostenlos Computer zu geben, die sich bei ihnen anmelden. Jede Branche versucht die andere in einen Kaugummi zu verwandeln.

Auch wenn NASDAQ-Investoren sich durch die Seiten von Wirtschaftszeitungen wühlen, um herauszubekommen, welche Wertpapiere sie im Herbst schnell abstoßen sollen, so würden sie mit einer einfachen Analyse des Baseballkarten-Szenarios besser fahren, um einen Hinweis zu erhalten, welche Branche von der anderen geschluckt wird.

Der Grund für den Sieg der Baseballkarten über den Kaugummi liegt darin, dass die Karten sich verändern. Die Karten von der letzten Saison haben einfach keine Bedeutung mehr. Die Notwendigkeit, neue Karten herzustellen, ist in das Produkt selbst eingebaut. Das ist es, was die Technologiebranche eine "Neuheit" nennen würde.

Wenn es nichts Neues, Verbesserbares oder Veränderbares in dem Verkaufsprodukt gibt, dann besteht keine Möglichkeit, die früheren Modelle veralten zu lassen. Deswegen entwirft und legitimiert letztlich die Computerchipindustrie so verzweifelt ein neues Produktdesign. Sie setzt auf unser Begehren, neue komplizierte Grafik- oder Musikprogramme zu benutzen, die neue leistungsfähigere Chips benötigen. Das ist auch der Grund, warum Intel die Entwicklung von neuen Musik- oder Videoprogrammen so stark fördert. Obgleich man Kaugummis frisch kaufen muss, gibt es wohl kaum eine zwingende Notwendigkeit für neue Kaugummiarten. Eine neue Geschmacksrichtung alle paar Jahre mag interessant sein, aber ein Kaugummi bleibt letztlich ein Kaugummi.

Baseballkarten müssen sich jedes Jahr verändern, weil die Spieler jeder Mannschaft wechseln. Kaugummis hingegen müssten nur anders werden, wenn sich unsere Geschmacksvorlieben mit der Zeit stark verändern würden, was sie aber nicht der Fall ist. Überdies haben Karten einen Markenwert. Zu meiner Zeit als Kind mussten es Karten von Topps sein. Der Kaugummi hingegen war einfach ein Kaugummi, wobei die Kaugummis, die nicht zusammen mit Baseballkarten verkauft wurden, normalerweise sowieso besser waren. Bazooka wurde beispielsweise von den kleinen Comics niemals an den Rand gedrängt.

Da die Computerhersteller eine Ware auf den Markt bringen, die fast jeder nachmachen kann, sind sie auf ähnliche Weise einem Konkurrenzkampf um den Preis, die Schnelligkeit und die Verarbeitungskapazität ausgesetzt. Abgesehen vom iMac und von seinen Imitatoren gibt es keinen Markenwert für PC-Gehäuse. Und solange die PC-Branche keine besseren Produktdesigner beschäftigt, werden diejenigen, die ein Markengehäuse suchen, einfach mehr bezahlen, um einen Mac zu erwerben. Computer sind wie Kaugummis Waren.

Den Internetprovidern geht es allerdings auch nicht besser, denn sie unterscheiden sich kaum voneinander. Wer kümmert sich schon groß darum, wo man sich einwählt, solange man sich mit 56 Kilobyte einloggen kann und die Leitung selten belegt ist? Und die Markentreue? Wer hat sich seinen Internetprovider schon jemals als eine Marke vorgestellt?

In den Zeiten der Bulletin-Board-Dienste war der Ort, an dem man seine Mail erhielt, derselbe wie der, wo man sich online "aufhielt". Jetzt verrät einem die Email-Adresse nicht mehr als eine Kreditkartennummer. Wer wird also als Kaugummi enden? Meiner Meinung nach beide. Weder PC-Hersteller noch Internetprovider bieten irgendeine Neuheit oder andauernde Markenwerte. Und bald werden beide so kostenlos oder zumindest so relativ kostenlos wie Browsers sein.

Wer wird sie verschenken? Natürlich die Firmen, die Portale anbieten. Ihnen ist es egal, welchen Computer man kauft oder bei welchem Internetprovider man ist, solange man sich für ein Portal als Startseite entscheidet. Und im Unterschied zu PCs und Internetprovidern müssen sich Portale täglich, manchmal in jeder Minute ändern. Portale müssen sich so im Fluss befinden, wie dies vom Button für "Neu laden" verlangt wird. Die Portalanbieter erkennen ihre Wettbewerbsvorteile, weswegen sie die Vermarktung ihrer Anbieter feiern oder sogar dazu einen Beitrag leisten. Man braucht sich dazu nur Shop.Yahoo.Com oder eine andere Website anschauen, die E-Commerce-Firmen versammelt. Man tippt einfach ein, was man kaufen will, und das Portal führt einen schnellen Preisvergleich für dieses Produkt bei jedem von ihm auffindbaren Online-Anbieter durch. Wenn man den "Kaufen"-Button anklickt, kann man das Produkt mit dem günstigsten Preis bestellen, ohne jemals die Yahoo-Website verlassen zu müssen. Wenn die Kreditkarte bereits durch die Yahoo-Mitgliedschaft vorliegt, findet die ganze Transaktion unsichtbar statt. Und da man dem Portal seine Kreditinformationen anvertraut, sollte es sich besser um eine Marke handeln, die man erkennt und schätzt.

Während also die PC-Hersteller und die Internetprovider darum kämpfen, die Angebote des jeweils anderen in ein Werbegeschenk zu verwandeln, so werden die Geschäftsstrategien der Online-Portale höchstwahrscheinlich den Rest des bekannten Universums zu Kaugummi machen. Und erstaunlicherweise sind es eben jene Firmen, die sie rosa machen, die auch für den wertvollen Platz auf den Portalseiten zahlen.

Copyright 1999 by Douglas Rushkoff
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Aus dem Englischen übersetzt von Florian Rötzer