Musk, Macht und die AfD: Der Tesla-Chef mischt sich in deutsche Politik ein

Elon Musk in lockerer Kleidung, Lederjacke und Kappe

Bild: Kathy Hutchins / Shutterstock.com

Elon Musk preist in einem Gastbeitrag die AfD als "letzte Hoffnung" für Deutschland. Die Empörung ist groß. Warum genau?

Die Wochenzeitung Welt am Sonntag (WamS) veröffentlichte in ihrer jüngsten Ausgabe einen kurzen Gastbeitrag von Elon Musk. Der Milliardär und Unternehmer (SpaceX, Tesla, X, Neuralink) vertritt darin die Position, die AfD sei "der letzte Funke Hoffnung für dieses Land".

Der WamS-Beitrag ist nur Abonnenten zugänglich, wobei sich im Netz zahlreiche Kopien finden. Musk benennt darin fünf Themenfelder.

"Wirtschaftliche Wiederbelebung"

Derzeit versinke Deutschland in Bürokratie. "Die AfD hat verstanden, dass wirtschaftliche Freiheit nicht nur wünschenswert, sondern notwendig ist", schreibt Elon Musk.

Der Abbau staatlicher Überregulierung und Steuersenkung spiegelten Prinzipien wider, "die Tesla und SpaceX erfolgreich gemacht haben". Weiter ins Detail geht er hier wie bei den anderen Punkten nicht.

"Zuwanderung und nationale Identität"

Deutschland habe viele Migranten zwar aus humanitären Gründen ins Land gelassen, damit jedoch auch für bedeutende kulturelle und soziale Spannungen gesorgt. Musk: "Die AfD setzt sich für eine kontrollierte Einwanderungspolitik ein, die der Integration und dem Erhalt der deutschen Kultur und der Sicherheit Vorrang einräumt."

"Energie und Unabhängigkeit"

Die derzeitige deutsche Energiepolitik sei kostenintensiv und "geopolitisch naiv". Musk hingegen würde auf Kernenergie und Batteriespeicher setzen.

"Politischer Realismus"

Die Politik der "traditionellen Parteien" habe "zu wirtschaftlicher Stagnation, sozialen Unruhen und einer Aushöhlung der nationalen Identität geführt". Viele Menschen hätten das Gefühl, "dass ihre Anliegen vom Establishment ignoriert werden".

Die Darstellung der AfD als rechtsextrem ist eindeutig falsch, wenn man bedenkt, dass Alice Weidel, die Vorsitzende der Partei, eine gleichgeschlechtliche Partnerin aus Sri Lanka hat! Klingt das für Sie nach Hitler? Ich bitte Sie!

Elon Musk, Welt am Sonntag

"Innovation und Zukunft"

Laut Musk setze sich die AfD für Bildungsreformen ein, "die kritisches Denken anstelle von Indoktrination fördern". In den Technologiebranchen sieht er "die Zukunft der globalen wirtschaftlichen Führerschaft".

Gegenrede in der WamS

Musks Gastbeitrag ist eine Gegenrede von Jan Philipp Burgard beigestellt. Er wird zum Jahreswechsel Chefredakteur der Welt, zuvor war Burghard unter anderem USA-Korrespondent für die ARD.

Der Diagnose deutscher Probleme stimmt Jan Philipp Burgard zu, doch Musks Therapievorschlag, "nur die AfD könne Deutschland retten", sei "fatal falsch".

Thema Wirtschaftspolitik

Forderungen wie Bürokratieabbau, Deregulierung und Steuersenkungen sind nicht falsch, nur weil sie von der AfD kommen.

Jan Philipp Burgard, Welt

Doch Elon Musk übersehe "den geopolitischen Rahmen", zu dem die Mitgliedschaft in der EU gehöre. Die AfD hingegen halte einen Austritt "laut Wahlprogramm 'für notwendig'", was eine Katastrophe wäre.

Wir sind deshalb dagegen, die Europäische Union in einen zentralistischen Bundesstaat umzuwandeln. Sollten sich unsere grundlegenden Reformansätze im bestehenden System der EU nicht verwirklichen lassen, streben wir einen Austritt Deutschlands, bzw. eine demokratische Auflösung der Europäischen Union und die Neugründung einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft an.

AfD Grundsatzprogramm

Auch "das Verhältnis zu unserem wichtigsten transatlantischen Partner in der Handels- und Sicherheitspolitik" – gemeint sind die USA – stelle die AfD infrage.

Statt auf die seit Konrad Adenauer für Deutschlands Wohlstand und Sicherheit segensreiche Westbindung zu setzen, sucht die AfD die Annäherung an Russland. Eine Verurteilung des Angriffskrieges gegen die Ukraine sucht man im Wahlprogramm vergeblich (...).

Jan Philipp Burgard, Welt

Ebenso finde die AfD für China "freundlichere Worte als für die USA".

Thema Zuwanderung

Tatsächlich habe Deutschland "mit außer Kontrolle geratener Zuwanderung zu kämpfen". Doch die AfD irrlichtere "mit unrealistischen Remigrationsplänen für Millionen Menschen". Dagegen vollziehe die CDU unter Friedrich Merz "eine Abkehr von Merkels unkontrollierter Gutmenschenpolitik".

Thema Einordnung der AfD

Es sei ein kapitaler Fehler Musks, die AfD nicht als rechtsextrem einzuordnen. Sie sei eben nicht nur Alice Weidel, sondern auch Björn Höcke, welcher "per Gerichtsurteil als rechtsextrem bezeichnet werden" dürfe.

Die AfD sei "eine Gefahr für unsere Werte und unsere Wirtschaft". Burgard beschließt seinen Kommentar mit dem Satz: "Auch ein Genie kann sich irren."

Hitzige Debatte

Über Musks Gastbeitrag in der WamS ist eine hitzige Debatte in redaktionellen und sozialen Medien entbrannt. Ausgangspunkt war vor allem ein bereits am 20. Dezember 2024 von Musk abgesetzter Tweet: "Only the AfD can save Germany".

In der Weihnachtsausgabe der Zeit hieß es dazu:

Nach der Übernahme der Vereinigten Staaten scheint Elon Musk die Bundesrepublik Deutschland ins Auge gefasst zu haben, um sein Geld, sein Charisma und seine mediale Reichweite zu investieren.

Die spektakulären Tweets nach dem Anschlag von Magdeburg, in denen er Olaf Scholz als "unfähigen Idioten" beschimpft, der Bundesregierung ein "selbstmörderisches Mitgefühl" attestiert und die AfD zur einzigen Hoffnung Deutschlands erklärt, könnten im Rückblick einmal den Beginn der feindlichen Übernahme markieren.

Navid Kermani, Zeit, Tweet-Verlinkungen nicht im Original

Am 29. Dezember führt die "Ressortleiterin Community & Social" der Welt, Franziska Zimmerer, unter der Überschrift "Warum ich diesen Beitrag nicht gedruckt hätte" aus, ein Gastbeitrag müsse zwar "nicht die in einer Redaktion vertretenen Meinungen widerspiegeln".

Wer aber Musks Zeilen liest, erkennt nach drei Sätzen: Es handelt sich um einen unterkomplexen Wahlaufruf für die AfD, der ohne jedes Argument auskommt und dessen Autor es nicht einmal für nötig befunden hat, sich drei Minuten mit dieser Partei auseinanderzusetzen.

Franziska Zimmerer, Welt

Wahlaufrufe hätten, egal für welche Partei, "in unabhängigen Medien nichts zu suchen". Was die Autorin offenbar nur auf Deutschland bezieht, denn in US-Medien fehlende Wahlaufrufe waren der Welt mehrere eigene Beiträge wert.

Zimmerer diagnostiziert ein grundsätzliches Problem im Journalismus. Viele Journalisten genössen "den Dunstkreis der Macht": "Es ist im Hauptstadtjournalismus so, es war während der Corona-Pandemie so."

Am 28. Dezember schrieb Eva Marie Kogel auf "Musks-Plattform" X:

Ich habe immer gerne das Meinungsressort von WELT und WAMS geleitet. Heute ist in der Welt am Sonntag ein Text von Elon Musk erschienen. Ich habe gestern nach Andruck meine Kündigung eingereicht.

Eva Marie Kogel

Vor Veröffentlichung habe sich der Redaktionsausschuss der Welt gegen den Musk-Beitrag gewandt, wie der Spiegel mit Verweis auf den Branchendienst Medieninsider meldet.

Für den Gastbeitrag gesorgt haben soll Springer-Chef Mathias Döpfner persönlich.

Einmischung in den Wahlkampf

Die öffentliche Kritik zielt vor allem auf zwei Punkte. Zum einen wird Musks Beitrag als politische Einmischung in innere Angelegenheiten verurteilt, zum anderen wird die Zeitung WamS für die Publikation grundsätzlich gerügt.

Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte laut ZDF:

In der Tat ist es so, dass Elon Musk versucht, durch seine Einlassung Einfluss auf die Bundestagswahl zu nehmen.

Friedrich Merz (CDU) bezeichnete den Kommentar als "übergriffig und anmaßend.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Mika Beuster, hält die Veröffentlichung in vielen Punkten für einen Skandal, unter anderem, weil ein "ausländisches Regierungsmitglied" in den innenpolitischen Wahlkampf eingreife. Aufgabe von Journalisten sei es nicht, einem populistischen Milliardär ein Megaphon in die Hand zu drücken, "das hat mit Journalismus nichts zu tun".

Dabei lassen sich jede Menge Einmischungen deutscher Medien und Politiker in die US-Politik finden. Beispielsweise erklärte Lars Klingbeil (SPD): "Wir wollen Kamala Harris im Weißen Haus."

Nach einem Besuch des Microsoft-Gründers bei der SPD betitelte der Spiegel seinen Beitrag mit "Genosse Gates".

Ralf Stegner (SPD) machte 2016 nach eigenem Bekunden in den USA sogar Haustürwahlkampf für Hillary Clinton. Friedrich Merz, von Kanzler Scholz schon mal "Fritze" genannt, schrieb zur rumänischen Präsidentschaftswahl auf Deutsch, aber an Rumänen gerichtet: "Stimmen Sie für die pro-europäische Kandidatin @ElenaLasconi."

US-Milliardär George Soros (Open Society Foundations) warb, wenn auch nicht in einem deutschen Medium, für die Wahl der Grünen, die sich in Deutschland zur einzigen konsequent pro-europäischen Partei entwickelt hätten.

Auch die Welt berichtete darüber.

Wie üblich in solch hitzigen Debatten werden selbst Kleinigkeiten kritisiert und karikiert. So kommentierte ein Table-Media-Journalist unter Anspielung auf Musks Schreibweise der Welt als "weld":

Weld. Wow. Nicht mal Willens, den Namen jenes Blattes richtig zu schreiben, dessen Verantwortliche freudig vor ihm im Staub zu kriechen scheinen.

Thorsten Denkler, auf X

Während das deutsche Handelsblatt von "verfassungsfeindlicher Agitation" spricht, fasst ein ausländisches Medium die deutsche Aufregung recht unaufgeregt zusammen.

Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) verweist unter anderem darauf, dass ausgerechnet Bundeskanzler Olaf Scholz, von Musk schon unfreundlich angegangen (siehe oben), die Meinungsfreiheit hochhalte, die eben auch bedeute, "dass man Dinge sagen kann, die nicht richtig sind und keine guten politischen Ratschläge enthalten".