Mit sanfter Gewalt

Iran-USA: Die nächste farbige Revolution in Vorbereitung?

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Der neue Ansatz hat seine Vorläufer. Schon Ende Mai letzten Jahres wurde von amerikanischen Regierungsvertretern angekündigt, was die US-Außenministerin Condoleeza Rice letzte Woche unter dem Beifall nicht nur konservativer Kreise stolz verkündete: Die Regierung Bush will ihr Budget für die Unterstützung politischer Veränderungen in Iran drastisch erhöhen. 75 Millionen Dollar mehr für die Unterstützung von Fernseh-und Radiosendern, dissidenten Gruppen, Gewerkschaften und Stipendien für Studenten.

Eine bemerkenswerte Aufstockung: Im letzten Jahr hatte man nur bescheidene 3 Millionen Dollar für „Anstrengungen, die innere Politik in Iran zu beeinflussen“ zur Verfügung, für dieses Jahr immerhin schon 10 Millionen und nun der spektakuläre Nachschlag, den man sich vom Kongress erbeten will. Mediengerecht serviert kurz vor der Abreise der Außenministerin in den Nahen Osten und wenige Tage vor der Rede des Verteidigungsministers, in der Rumsfeld eine massive Aufrüstung der strategischen Kommunikation forderte (vgl. Niederlage im Medienkrieg). Rumsfeld hielt seine Rede vor dem Council on Foreign Relations und von dort gab es auch deutliche Anerkennung für den neuen Ansatz der US-Regierung gegenüber Iran:

It marks a new attempt to reform the Iranian regime from within through a tool known as “soft power”.

Wie nun die Anwendung der „Soft Power“, welche der Harvard-Professor Joseph S. Nye, Jr. in einem viel beachteten Artikel schon im Sommer 2004 angemahnt hat, konkret im Fall Iran aussieht, ist weitgehend unklar und reizt zu Spekulationen - wenn auch das Stichwort „Regime Change“ von den höheren diplomatischen Rängen vermieden wird.

Löwenanteil des Geldes bleibt in den USA

Der Löwenanteil der 85 Millionen wird wahrscheinlich in den USA bleiben. Der Großteil der Förderung soll Radio-Stationen, die ihre Programme in Farsi senden, wie etwa Radio Farda oder Voice of America, zugute kommen und verschiedenen Satelliten-TV-Stationen, die meist von Los Angeles aus senden. Die Grenzen der „Propaganda“ durch Sender, die ihre Popularität vor allem über Musikprogramme (ausgenommen „Voice of America“) gewinnen, müssten allerdings spätestens seit dem Scheitern von al-Hurrah im arabischen Raum deutlich sichtbar sein.

Die meisten Millionen bleiben allerdings auch aus anderen Gründen wahrscheinlich in den USA. In Iran operieren Menschenrechtsorganisationen und NGOs unter strengster Aufsicht des Staates und der Geheimdienste. Es dürfte nicht leicht fallen, diese Organisationen finanziell zu unterstützen, ohne dass es auffällt. Wie groß das Reservoir an dissidenten Gruppen ist, die man mit Dollars unterstützen kann, ist die große Frage. Inwieweit es eine zivilgesellschaftliche Basis gibt, bei der man die amerikanische „soft power“ für eine politische Veränderung ansetzen kann, ist ebenso fraglich.

Viele für Änderung der politischen Situation, aber nicht im Sinne der Regierung Bush

Folgt man Diskussionen in iranischen Blogs, so äußern sich viele für eine Änderung der politischen Situation, aber nicht im Sinne der Regierung Bush. Die Weigerung sich für die politischen Interessen der USA vereinnahmen zu lassen, ist nicht selten. Das hat zum einen historische Gründe ("Operation Ajax", die vom CIA unterstützte Absetzung des Premiers Mossadegh 1953 und die Unterstützung des Shah-Regimes), zum anderen aktuelle - die aggressive Politik der USA im Nahen Osten. Davon abgesehen laufen iranische Oppositionelle im derzeitigen Kalten Krieg zwischen den USA und Iran ständig Gefahr, als amerikanische Spione gebrandmarkt und zu harten Strafen verurteilt zu werden. Selbst wenn man der amerikanischen Initiative zur Stärkung der inneriranischen Opposition wohlwollend gegenübersteht (angesichts der derzeitigen Verhältnisse in Iran finden sich genug Gründe für diese Haltung), bleibt ein Problem, das ein Stanford University Professor für das Studenten-Stipendien-Programm auf den Punkt bringt:

This is a very good idea, but all these efforts face the same problem. In working with their potential colleagues in Iran, will they get them into trouble? Once they participate in a training program, what happens to them back in their country?

Washington will Geld über amerikanische Organisationen an Verbindungsleute in Iran schleusen, die große Hoffnung dahinter wird nur angedeutet: die nächste farbige Revolution.

Wie früher die CIA

Immerhin hat die National Endowment for Democracy (NED), die prominent als Adressat für Gelder, die sie an Oppositionelle in Iran weitergeben soll, im Zusammenhang mit der Riceschen Propaganda-Offensive erwähnt wird, hier schon einige Erfahrung gesammelt. Gegründet im kalten Krieg gegen die Sowjetunion Anfang der achtziger Jahre auf eine Initiative der Reagan Regierung hin hatte die NED nicht nur in der Iran-Contra-Affäre ihre Finger im Spiel, sondern auch bei den friedlichen Revolutionen in Serbien, Georgien und der Ukraine.

Ihr erster Präsident, Allen Weinstein, sprach in ungewöhnlicher Offenheit davon, dass „eine Menge davon, was die Stiftung mache, 25 Jahre zuvor in verdeckter Weise von der CIA getan wurde.“ Die NED gibt sich als regierungsunabhängige Organisation aus, erhält aber das meiste Geld vom amerikanischen Außenministerium. Ranghohe Vertreter der Bush-Regierung, die sich auch beim „Project for a New American Century“ (PNAC, vgl. Die Prätorianer-Garde des Imperiums) eingeschrieben haben, haben auch bei NED "amtiert".

These 'private' agencies are really just fronts for the departments they serve; the agency may prepare a report or a research project that it then gives to the private firm to attach its letterhead to, as if it were really a private activity or initiative.

Als Partner für die NED gilt Freedom House, das ebenfalls bei den farbigen Revolutionen mitgemischt hat und eine Besetzung mit stark neokonservativer Tendenz hat. Was Iran angeht, favorisiert man offensichtlich die ex-marxistische Volksmudschahedin (vgl. Herzliche Beziehungen zu Terroristen) als viel versprechende Partner für den politischen Umsturz.

Das "Template" für die farbigen Revolutionen mag ja wirken "wie ein Virus" und hat trotz kritischer Einwände immerhin das Moment der Gewaltfreiheit für sich, aber wo ist der iranische Kandidat, den man damit an die Macht bringen könnte? Und lassen sich die Massen an zornigen Jungendlichen in Iran finden, die dafür mobilisiert werden können?