Mit dem Mikrofon zum Volke!

Künftig weiterhin noch ein Haus der Beraterverträge? RBB-Sitz an der Berliner Masurenallee. Bild: Kazuyanagae, CC BY-SA 4.0

Themen des Tages: Welche Dimension der Berliner Medienskandal eigentlich hat. Warum Krieg keinen Frieden bedeutet. Und wie ein Faschistenfreund rehabilitiert wird.

Liebe Leserinnen und Leser,

am heutigen Freitag und am Wochenende werden wir uns dem Skandal beim Rundfunk Berlin-Brandenburg widmen und fragen: Was muss sich beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk tun, um seinen Ruf und gegebenenfalls seine Existenz zu retten? In Kassel versucht die Friedensbewegung indes mehr Leute zusammenzubekommen, als in einen Kleinbus passen. Und der ukrainische Botschafter bekommt – zugeneigten Politikern und Medien sei Dank – eine zweite Chance.

Doch der Reihe nach.

RBB-Skandal: Mehr als Missmanagement in der Masurenallee

Beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) soll nun alles ganz schnell gehen: Die in Ungnade gefallene Intendantin Patricia Schlesinger, die so unklug war, sich beim Mittelmissbrauch erwischen zu lassen, ist geschasst und hat all ihre Privilegien verloren. Was unmittelbar zu zwei Fragen führt, die kaum hinreichend diskutiert werden.

Erstens: Gibt es strukturelle Gründe für den Missbrauch beim RBB, auch über dieses Haus hinaus?

Und zweitens: Welche Reformen braucht es an der Spitze des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?

Dass den polit-medialen Eliten ihr Elitendasein insgeheim peinlich ist, sie also durchaus ein Gespür dafür haben, dass das vollhändige Abschröpfen öffentlicher Gelder bei den Menschen im Land nicht so gut ankommt, hat sich gleich zu Beginn des RBB-Skandals gezeigt, als die alte Leitung mit allen Mitteln versuchte, Bonuszahlungen zu verschleiern. Die eigene Berichterstattung an der Berliner Masurenallee wirkte skurril: RBB-Redakteure recherchierten gegen die RBB-Spitze; ein Rapport gegen sich selbst, sozusagen.

Die Causa Schlesinger zeigt: Es läuft kräftig etwas schief in gebührenfinanzierten Sendeanstalten, in denen eine Selbstbedienungskultur herrscht, wie man sie sonst nur aus Parlamenten und Ministerien kennt.

Damit soll kein billiger Sozialneid geschürt werden: Jahresgehälter zwischen 200.000 und 300.000 Euro wären ja völlig okay, wenn, ja wenn die Intendanten Erfolg vorweisen könnten. Statistiken belegen aber seit Jahren ein rückläufiges Medienvertrauen.

Tom Buhrow, der Schlesinger kürzlich öffentlichkeitswirksam sein Vertrauen und sich damit der Gefahr entzog, selbst unangenehme Fragen beantworten zu müssen, ficht das im gebührenfinanzierten Massagesitz seines 7-er Dienst-BMWs freilich nicht an.

Höchste Zeit also für eine radikale Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dessen Ruf schwer beschädigt ist. Das bedeutet auch eine neue demokratische Dialogkultur zwischen Sendeleitungen, Belegschaften und der Bevölkerung, also den Medienkonsumenten, die ja irgendwie die Kunden, aber sicher keine Könige sind.

Ganz im sandinistischen Sinne also: Mit dem Mikrofon zum Volke. Geschieht das nicht, werden Blaue, Braune und ihre marktliberalen Gesinnungsfreunde die Gunst der Stunde nutzen, um gegen öffentlich-rechtliche Medien vorzugehen. Die "Lügenpresse"-Schreier werden noch lauter schreien – und gehört werden.