Mit dem digitalen Geld in die Unfreiheit?

Seite 3: Impact Investing

So abgedroschen die Floskel ist: Daten sind immer noch "das neue Öl". Und die Aussicht auf eine eindeutige Identifizierbarkeit in einer zunehmend digitalisierten Welt weckt Begehrlichkeiten – nicht nur bei staatlichen, sondern auch bei privaten Akteuren.

Wer meint, "die wissen doch ohnehin schon alles", liegt falsch. Dazu reicht schon ein Blick auf die Klarnamen-Debatte, die ihrerseits immer wieder durch die Hate-Speech- und Desinformation-Debatten belebt wird. Doch mit einem Sozialkreditsystem auf CBDC-Basis steht weitaus mehr auf dem Spiel, als Rechtssicherheit und Meinungsfreiheit im Internet.

Denn ist erst einmal die Infrastruktur für ein solches System geschaffen, ist es nur eine Frage künftiger Gesetzgebung und verschobener Diskurse, inwieweit die Barrieren zur Verknüpfung persönlicher Daten fallen und die "Architektur der Unterdrückung" (Edward Snowden) ihr volles Potenzial entfaltet. Und damit kommen wir ein weiteres Mal zurück auf Rishi Sunak.

Als Mitarbeiter des Children's Investment Fund (TCI), der sich bei gleichzeitiger Steuervermeidung auf den Cayman Islands für soziale Zwecke zu engagieren vorgibt, hat Sunak bereits einen Vorgeschmack auf die neue, revolutionäre Marktinfrastruktur bekommen, die er sich von der Einführung einer CBDC verspricht.

Die US-Amerikanerin Alison McDowell hat auf ihrem Blog über Jahre hinweg minutiös dargelegt, inwieweit die vom Weltwirtschaftsforum ausgerufene vierte Industrielle Revolution in Verbindung mit Blockchain-basierten Digitalwährungen auf das Ziel des sozialen Wirkungskredits (auch: Social Impact Investment oder Human Capital Investment) zusteuert. In einem Paper der Bertelsmann-Stiftung von 2013 wird das Prinzip folgendermaßen zusammengefasst:

Social Impact Bonds (SIBs) – auch Pay-for-Success-Finanzierungen genannt – bieten eine neue, innovative Möglichkeit, präventive Maßnahmen im sozialen Sektor mit Hilfe von privaten Investoren zu finanzieren. Die Rückzahlung des eingesetzten Investmentkapitals ist vom Erfolg der sozialen Maßnahme abhängig.

Dieses Geschäftsmodell, dem McDowell sich eingehend widmet, lässt sich am besten mit dem 2018 geborenen "Blockchain-Baby" aus Tansania illustrieren. Bei seiner Geburt erhielten sowohl Mutter als auch Kind jeweils eine digitale Identität. Die während der Schwangerschaft geleistete Gesundheitsversorgung wurde per Blockchain aufgezeichnet und nachverfolgt, um Komplikationen vorzubeugen und Erkenntnisse zu gewinnen, wie die Versorgung effizienter gestaltet werden kann.

Dabei wurden auch Bezugsgrößen für eine effiziente Unterstützung definiert und entsprechende Anreize gesetzt – hat die Patientin etwa regelmäßig ihre Untersuchungstermine wahrgenommen, wurde sie beispielsweise mit einem Regenschirm belohnt.

Hier sind wir schließlich bei der Verhaltensökonomik angelangt, die Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelmeier in der Schmiede des Finanzkapitalismus vermisste, die Rishi Sunak durchlaufen hat (siehe Teil 1). Doch es sieht im Gegenteil ganz danach aus, als ob der Finanzkapitalismus das "Token-System" – ein Begriff, der bemerkenswerterweise ursprünglich aus der Verhaltenspsychologie stammt – durchaus verstanden hat, zu seinem Vorteil zu nutzen.

Mit den sozialen Wirkungskrediten erobert sich der Kapitalismus gewissermaßen neuen Lebensraum – und erschließt sich einen riesigen Markt in vormals verschlossenen Bereichen wie dem öffentlichen Gesundheits- oder Bildungswesen. Es wundert daher nicht, dass gerade Mastercard und andere Mitglieder der Better Than Cash Alliance entsprechende Vorhaben unterstützen.

Die viel gepriesene "finanzielle Inklusion" der Entwicklungs- und Schwellenländer erscheint vor diesem Hintergrund eher als eine weitere Möglichkeit, das kredit- und schuldenbasierte Finanzsystem noch auf die Schwächsten auszuweiten, die sich aufgrund ihrer Lebensumstände zu einer Einwilligung gezwungen fühlen könnten.

Bonus-Malus-Systeme nach diesem Vorbild sind aber auch jenseits der (vermeintlichen) Entwicklungshilfe denkbar, etwa wenn es um die Einhaltung von Klimavorgaben geht – Stichwort: CO2-Fußabdruck. Und wehe dem, der dann nicht befolgt, was (nicht immer für alle nachvollziehbar) als effizient – oder auch: nachhaltig – definiert wird.

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