Münchner Sicherheitskonferenz: Ein Teil der Welt zu Gast bei Freunden
Eine russische Delegation wird es auf der Tagung vom 17. bis 19. Februar nicht geben. Ansonsten bemüht sich die Konferenzleitung angeblich um Inklusion. Protestbündnis spricht von "Etikettenschwindel" und Lobbyismus.
Vom 17. bis 19. Februar wird die bayerische Landeshauptstadt wieder einmal zur Hochsicherheitszone: Mehr als 40 Staats- und Regierungschefs, mehr als 90 Ministerinnen und Minister sowie Chef internationaler Organisationen reisen zur 59. Münchner Sicherheitskonferenz im Luxushotel Bayerischer Hof an.
Auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris hat ihre Teilnahme zugesagt. Am "Vorabend des ersten Jahrestags der brutalen und unprovozierten Invasion Russlands in der Ukraine" wolle Harris "transatlantische Einigkeit und Entschlossenheit" demonstrieren – ebenso "weltweite Führerschaft der USA" (im Original "U.S. globel leadership") und "dauerhaftes Engagement zur Unterstützung der Ukraine", teilte das Weiße Haus mit Blick auf ihre Deutschland-Reise mit.
Weitere prominente Gäste seien französische Präsident Emmanuel Macron, der polnische Präsident Andrzej Duda sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur von der Konferenzleitung. Aus der Ukraine werden Außenminister Dmytro Kuleba und Verteidigungsminister Olexij Resnikow erwartet.
Zum zweiten Mal in Folge ohne russische Offizielle
Eine offizielle russische Delegation wird zum zweiten Mal in Folge nicht im Bayerischen Hof anwesend sein. "Wir sind uns zu schade, diesen Kriegsverbrechern im Kreml mit der Münchner Sicherheitskonferenz eine Bühne für ihre Propaganda zu bieten", begründete Konferenzleiter Christoph Heusgen Anfang der Woche laut einem Bericht der Zeit diese Entscheidung.
Im vergangenen Jahr, als die Konferenz wenige Tage vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine stattfand, war es die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa, die die Teilnahme einer Delegation aus ihrem Land abgesagt hatte. Ihre Begründung: Die Konferenz habe sich "in den letzten Jahren immer mehr zu einem rein transatlantischen Forum gewandelt" und dabei "an Inklusivität und Objektivität eingebüßt". Der damalige Konferenzchef Wolfgang Ischinger fand es seinerzeit bedauerlich, "dass Russland sich nicht stellt".
Laut Heusgen werden in diesem Jahr prominente russische Regierungsgegner wie frühere Oligarch Michail Chodorkowski und Julia Nawalnaja, die Ehefrau des inhaftierten Alexej Nawalny nach München kommen.
Als Veranstalter fungiert die Stiftung Münchner Sicherheitskonferenz gGmbH, allerdings mit regierungsamtlichen Partnern und Sponsoren sowie solchen aus der Privatwirtschaft, darunter auch Rüstungs- und Mischkonzerne wie Rheinmetall, Airbus, Lockheed Martin und MBDA. Ins Leben gerufen wurde die Veranstaltung 1963 unter dem Namen "Wehrkundetagung".
Absolutes Schwerpunktthema der diesjährigen Konferenz dürften der Krieg in der Ukraine, die indirekte Beteiligung der Nato-Staaten und deren weitere Strategie gegenüber Russland sein. Der ehemalige Spitzendiplomat Heusgen, der sich entschieden für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine starkgemacht hat, bemüht sich aber, den Eindruck zu vermeiden, dass er und die hochrangigen Gäste den Rest der Welt nicht im Blick hätten.
"Die Münchner Sicherheitskonferenz hat sich der Diversität und Nachhaltigkeit in allen Formen verschrieben und ist bereit, sich an ihren sehr ambitionierten Zielen messen zu lassen; sei es die gendergerechte Besetzung der Sprecher:innen oder die Inklusion von Stimmen aus dem Globalen Süden", wird auf der Homepage der Konferenz versprochen.
Das Münchner Aktionsbündnis, das auch in diesem Jahr wieder Protest gegen die "Siko" im Bayerischen Hof organisiert, überzeugt das nicht: "Die Siko ist eine Versammlung der wirtschaftlichen und politischen Machteliten der Nato und EU-Staaten, mit Spitzenmilitärs und Lobbyisten der Rüstungskonzerne. Sie dient seit Jahren dazu, die Aufrüstung der Nato weiter voranzutreiben", erklärte Claus Schreer vom Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz auf einer Pressekonferenz an diesem Donnerstag.
"Kompromisslos gegen jede Anwendung militärischer Gewalt"
"Im Gegensatz den Regierungsparteien, die die Kriege der Nato-Staaten gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen gerechtfertigt und unterstützt haben, treten wir kompromisslos gegen jede Anwendung militärischer Gewalt gegen andere Länder ein", stellte er klar. "Deshalb verurteilen wir auch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, in dem Zehntausende Menschen getötet werden und das Land zerstört wird."
Die einzige Alternative zum weiteren Töten und immer größeren Zerstörungen seien deshalb ein sofortiger Waffenstillstand und eine Verhandlungslösung, "bei der die Sicherheitsinteressen der Ukraine ebenso garantiert werden wie die von Russland", so Schreer.
Das Bündnis informierte bei dieser Gelegenheit auch über den geplanten Ablauf der für Samstag, den 18. Februar geplanten Demonstration unter dem Motto "Verhandeln statt Schießen – Abrüsten statt Aufrüsten", die um 13 Uhr am Karlsplatz-Stachus beginnen soll. Geplant ist auch, den Tagungsort weiträumig zu umzingeln.
Redebeiträge auf der Abschlusskundgebung auf dem Marienplatz soll es von der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (Die Linke) sowie Jacqueline Andres von der Informationsstelle Militarisierung in Tübingen und Mitgliedern der Klimagerechtigkeitsbewegung Extinction Rebellion geben.