NSU-Ermittlungen: Zweifel an der Drei-Täter-Theorie "weggesteuert"?

Seite 2: Offener Wettstreit der Fakten, Bewertungen und Hypothesen

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Ein offener Wettstreit der Fakten, Bewertungen und Hypothesen, der sich mittlerweile durch die ganze Republik zieht und nicht entschieden ist. Dabei kommen vermehrt die zentralen Institutionen in den Blick, die die NSU-Ermittlungen zu verantworten haben. Neben dem BKA ist das vor allem die Bundesanwaltschaft (BAW), die das BKA beauftragt - sowie das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), dessen Rolle zum Großteil unverändert im Dunkeln liegt. Einerseits wird das BfV von der BAW gegenüber dem BKA abgeschirmt, andererseits aber auch gegenüber der BAW durch die Bundesregierung.

"Einzigartige Besonderheiten in der deutschen Kriminalgeschichte"

"NSU", so Soukup, stehe für "einzigartige Besonderheiten in der deutschen Kriminalgeschichte". Mit dem Tod der zwei Männer am 4. November 2011seien schlagartig bis dahin unaufgeklärte Verbrechen wieder in den Blick gerückt. Vor dem 4.11.11, daran sei erinnert, hat diese einzigartige Kriminalgeschichte allerdings weniger interessiert. Neun Migranten - Türken, Kurden, ein Grieche - waren mit derselben Waffe ermordet worden, offensichtlich also von dem gleichen Täter oder der gleichen Gruppe, doch die Bundesanwaltschaft erklärte sich für nicht zuständig und auch das BKA ermittelte nicht zentral.

400 Leute arbeiteten anfänglich für die BAO Trio, um die massenhaften Details, Spuren und Asservate abzuklären. Alles gesteuert in enger Abstimmung mit dem Generalbundesanwalt (GBA) in Karlsruhe. Diese breitangelegte Arbeitsweise ging auf Kosten des Erkennens von Zusammenhängen. Ihm wäre es lieber gewesen, so Soukup, mit 50 Leuten drei Jahre arbeiten zu können - nämlich "gründlich". Stattdessen hatten sie nur ein halbes Jahr Zeit, denn im Mai 2012 drängte die oberste Anklagebehörde als Herrin des Verfahrens auf die Fertigstellung der Anklageschrift. Vorausgegangen war die Stellungnahme des Bundesgerichtshofes (BGH), der in Bezug auf die Untersuchungshäftlinge an das Beschleunigungsgebot erinnert habe, so Soukup. Er sei erstaunt gewesen, dass es "so früh so einen Beschluss" gab. Im Fall der RAF seien die Ermittlungen auch länger gelaufen.

In welchem Zusammenhang die Stellungnahme des BGH und der Beschluss der BAW genau standen, ist nicht ganz klar. Juristen vertreten die Auffassung, dass durchaus längere U-Haft-Fristen möglich sind.

Auch Soukup selber beendete für sich die NSU-Ermittlungen und verließ die BAO Trio nach neun Monaten Ende August 2012 noch vor der Anklageerhebung.

Regionaler Ermittlungsabschnitt

Im selben Monat, im Mai 2012, wurde auch der sogenannte Regionale Ermittlungsabschnitt (RegEA) der BAO Trio in Baden-Württemberg offiziell geschlossen - als erster von allen RegEAs und mitten in der Arbeit. Der Ausschussvorsitzende Clemens Binninger (CDU) will wissen, warum die BaWü-Abteilung der BAO Trio geschlossen wurde. Und der inoffizielle Soukup antwortet: "Ich hätte ihn weiterlaufen lassen."

Doch für den offiziellen Soukup war das nicht erforderlich, weil der Polizisten-Mord erledigt und ausermittelt gewesen sei. Binninger, Fachmann in Sachen Heilbronn-Mord, hält die zwei unbekannten DNA-Muster dagegen, die an dem schwerverletzten Polizeibeamten gefunden wurden. Soukup antwortet, dieses Detail sei ihm nicht bekannt. Binninger erwähnt, das Landeskriminalamt BaWü, eben der sogenannte RegEA, sei mitten dabei gewesen, DNA-Abgleiche vorzunehmen, als es seine Tätigkeit beenden musste. Soukup antwortet, von ihm oder dem BKA habe es keine Anweisungen gegeben, Ermittlungen zu stoppen. Möglicherweise hänge das mit der Bundesanwaltschaft zusammen.

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