Mit Pragmatismus zum Glück

Die neue Shell Studie "Jugend 2010" schildert eine positiv denkende Jugend. Die Ausnahme bilden Jugendliche aus "sozial schwierigen Verhältnissen"

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„Mittlerweile ist Gott nur noch für 44 Prozent der katholischen Jugendlichen wichtig“: Die neue Shell-Studie "Jugend 2010" wird Priestern dieser Konfession nicht gefallen. Und auch Banken, die Bundesregierung, große Unternehmen und Parteien kommen in der Bewertung der 12- bis 25-Jährigen schlecht weg.

Freuen dürfen sich dagegen die Eltern: Mehr als 90 Prozent der Jugendlichen haben ein gutes Verhältnis zu ihnen. Bestätigt werden aber auch Warner, wie zum Beispiel Lehrer, die in ihren Berichten aus dem Schulalltag von Jugendlichen sprechen, die der Gesellschaft verloren gehen. Jugendliche, die aus „sozial schwierigen Verhältnissen“ kommen, äußern sich deutlich weniger zuversichtlich und zufrieden als die anderen über ihre Lebensumstände und ihre Zukunftsaussichten. Nur 40 Prozent unter ihnen sind „zufrieden mit ihrem Leben“. Im Gesamtüberblick waren dies demgegenüber fast drei Viertel aller Jugendlichen: Auch die Shell-Studie bestätigt eine „soziale Kluft“.

„Soziale Spaltung“

Die Unterschiede in der Herkunft erhärten sich, wenn man ein anderes wichtiges Feld anschaut: den Berufswunsch. Die Verfasser der Studie notieren hier zwar eine „positive Trendwende“ beim Großteil der Jugendlichen. So seien 71 Prozent der Auszubildenden davon überzeugt, dass sie sich ihre beruflichen Wünsche erfüllen können. Doch ist auch hier die Rede von einem gegenläufigen Trend bei Jugendlichen aus „sozial schwierigen Verhältnissen“. Dort sind nur 41 Prozent davon überzeugt, dass sie ihre beruflichen Ambitionen in die Tat umsetzen können.

Auch bei der Internetnutzung verrieten die Antworten der „mehr als 2.500 Jugendlichen und Heranwachsenden“ laut Studie eine „soziale Spaltung“. Ihre Antworten bestätigten das gängige Vorurteil, wonach junge, wenig gebildete Männer aus ärmeren Familien „hauptsächlich“ vor dem Computer sitzen, um sich die Zeit mit Computerspielen zu vertreiben. In vier Kategorien hat man die Internet-Nutzer unterteilt: In die eben genannten „Gamer“, etwa ein Viertel der Jugendlichen mit Netzzugang; in „Digitale Netzwerker“, rund 25 Prozent, hier hebt man vor allem Mädchen und jüngere Frauen hervor, welche die sozialen Netzwerke nutzen. Die älteren weiblichen Jugendlichen reiht man eher unter den „Funktions-Usern“ (17 Prozent) ein, denen das Internet Mittel zum Zweck ist: für Informationen, E-Mails und Online-Einkäufe. Junge Männer aus den oberen Schichten werden hauptsächlich bei den Multi-Usern, 34 Prozent, beobachtet: Sie nutzen laut Studie die „gesamte Bandbreite des Netzes mit all seinen Funktionalitäten“.

Positiv denken ist „in“

Die große und interessante Frage, die sich die aktuelle Studie stellte, zielte darauf, wie die Jugendlichen auf die Finanz-und Wirtschaftskrise reagieren. Wie sie sich den Unsicherheiten stellen, die unter den Stichworten Globalisierung, Klimawandel, Werte, Optimismus und soziales Engagement besonders angesprochen werden. Da bei Shell immer irgendwie keine fahle, sondern eine vollgelbe Sonne aufgeht, ist es selbstverständlich, dass die große Botschaft meist von positivem Schimmer bestrahlt wird, so auch diesmal. Die „Jugend 2010“ trägt den Untertitel: „Eine pragmatische Generation behauptet sich“.

Positiv denken ist „in“. Gegenüber 2006 hat sich der Optimismus der Jugendlichen deutlich erhöht: 59 Prozent blicken ihrer Zukunft zuversichtlich entgegen, 35 Prozent äußern sich unentschieden und nur 6 Prozent sehen ihre Zukunft eher düster.

Leistungsbereit, ehrgeizig, mit Familienwunsch

Mit Ausnahme des eingangs genannten Nachwuchses aus benachteiligten Schichten zeichnen die ermittelten Trends eine Jugend, die auf den großen Blick beruhigt und beinahe mustergültig aussieht . Sie bekundet Leistungsbereitschaft, Ehrgeiz, Sinn für Vergnügen am Leben und großes Interesse an der Pflege von sozialen Beziehungen. Sie schätzt ihre Eltern, fast drei Viertel wohnen noch bei ihren Eltern, Zeichen auch ihrer Pragmatik: „Weil es kostengünstig und bequem ist“:

Mehr als 90 Prozent der Jugendlichen haben ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern. Auch mit deren Erziehungsmethoden sind die meisten einverstanden. Fast drei Viertel aller Jugendlichen würden ihre eigenen Kinder so erziehen, wie sie selber erzogen wurden.

Und sie wünschen sich mehrheitlich – im Unterschied zu vorangegangenen Untersuchungen (siehe dazu Neues zur Jugend von heute) - selbst Kinder, 69 Prozent der Jugendlichen äußerten diesen Wunsch; die Frauen (73 Prozent) häufiger als die jungen Männer (65 Prozent).

Politisch ordnen sich die Anfang dieses Jahres befragten Jugendlichen laut Studie in der Mehrheit „etwas links von der Mitte“ ein. Das Interesse an der Politik sei wieder gewachsen, besonders in den mittleren und gehobenen Schichten und bei den Jüngeren. Das Niveau der 1970er und 1980er Jahre würde aber deutlich nicht erreicht. Polizei, Gerichte, Bundeswehr sowie Menschenrechts- und Umweltschutzgruppen genießen – anders als die Bundesregierung und die anderen eingangs aufgeführten Institutionen - demnach großes Vertrauen der Jugendlichen. Einen starken Bezug zur Religion stellt die Studie übrigens vor allem bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund fest, der habe in diesem Jahrzehnt sogar noch zugenommen.